Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Veräußerungsgewinne von Anteilen an Kapitalgesellschaften
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH-Anteile), wenn der Veräußerer irgendwann innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % qualifiziert beteiligt war (§ 17 EStG; früher "wesentliche Beteiligung"). § 17 EStG greift also auch dann, wenn der Beteiligungsumfang zum Zeitpunkt der Veräußerung nicht mehr als 1 % beträgt, aber im Fünfjahreszeitraum eine Beteiligung von mindestens 1 % vorgelegen hat. Steuerpflichtig ist auch der Verkauf eines Anteils von weniger als 1 %.
§ 17 EStG geht den §§ 20 und 22, 23 EStG vor. Wesentliche Bedeutung hat diese Reihenfolge für die Anrechnung von Verlusten. Verluste aus § 17 EStG unterliegen nicht der Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 20 Abs. 6 EStG.
Der Gewinn aus der Veräußerung einer nicht qualifizierten Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist auch dann nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erfassen, wenn der Gesellschafter die Beteiligung erst neu erworben hat, nachdem er zuvor innerhalb des Fünfjahreszeitraums eine qualifizierte Beteiligung insgesamt veräußert hat und somit vorübergehend überhaupt nicht an der Kapitalgesellschaft beteiligt war (BFH, Urteil v. 20.4.1999, VIII R 58/97, BFH/NV 1999 S. 1154).
Nach § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG entsteht eine Steuerpflicht nach § 17 EStG jedoch auch dann, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst innerhalb der Fünfjahresfrist zu mindestens 1 % beteiligt war, aber die Anteile unentgeltlich erworben und der Rechtsvorgänger die Voraussetzungen des § 17 EStG erfüllt hat.
Auch wenn die Wertsteigerung einer Beteiligung in früheren Jahren (d. h. vor 2009) entstanden ist, besteht kein verfassungsrechtlicher Anspruch darauf, dass die in der Vergangenheit gebildeten stillen Reserven auf die Haltedauer zu verteilen sind. Die Besteuerung erfolgt nach der im Veräußerungsjahr geltenden Gesetzeslage (FG München, Urteil v. 15.7.2020, 7 K 498/19, rkr., EFG 2021 S. 573).
Eine Schenkung ist keine Veräußerung i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG. Bei einer teilentgeltlichen Veräußerung ist die Übertragung nach dem Verhältnis der tatsächlichen Gegenleistung zum Verkehrswert der übertragenen Anteile in eine entgeltliche Anteilsübertragung (Veräußerung i. S. v. § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG) und eine unentgeltliche Anteilsübertragung (i. S. v. § 17 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 5 EStG) aufzuteilen (BFH, Urteil v. 12.12.2023, IX R 15/23). Nach der Entscheidung ist die strenge Trennungstheorie anzuwenden.
Eine Veräußerung kann auch vorliegen, wenn der Kaufpreis zwischen fremden Dritten wegen Wertlosigkeit des Anteils 0 EUR beträgt. Das gilt bei nahestehenden Personen aber nur dann, wenn der übertragene Anteil sowohl objektiv als auch in den Augen der Vertragsparteien wertlos ist (BFH, Urteil v. 3.8.2016, IX R 23/15, BFH/NV 2017 S. 289).
Auch eine die gezielte Herbeiführung eines Verlusts durch die Veräußerung eines GmbH-Geschäftsanteils, dessen Anschaffungskosten aufgrund eines Aufgeldes seinen Verkehrswert übersteigen, an Angehörige hat der BFH als nicht rechtsmissbräuchlich angesehen, wenn der Veräußerungspreis fremdüblich ermittelt wird (BFH, Urteil v. 3.5.2023, IX R 12/22, BStBl 2023 II S. 964).
Zu den Veräußerungskosten, die den Gewinn mindern, gehören auch Steuerberatungskosten, die im Zusammenhang mit der Ermittlung eines nach § 17 EStG steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns angefallen sind (Hessisches FG, Urteil v. 22.2.2024, 10 K 1208/23, Rev. beim BFH Az. IX R 12/24).
Der Veräußerungsgewinn unterliegt dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 EStG) und wird nur mit 60 % dem Einkommen zugerechnet. Das gilt auch, wenn durch die Beteiligung keinerlei Einnahmen erzielt wurden (BFH, Urteil v. 29.5.2018, IX R 40/17, BFH/NV 2018 S. 944).
Für den steuerpflichtigen Teil des Veräußerungsgewinns sieht § 17 Abs. 3 EStG einen Veräußerungsfreibetrag vor. Dieser beträgt 9.060 EUR bei einer 100 %igen Beteiligung. Bei einem geringeren Anteil wird der Freibetrag anteilig gewährt (z. B. bei einer 30 %igen Beteiligung 2.718 EUR). Der Freibetrag wird um den Betrag gekürzt, um den der Veräußerungsgewinn den Teil von 36.100 EUR übersteigt, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht.
Veräußerungsverluste bei Anteilen an Kapitalgesellschaften
Verluste aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die unter § 17 EStG fallen, sind ebenso steuerwirksam. Zu beachten ist in jedem Fall, dass durch das Teileinkünfteverfahren Verluste aus der Aufgabe oder Veräußerung von Anteilen nur zu 60 % steuerlich geltend gemacht werden können (§ 3c Abs. 2 EStG) (so auch BFH, Urteil v. 14.11.2023, IX R 3/23).
Eine Veräußerung ist nicht von der Höhe der Gegenleistung und der anfallenden Veräußerungskosten abhängig. Damit ist auch die Überlassung wertloser Anteile zwischen fremden Dritten ohne Gegenleistung steuerlich wirksam (BFH, Urteil v. 12.6.2018, VI...