Dipl.-Finanzwirt Kirsten Happe
[Andere außergewöhnliche Belastungen → Zeilen 21–38]
Zu den anderen außergewöhnlichen Belastungen gehören alle Aufwendungen, die die in § 33 EStG verlangten Voraussetzungen erfüllen und im EStG nicht als typisierte Einzelfälle nach §§ 33a, 33b EStG genannt sind.
Anders als bei den Sonderausgaben sind die außergewöhnlichen Belastungen im Vordruck mit Krankheitskosten (Zeilen 21-23), Pflegekosten (Zeilen 24–26), behinderungsbedingten Aufwendungen (Zeilen 27–29), Bestattungskosten (Zeilen 30–32) nur beispielhaft aufgeführt. Daher ist die Eintragung weiterer abzugsfähiger Kosten im Vordruck vorgesehen (Eintragung in den Zeilen 33–35). Bereits erhaltener oder zu erwartender Kostenersatz (auch wenn erst in späteren Jahren gezahlt) von dritter Seite (z. B. durch eine Versicherung) mindert die abzugsfähigen Kosten und wird deshalb in den Zeilen entsprechend abgefragt.
Reicht die Vordruckzeile 33 nicht für alle Aufwendungen aus, stellen Sie die Kosten auf einem gesonderten Blatt zusammen.
Die Aufwendungen wirken sich steuerlich nur aus, soweit sie die sog. zumutbare Eigenbelastung übersteigen, deren Höhe von verschiedenen Umständen abhängt.
Kosten beinhalten unterschiedliche Leistungen
Soweit in den beantragten Kosten Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, Pflegeleistungen oder Handwerkerlohn (z. B. bei behindertengerechtem Wohnungsumbau) enthalten sind, können Sie für den wegen der zumutbaren Eigenbelastung nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Teil eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG beantragen, indem Sie die entsprechenden Aufwendungen nochmals gesondert in den Zeilen 36–38 angeben. Die angegebenen Beträge dürfen nicht zusätzlich in die Anlage Haushaltsnahe Aufwendungen eingetragen werden.
Abzugsvoraussetzungen
Ausgaben sind als (allgemeine) außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abzugsfähig, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
Aufwendungen
Alle tatsächlichen Zahlungen des Steuerpflichtigen oder seines Ehegatten (bei Zusammenveranlagung).
Aufwendungen sind zwangsläufig.
Die Kosten betreffen den Steuerpflichtigen, seinen Ehegatten oder Angehörige (§ 15 AO). Sie sind notwendig, angemessen und (aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen) unausweichlich.
Aufwendungen sind außergewöhnlich und eine Belastung.
Die Kosten liegen dem Grunde nach außerhalb des Üblichen. Eine Belastung liegt nur vor, soweit der Steuerpflichtige die Ausgaben (letztendlich) selbst tragen muss, also nur für den Eigenanteil an den Kosten. Deshalb sind erhaltene Erstattungen z. B. ein Kostenersatz durch eine Versicherung (Kranken-, Unfall-, Hausrat-, Wasserschaden-, Rechtsschutzversicherung) oder durch Beihilfen des Arbeitgebers (z. B. im öffentlichen Dienst) anzurechnen. Eine Anrechnung findet nicht statt, wenn die Kostenerstattung zu den steuerpflichtigen Einkünften (z. B. steuerpflichtiges Sterbegeld eines Beamten) gehört (BFH, Beschluss v. 15.6.2023, VI R 33/20).
Aufwendungen sind keine Werbungskosten, Betriebsausgaben, Sonderausgaben.
Bei Ausgaben, die begrifflich sowohl zu den WK, Betriebsausgaben oder Sonderausgaben als auch zu den außergewöhnlichen Belastungen gehören, geht der Abzug bei den anderen Ausgabearten den außergewöhnlichen Belastungen vor (§ 33 Abs. 2 EStG).
Aufwendungen übersteigen die zumutbare Belastung.
Die zumutbare Eigenbelastung § 33 Abs. 3 EStG richtet sich nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Familienstand und der Zahl der Kinder, die beim Steuerpflichtigen berücksichtigt werden können, also solche, für die Anspruch auf die steuerlichen Freibeträge oder Kindergeld besteht. Die Ermittlung der Eigenbelastung ergibt sich aus folgender Tabelle:
Zumutbare Eigenbelastung für einen … |
Gesamtbetrag der Einkünfte |
Steuerpflichtigen mit |
Zusammenveranlagung (Ehegatten-) oder Witwensplitting ohne Kind |
in allen anderen Fällen |
1–2 Kindern |
mehr als 2 Kindern |
bis 15.340 EUR |
2 % |
1 % |
4 % |
5 % |
von 15.341 bis 51.130 EUR |
3 % |
1 % |
5 % |
6 % |
über 51.130 EUR |
4 % |
2 % |
6 % |
7 % |
|
des Gesamtbetrags der Einkünfte |
Der Prozentsatz in o. a. Tabelle ist für den jeweiligen Teil des Gesamtbetrags getrennt (stufenweise) anzuwenden (BFH, Urteil v. 19.1.2017, VI R 75/14, BFH/NV 2017 S. 675).
Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung
Eheleute ohne Kinder haben einen gemeinsamen Gesamtbetrag der Einkünfte von 60.000 EUR.
Die zumutbare Eigenbelastung berechnet sich stufenweise wie folgt:
Gesamtbetrag 1 – 15.340 EUR: 4 % von 15.340 EUR = |
613 EUR |
Gesamtbetrag 15.340 – 51.130 EUR: 5 % von 35.790 EUR = |
1.789 EUR |
Gesamtbetrag 51.131 – 60.000 EUR: 6 % von 8.869 EUR = |
532 EUR |
Gesamte zumutbare Eigenbelastung (613 EUR + 1.789 EUR + 532 EUR): |
2.934 EUR |
Nur soweit die geltend gemachten Kosten höher sind als 2.934 EUR, wirken sie sich steuerlich aus.
Der BFH hat mehrfach entschieden, dass die Anrechnung der zumutbaren Belastung verfassungsgemäß ist. Die dagegen beim BVerfG eingelegten Verfassungsbeschwerden (2 BvR 180/16, 2 BvR 221/17, 2 BvR 1936/17, 2 BvR 1205/17) wurden vom BVerfG nicht zur Entsc...