Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Kümpel
I. Allgemeines
Tz. 1
Stand: EL 137 – ET: 06/2024
Zu den Pflichten, die eine steuerbegünstigte (gemeinnützige) Körperschaft erfüllen muss, gehört der Nachweis, dass ihre tatsächliche Geschäftsführung den Erfordernissen des Gemeinnützigkeitsrechts entspricht. Dieser Nachweis ist durch eine ordnungsmäßige Aufzeichnung der erzielten Einnahmen und Ausgaben zu führen (§ 63 Abs. 3 AO; Anhang 1b). Darüber hinaus gibt es für die steuerbegünstigen Körperschaften keine besonderen Gewinnermittlungsvorschriften, die zu beachten sind. Für die Gewinnermittlung einer steuerbegünstigten Einrichtung gelten die gleichen Regelungen wie für alle anderen Steuerpflichtigen. Im Regelfall ermitteln die steuerbegünstigten Körperschaften die von ihnen erzielten Einkünfte (egal ob steuerpflichtig oder steuerbefreit) durch die Gegenüberstellung der Einnahmen/Betriebseinnahmen mit den Ausgaben/Betriebsausgaben (sog. Einnahmenüberschussrechnung – EÜR) nach § 4 Abs. 3 EStG (Anhang 10). Es handelt sich hierbei um eine vereinfachte Form der Gewinnermittlung für alle Einrichtungen, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind.
Tz. 2
Stand: EL 137 – ET: 06/2024
Eine Verpflichtung, eine (doppelte) Buchführung (Bilanzierung) zu führen, besteht jedoch dann, wenn es
- die Satzung vorsieht (häufig bei Stiftungen),
- die Rechtsform erfordert, wie beispielsweise bei gemeinnützigen Kapitalgesellschaften (gGmbHs), vgl. § 238 HGB,
- andere Rechtsvorschriften dies so vorsehen, wie beispielsweise die Krankenhaus-Buchführungsverordnung;
oder wenn
- die saldierten Gewinne aller steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, 80 000 EUR (vor dem 01.01.2024: 60 000 EUR) übersteigen (AEAO zu § 141 AO TZ 3, Anhang 1) oder
- der gewerbliche Umsatz in diesem Tätigkeitsbereich für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, 800 000 EUR (vor dem 01.01.2024: 600 000 EUR) beträgt.
Nach § 141 Abs. 1 AO (Anhang 1b) ergibt sich bei einem Überschreiten einer dieser Grenzen die Verpflichtung, die Gewinne durch Bestandsvergleich (ggf. Erstellung einer Bilanz mit GuV-Rechnung) zu ermitteln. Diese Verpflichtung brauchen die steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaften aber erst dann erfüllen, wenn sie durch die Finanzbehörde durch eine entsprechende Mitteilung darauf hingewiesen wurden (§ 141 Abs. 2 AO, Anhang 1b und AEAO zu § 141 TZ 4, Anhang 1).
Tz. 3
Stand: EL 137 – ET: 06/2024
Die EÜ-Rechnung ist eine reine Geldrechnung/Istrechnung, bei der das Zu- und Abflussprinzip nach § 11 EStG (Anhang 10) zu beachten ist. (Betriebs-)Einnahmen sind bei der EÜ-Rechnung innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie der steuerbegünstigten Körperschaft zugeflossen sind (Zuflussprinzip, § 11 Abs. 1 EStG, Anhang 10).
Ausgaben sind in dem Kalenderjahr zu berücksichtigen, in dem sie geleistet wurden (Abflussprinzip, § 11 Abs. 2 EStG, Anhang 10).
Tz. 4
Stand: EL 137 – ET: 06/2024
Bei regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben gibt es jedoch Ausnahmen von diesem Grundsatz. So gelten nach § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG (Anhang 10) regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei einer steuerbegünstigten Körperschaft kurze Zeit vor Beginn oder nach Beendigung des Kalenderjahrs angefallen sind, als in diesem Kalenderjahr abgeflossen (BFH vom 01.08.2007, BStBl II 2008, 282). Eine kurze Zeit ist ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem die Ausgabe wirtschaftlich gehört.
Beispiel:
Der steuerbegünstigte A e. V. hat ein in seinem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb genutztes Wirtschaftsgut durch Kredit finanziert. Die am 31.12.01 fälligen Schuldzinsen werden erst am 03.01.02 von dem betrieblichen Bankkonto gezahlt.
Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG (Anhang 10) sind die in 02 gezahlten Schuldzinsen für 01 noch in der Gewinnermittlung für 01 zu berücksichtigen, da sie innerhalb kurzer Zeit nach Ablauf des Kalenderjahrs geleistet wurden.
Ebenfalls stellen die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen eine regelmäßig wiederkehrende Ausgabe dar. Eine innerhalb von 10 Tagen nach Beginn des Kalenderjahrs geschuldete und entrichtete Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das Vorjahr ist daher ebenfalls als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe im vorangegangenen Veranlagungszeitraum abziehbar. Entsprechendes gilt für eventuelle Umsatzsteuer-Erstattungen.
Beispiel:
Der steuerbegünstigte A e. V. gibt am 04.01.03 seine Umsatzsteuer-Voranmeldung 12/02 ab, die zu einer Nachzahlung führt. Das Finanzamt zieht den Betrag bei Fälligkeit (Dienstag, den 10.01.03; § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG) von dem Bankkonto des Vereins ein.
Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG ist diese Zahlung wirtschaftlich dem Jahr 02 zuzuordnen.
Fällt jedoch der 10. Januar auf einen Samstag oder Sonntag (wie z. B. der 10.01.2021), verschiebt sich die Fälligkeit auf den nächsten Werktag und liegt dann außerhalb des 10-Tageszeitraum des § 11 Abs. 2 EStG. In diesem Fall wäre die Umsatzsteuer-Vorauszahlung erst im Jahr der Zahlung als Betriebsausgabe zu erfassen.
II. Gewinnbegriff/Gewinnermittlung
1. Allgemeines
Tz. 5
Stand: EL 137 – ET: 06/2024
Gewinn ...