Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachen grundsätzlicher Bedeutung unter Hinweis auf anhängige Revisionsverfahren
Leitsatz (NV)
- Wird im Rahmen einer NZB die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache damit begründet, dass beim BFH ein näher bezeichnetes Revisionsverfahren anhängig ist, gehört zu einem schlüssigen Vortrag darzulegen, dass der diesem Revisionsverfahren zugrunde liegende Sachverhalt die gleiche Rechtsfrage aufwirft wie der Streitfall.
- Für die Frage, ob ein Zulassungsgrund vorliegt oder nicht, ist der Zeitpunkt der Entscheidung über die NZB maßgeblich.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarben durch notariell beurkundeten Vertrag vom 24. Mai 1992 als Miteigentümer je zur Hälfte von einem Fertighausunternehmen ein Grundstück zum Preis von 135 000 DM. Am selben Tag schlossen sie mit dem Unternehmen einen weiteren Vertrag, und zwar über die Errichtung eines Fertighauses auf dem Grundstück ab Oberkante Kellerdecke zum Festpreis von 266 620 DM. Den Bau des Kellers mit Kellertreppe und Elektroinstallation gaben die Kläger anderweitig in Auftrag.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) nahm an, die Kläger hätten ein mit einem Fertighaus bebautes Grundstück erworben, und setzte die Grunderwerbsteuer durch getrennte Bescheide vom 18. August 1992 auf jeweils 4 016 DM (berechnet nach der Hälfte des Grundstückskaufpreises sowie des mit dem Fertighausunternehmen vereinbarten Festpreises) fest. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) folgte dem FA darin, dass zwischen den beiden Verträgen mit dem Fertighausunternehmen ein enger sachlicher Zusammenhang bestehe. Den Klägern sei aufgrund einer konkreten und bis zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem Festpreis angeboten worden. Das Angebot hätten sie als einheitliches angenommen.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision machen die Kläger geltend, der Rechtssache komme im Hinblick darauf grundsätzliche Bedeutung zu, dass in einem vergleichbaren Fall gegen das Urteil des FG Berlin vom 10. Oktober 1996 I 261/88 (Ent- scheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1997, 554) Revision unter dem Az. II R 3/97 eingelegt worden sei und dass der Bundesfinanzhof (BFH) aufgrund der gegen das Urteil des Niedersächsischen FG vom 15. September 1998 VII (III) 371/92 (EFG 1999, 443) eingelegten Revision erneut zu klären habe, ob die Rechtsprechung zum einheitlichen Leistungsgegenstand trotz der damit verbundenen Doppelbelastung mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer rechtmäßig sei. Außerdem rügen die Kläger fehlerhafte Anwendung der BFH-Entscheidungen vom 18. Oktober 1989 II R 85/87 (BFHE 158, 483, BStBl II 1990, 181) sowie vom 16. Juli 1997 II R 39/95 (BFH/NV 1998, 213). Diese Urteile hätten andere Sachverhalte betroffen. Auf der anderen Seite habe das FG die einschlägige BFH-Entscheidung vom 26. Januar 1994 II R 71/93 (BFH/NV 1995, 335) nicht berücksichtigt.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Soweit zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache auf das Revisionsverfahren II R 3/97 Bezug genommen wird, fehlt es bereits an einer schlüssigen Darlegung, dass der diesem Revisionsverfahren zugrunde liegende Sachverhalt die gleichen Rechtsfragen aufwirft wie der Streitfall. Dies ist im Übrigen nicht der Fall. Die vom FG Berlin zugelassene Revision II R 3/97 betrifft die Frage, ob zwischen den beiden unterschiedlichen Vertragspartnern des Grundstückserwerbers ein abgestimmtes Verhalten ―herbeigeführt über den Makler― vorgelegen hat. Eine vergleichbare Rechtsfrage kann sich im Streitfall schon deshalb nicht stellen, weil die Kläger die Verträge über das Grundstück und das Fertighaus mit ein und demselben Vertragspartner abgeschlossen haben.
Soweit zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ferner auf die Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen FG vom 15. September 1998 VII (III) 371/92 verwiesen wird, ist die Beschwerde unbegründet, weil der erkennende Senat die Revision inzwischen als unbegründet zurückgewiesen hat (Urteil vom 27. Oktober 1999 II R 17/99). Dieser Ausgang des Revisionsverfahrens II R 17/99 ist auch für das Verfahren über eine schon früher eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde von Bedeutung, weil für die Frage, ob ein Zulassungsgrund vorliegt oder nicht, der Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde maßgeblich ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Anm. 68).
Soweit die Kläger rügen, das FG habe näher bezeichnete BFH-
Entscheidungen nicht zutreffend angewandt, machen sie keinen der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abschließend aufgezählten Zulassungsgründe geltend. Eine fehlerhafte Rechtsanwendung stellt keinen Zulassungsgrund dar. Die Bezugnahme auf einzelne BFH-Entscheidungen enthält auch keine schlüssige Divergenzrüge i.S. des § 115 Abs. 2 Satz 2 FGO. Eine schlüssige Divergenzrüge hätte erfordert, tragende abstrakte Rechtssätze aus der Entscheidung des FG sowie den BFH-Entscheidungen derart gegenüberzustellen, dass daraus eine Abweichung erkennbar wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16. September 1994 V B 14/94, BFH/NV 1995, 525, sowie vom 24. März 1995 VIII B 62/94, BFH/NV 1995, 1069). Dies ist nicht geschehen.
Fundstellen
Haufe-Index 424941 |
BFH/NV 2000, 740 |