Tz. 85a
Stand: EL 133 – ET: 08/2023
Der EuGH hatte sich auf Vorlage durch den Bundesfinanzhof mit der Frage zu befassen, ob das Aufteilungsgebot in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG (Anhang 5), wonach die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind, europarechtskonform ist. Hintergrund ist der folgende: Es ist unklar, ob im Falle entsprechender Verträge, die die Vermietung von Gebäuden und die Vermietung bzw. Verpachtung von Betriebsvorrichtungen beinhalten, eine Aufteilung dergestalt erfolgen muss, dass die Vermietung des Gebäudes als umsatzsteuerfrei und die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen als umsatzsteuerpflichtig behandelt wird. Es müsste entsprechend das Entgelt entsprechend aufgeteilt werden. Alternativ könnte die Vermietung/Verpachtung der Betriebsvorrichtung als eine unselbständige Nebenleistung zur Vermietung des Gebäudes beurteilt werden, die das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt. Nach dieser Ansicht würde somit eine Aufteilung unterbleiben und der gesamte Vertrag als umsatzsteuerfrei beurteilt werden. Die Aussage in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG (Anhang 5) würde sich dann allein auf die Fälle beschränken, in denen die Überlassung der Betriebsvorrichtung eine eigenständige Hauptleistung darstellt.
Tz. 85b
Stand: EL 133 – ET: 08/2023
Mit Urteil vom 04.05.2023 bejahte der EuGH die vorstehende Frage dahingehend, dass die Vermietung von Betriebsvorrichtungen das umsatzsteuerliche Schicksal der umsatzsteuerfreien Hauptleistung (Gebäudevermietung) teilt, wenn diese Vermietung der Betriebsvorrichtungen eine Nebenleistung zur Gebäudevermietung darstellt, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen Mietvertrags erbracht wird und diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden, s. EuGH vom 04.05.2023 (C-516/21), DStR 2023, 1076.
Beachte!
Für die Praxis ist das Urteil von erheblicher Bedeutung: Für den Fall, dass es sich bei den vermieteten Betriebsvorrichtungen um Nebenleistungen handelt, die eigenständig neben der Vermietung des Gebäudes für den Mieter keinen wirtschaftlichen Sinn ergeben, sondern vielmehr der Nutzbarmachung der Hauptleistung (Gebäudevermietung) dienen, ist eine Aufteilung des Mietvertrags in einen umsatzsteuerfreien (Gebäudevermietungs-)Teil und in einen umsatzsteuerpflichtigen (Betriebsvorrichtungs-)Teil nicht mehr erforderlich. Vielmehr wird der gesamte Betrag als umsatzsteuerfrei behandelt. Im Gegenzug steht dem Vermieter dann aber auch kein Vorsteuerabzug auf die Anschaffung und den Einbau der Betriebsvorrichtungen zur Verfügung. Es handelt sich um kein Wahlrecht, so dass bei einer Aufteilung nach der bisherigen Praxis der als umsatzsteuerpflichtig behandelte (Betriebsvorrichtungsvermietungs-)Teil eine unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c UStG (Anhang 5) begründet. Es kann aber insgesamt auf die Steuerbefreiung verzichtet werden, wenn die Voraussetzungen hierzu vorliegen, so dass dann auch für das Gebäude und die Betriebsvorrichtungen ein Vorsteuerabzug bestünde.