Leitsatz (amtlich)
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Annahme eines Altbetriebs im Sinne der Übergangsregelung zur erstmaligen Anwendung des § 15a EStG voraussetzt, daß die Mitunternehmerschaft, die Träger des Projekts sein soll, bereits vor dem Stichtag bestanden hat.
Orientierungssatz
Rechtliche Bedenken gegen die Verbindung des Gewinnfeststellungsbescheids (§ 180 Abs. 1 Nr. 2a AO 1977) und der Bescheide über die Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15a Abs. 4 EStG bestanden auch schon in der Zeit vor der entsprechenden gesetzlichen Klarstellung durch Art. 7 Nr. 7 StBereinG 1986 nicht (Anschluß an BFH-Beschluß vom 19.5.1987 VIII B 104/85).
Normenkette
FGO § 69; EStG 1981 § 15a Abs. 4; EStG § 52 Abs. 20 Buchst. a; GewStG § 2 Abs. 2; HGB §§ 335, 230; StBereinG 1986 Art. 7 Nr. 7; AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2a
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) und 22 weitere Personen beteiligten sich im Jahre 1980 als atypische stille Gesellschafter an der im Jahre 1977 gegründeten X-GmbH mit Vermögenseinlagen von insgesamt .... DM. Nach einer im Jahre 1985 durchgeführten Betriebsprüfung gelangte der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, von dem auf den Antragsteller entfallenden Anteil am Verlust der atypischen stillen Gesellschaft sei ein Teilbetrag in Höhe von 28 245 DM ein verrechenbarer Verlust i.S. des § 15a Abs.1 und 2 des Einkommensteuergesetzes 1981 (EStG), der nicht mit positiven anderen Einkünften des Antragstellers ausgeglichen werden könne. Der nach § 164 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977) vorläufige Feststellungsbescheid 1982 für die atypische stille Gesellschaft wurde bei gleichzeitigem Wegfall des Nachprüfungsvorbehalts entsprechend geändert. Der geänderte Bescheid enthält im Anschriftenfeld die Bezeichnung "29 Beteiligte lt. Anlage" und darunter den Vermerk:
"für Fa. X-GmbH atypisch stille Gesellschaft bestehend aus der X-GmbH und den in der Anlage genannten atypischen stillen Gesellschaftern". In der als Anlage beigefügten Liste der stillen Gesellschafter war auch der Antragsteller aufgeführt. In der Anlage waren u.a. der auf den Antragsteller entfallende Anteil am Verlust 1982, der nach § 15a EStG nicht ausgleichsfähige Verlust (28 245 DM) und der danach für 1982 anzusetzende ausgleichsfähige Verlust (7 410 DM) aufgeführt. Der Bescheid mit dieser Anlage wurde, wie allen anderen stillen Gesellschaftern, so auch dem Antragsteller bekanntgegeben, und zwar durch Zustellung mit Postzustellungsurkunde durch Niederlegung beim Postamt und Benachrichtigung über die Niederlegung.
Der Einspruch des Antragstellers gegen den Bescheid wurde als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen richtete sich die Klage des Antragstellers, über die das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden hat. Mit der Klage wird geltend gemacht, bei der atypischen stillen Gesellschaft handele es sich um einen sog. Altbetrieb, auf den § 15a EStG im Streitjahr noch nicht anzuwenden sei. Gleichzeitig hat der Antragsteller beim FG Aussetzung der Vollziehung des Feststellungsbescheids beantragt, soweit darin ein nicht ausgleichsfähiger Verlust festgestellt werde.
Das FG hat dem Antrag stattgegeben.
Dagegen richtet sich die vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Beschwerde des FA. Das FA ist der Auffassung, bei der X-GmbH atypische stille Gesellschaft handele es sich nicht um einen Altbetrieb. Zwar sei die X-GmbH vor dem Stichtag entstanden und mit den vom Antragsteller vorgetragenen Aktivitäten werbend tätig geworden. Dagegen seien alle stillen Gesellschafter, auch der Antragsteller, erst nach dem Stichtag der Gesellschaft beigetreten. Die atypische stille Gesellschaft sei somit als Mitunternehmerschaft i.S. des Steuerrechts erst nach dem Stichtag entstanden und somit nach dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 8.Mai 1981 (BStBl I 1981, 308) kein Altbetrieb. Der Begriff Altbetrieb könne nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nur dahingehend verstanden werden, daß ein Altbetrieb nicht vorliege, wenn sich vor dem Stichtag nur die Gründungsgesellschafter als Initiatoren des Projekts zusammengeschlossen haben und die eigentlichen Gesellschafter erst nach dem Stichtag der Gesellschaft beitreten. Es bestehe auch keine Veranlassung, die atypische stille Gesellschaft aufgrund ihrer handelsrechtlichen Struktur unterschiedlich im Verhältnis zu anderen steuerlichen Mitunternehmerschaften zu behandeln. Das FA ist ferner der Auffassung, daß, sollte es sich bei der atypischen stillen Gesellschaft dennoch um einen Altbetrieb handeln, eine Betriebserweiterung vorliege, die ebenfalls zur Anwendung des § 15a EStG auf die Verluste führen würde. Eine Betriebsstätte werde erweitert, wenn die Kapazität einer bestehenden Betriebsstätte, z.B. durch den Einsatz zusätzlicher Maschinen, erhöht werde. Im vorliegenden Falle seien bis 1979 von der GmbH nur vorbereitende Tätigkeiten ausgeübt worden. Wesentliche dem Betriebszweck dienende Investitionen habe das Unternehmen hingegen erst nach Hinzutritt der atypischen stillen Gesellschafter getätigt. Eine dem Betriebszweck dienende praktische Tätigkeit habe erst nach diesem Zeitpunkt aufgenommen werden können.
Das FA beantragt sinngemäß, den Beschluß des FG aufzuheben und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsteller ist der Auffassung, bei dem zwischen den Parteien unstreitigen Sachverhalt liege im Sinne der Regelung in § 52 Abs.20 a EStG 1981 (jetzt § 52 Abs.19 EStG) ein Altbetrieb vor. Die Auffassung des FA, die Mitunternehmerschaft müsse bereits vor dem Stichtag entstanden sein, werde vom Gesetz nicht gedeckt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Das FG durfte verfahrensmäßig vorläufigen Rechtsschutz in der Weise gewähren, daß es die Vollziehung des Feststellungsbescheids, wie geschehen, insoweit aussetzte, als ein nach § 15a Abs.1 EStG nicht ausgleichsfähiger Verlust festgesetzt worden war. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist bei Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften vorläufiger Rechtsschutz im Verfahren nach § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gewähren (vgl. Beschluß vom 14.April 1987 GrS 2/85, BFHE 149, 493, BStBl II 1987, 637). Um einen Fall der gesonderten Feststellung einer Besteuerungsgrundlage handelt es sich auch bei der Feststellung eines Verlusts, der nach § 15a Abs.1 EStG nicht mit positiven anderen Einkünften des Steuerpflichtigen ausgeglichen werden kann, sondern gemäß § 15a Abs.2 EStG die Gewinne mindert, die dem Kommanditisten in späteren Jahren aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sind (verrechenbarer Verlust). § 15a Abs.1 Satz 1 und Abs.2 EStG gilt gemäß § 15a Abs.5 Nr.1 EStG auch für stille Gesellschafter einer stillen Gesellschaft i.S. des § 335 des Handelsgesetzbuches --HGB-- (§ 230 HGB n.F.), bei der der stille Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist, also auch für atypische stille Gesellschafter wie den Kläger. Die gesonderte Feststellung nach § 15a Abs.4 EStG hat zur Folge, daß der Gesellschafter den auf ihn entfallenden Verlustanteil in Höhe des festgestellten Betrags nicht mit positiven anderen Einkünften ausgleichen kann. Der betroffene Gesellschafter kann gegen diesen Bescheid Einspruch einlegen (§ 348 Abs.1 Nr.2 i.V.m. § 352 Abs.1 Nr.2 AO 1977) und den Einspruchsbescheid mit der Anfechtungsklage mit dem Ziel der Aufhebung des Feststellungsbescheids oder der Feststellung eines niedrigeren verrechenbaren Verlusts angreifen (§ 40 Abs.1 FGO, § 48 Abs.1 Nr.2 FGO). Vorläufiger Rechtsschutz ist in diesen Verfahren ebenso zu gewähren wie auch in anderen Fällen der Anfechtung eines Feststellungsbescheids. Denn es kann für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Unterschied machen, ob die Feststellung eines niedrigeren Gewinns oder höheren Verlusts oder aber, wie im Streitfall, die Feststellung eines höheren ausgleichsfähigen Verlusts bzw. die Nichtfeststellung eines verrechenbaren Verlusts begehrt wird.
2. Nach § 69 Abs.3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs.3 Satz 1 i.V.m. Abs.2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind zu bejahen, wenn bei der summarischen Prüfung dieses Bescheids anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (BFH-Beschluß vom 10.Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, und seitdem ständige Rechtsprechung). In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat das FG zutreffend Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids gewährt.
3. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids ergeben sich allerdings nicht schon daraus, daß das FA den Erlaß der Bescheide nach § 15a Abs.4 EStG mit dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der atypischen stillen Gesellschaft verbunden hat. Der VIII.Senat des BFH hat im Beschluß vom 19.Mai 1987 VIII B 104/85 (BFHE 150, 514, BStBl II 1988, 5) entschieden, daß rechtliche Bedenken gegen die Verbindung des Feststellungsbescheids und der Bescheide über die Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15a Abs.4 EStG auch schon in der Zeit vor der entsprechenden gesetzlichen Klarstellung durch Art.7 Nr.7 des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 vom 19.Dezember 1985 (BGBl I 1985, 2436, BStBl I 1985, 735, 746) nicht bestanden. Der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an.
4. Es ist jedoch ernstlich zweifelhaft, ob auf die Verlustanteile der stillen Gesellschafter der X-GmbH im Streitjahr § 15a EStG anwendbar war.
a) Nach § 52 Abs.20 a Satz 1 EStG war § 15a EStG grundsätzlich erstmals auf Verluste anzuwenden, die in dem nach dem 31.Dezember 1979 beginnenden Wirtschaftsjahr entstehen. Dieser Grundsatz wird jedoch in § 52 Abs.20 a Satz 2 Nr.1 und Satz 3 Nr.1 EStG durch eine Ausnahmeregelung für sog. Altbetriebe durchbrochen. Ist der Betrieb vor dem 11.Oktober 1979 eröffnet worden, ist danach § 15a EStG grundsätzlich erstmals auf Verluste anzuwenden, die in dem nach dem 31.Dezember 1984 beginnenden Wirtschaftsjahr entstehen. Das Gesetz regelt nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Betrieb i.S. des § 52 Abs.20 a Sätze 2 und 3 EStG als "Altbetrieb" anzusehen ist. Nach einer im Schrifttum verbreiteten Auffassung (Schmidt, Einkommensteuergesetz, 6.Aufl., § 15a Anm.15; Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 14.Aufl., § 15a EStG Anm.8; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 15a EStG Anm.10), der sich der Senat jedenfalls bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung anschließt, ist der Begriff der Betriebseröffnung selbständig nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung auszulegen. Mit der Übergangsregelung für Altbetriebe sollte sichergestellt werden, daß die bisher gegebenen Finanzierungsmöglichkeiten für bereits bestehende ("eröffnete") Betriebe während einer Übergangszeit gewahrt werden sollten, um, wie es in der Begründung des Regierungsentwurfs heißt, "übergangslose Eingriffe in die Dispositionen dieser Unternehmen zu vermeiden" (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 8/3648, 25). Gewahrt werden sollten für bereits bestehende Betriebe während einer Übergangsfrist die bisher gegebenen Finanzierungsmöglichkeiten, nämlich die Möglichkeit, anlagesuchenden Geldgebern eine zusätzliche Rendite durch den Verlustausgleich über den Betrag der Kapitalanlage hinaus und die damit verbundene Steuerersparnis zu verschaffen und so den Entschluß zur Kapitalanlage in dem nach Kapital suchenden Betrieb zu erleichtern.
b) Mit dieser Zielsetzung der Übergangsregelung ist es nach Auffassung des Senats, jedenfalls bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen überschlägigen Prüfung der Rechtsfrage, schwerlich vereinbar, daß das FA unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom 8.Mai 1981 (a.a.O.) geltend macht, ein Altbetrieb liege nur vor, wenn die Mitunternehmerschaft im Sinne des Steuerrechts, die Träger des Projekts sein solle, bereits vor dem Stichtag entstanden sei und ihre werbende Tätigkeit aufgenommen habe; ein Altbetrieb liege somit nicht vor, wenn die eigentlichen Geldgeber erst nach dem Stichtag der Gesellschaft beiträten. Dabei verkennt das FA, daß ein Altbetrieb, wie auch der Streitfall belegt, auch erst durch den nach dem Stichtag erfolgenden Beitritt von Kapitalgebern als Kommanditisten oder atypische stille Gesellschafter zu einer Mitunternehmerschaft werden kann. Die Übergangsregelung für Altbetriebe stellt nicht darauf ab, welche Rechtsform der Altbetrieb vor dem Stichtag hatte. Somit fällt unter die Übergangsregelung z.B. auch ein bisher in der Rechtsform des Einzelunternehmens oder der Kapitalgesellschaft geführter Betrieb, dem sich nach dem Stichtag Kapitalgeber als Kommanditisten oder stille Gesellschafter und Mitunternehmer im Sinne des Steuerrechts verbinden. Für den Streitfall ergibt sich hieraus, daß der Betrieb der X-GmbH bei der gebotenen überschlägigen Prüfung nicht schon deshalb kein Altbetrieb i.S. des § 52 Abs.20 a EStG ist, weil der Antragsteller und die übrigen stillen Gesellschafter erst nach dem 10.Oktober 1979 als stille Gesellschafter beigetreten sind.
c) Andererseits wird der Betrieb der X-GmbH nicht schon deshalb als Altbetrieb i.S. des § 52 Abs.20 a EStG angesehen werden können, weil er in der Rechtsform der GmbH geführt wird und deshalb als Gewerbebetrieb gilt (§ 2 Abs.2 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG--). Ob im Sinne der Übergangsregelung ein Altbetrieb vorliegt, wird nach Auffassung des Senats im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Gesetzes unabhängig von der Rechtsform des Betriebs nach gleichen sachlichen Kriterien entschieden werden müssen. Der BMF vertritt dazu die Auffassung, eine Betriebseröffnung im Sinne der Übergangsregelung für Altbetriebe liege im allgemeinen nur vor, wenn der Betrieb vor dem Stichtag alle Voraussetzungen für die Annahme eines Gewerbebetriebs im Sinne des Gewerbesteuerrechts erfülle, und folgert hieraus, es sei grundsätzlich erforderlich, daß der Betrieb bereits vor dem Stichtag alle Voraussetzungen für die Annahme eines Gewerbebetriebs im Sinne des Gewerbesteuerrechts erfülle (Tz.11 des BMF-Schreibens vom 8.Mai 1981, a.a.O.). Die Übergangsregelung könne "u.U. aber auch in Betracht kommen, wenn der Betrieb zwar vor dem Stichtag seine Leistungen noch nicht angeboten hat, aber in dem Betrieb bereits erhebliche Investitionen getätigt sind". Der Senat stimmt dem im Grundsatz zu. Ein Altbetrieb im Sinne der Übergangsregelung liegt nach der im Aussetzungsverfahren gewonnenen Auffassung des Senats auch dann vor, wenn vor dem Stichtag nicht unerhebliche und mit Aufwendungen verbundene Aktivitäten entfaltet worden sind, die erkennbar auf die alsbaldige Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit gerichtet sind. Auch in Fällen dieser Art erscheint es gerechtfertigt, für das bereits in Gang gesetzte Vorhaben das Vertrauen auf den befristeten Fortbestand der bisherigen Finanzierungsmöglichkeiten zu schützen. Dabei kann es aber nicht darauf ankommen, ob diese Aktivitäten bereits vor dem Stichtag zum Erwerb oder zur Herstellung aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter geführt haben. Darauf kann schon deshalb nicht abgestellt werden, weil z.B. vor dem Stichtag unter erheblichem Kostenaufwand immaterielle Anlagegüter, z.B. Schutz- oder Urheberrechte, hergestellt worden sein können.
d) Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze erweist sich die Beschwerde des FA als unbegründet.
aa) Das FG hat eine Reihe von Aktivitäten der X-GmbH festgestellt, die insgesamt belegen, daß sowohl in sachlicher als auch in finanzieller Hinsicht alle Voraussetzungen für die alsbaldige Aufnahme der geplanten Produktion erfüllt waren und diese nur noch von der Aufbringung des Kapitals der stillen Gesellschafter abhängig war. Damit ist auf jeden Fall belegt, daß die X-GmbH vor dem 10.Oktober 1979 nicht etwa bloß ein inhaltloser Rechtsmantel war, sondern daß die X-GmbH bereits erhebliche und auch mit Kosten verbundene Aktivitäten entfaltet hat. Insbesondere ergibt sich hieraus, daß die X-GmbH bereits das Recht hatte, das geplante neue Produktionsverfahren einzusetzen, daß das vorgesehene Verfahren bis zur Produktionsreife entwickelt worden war und daß nach langwierigen Verhandlungen durch Absprachen und Verträge sowohl die Aufbringung des erforderlichen Fremdkapitals und der erheblichen Zuschüsse der öffentlichen Hand als auch die Beschaffung des zu verarbeitenden Rohmaterials und der Absatz der Produkte gesichert waren. Nach Auffassung des Senats sind diese Aktivitäten so umfangreich gewesen, daß es jedenfalls bei der im Verfahren nach § 69 FGO gebotenen überschlägigen Prüfung ernsthaft zweifelhaft ist, ob § 15a EStG bereits auf den Verlust des Streitjahrs anwendbar war.
bb) Dem FA kann bei überschlägiger Prüfung auch nicht darin gefolgt werden, § 15a EStG sei jedenfalls deshalb anwendbar, weil der Betrieb der X-GmbH nach dem Stichtag erweitert worden sei. Wird in einem Altbetrieb nach dem 31.Dezember 1979 mit der Erweiterung oder Umstellung des Betriebs begonnen, so ist § 15a EStG auf Verluste anzuwenden, "soweit sie mit der Erweiterung oder Umstellung oder mit dem erweiterten oder umgestellten Teil des Betriebs wirtschaftlich zusammenhängen und in nach dem 31.Dezember 1979 beginnenden Wirtschaftsjahren entstehen" (§ 52 Abs.20 a Satz 2 Nr.1 Satz 2 EStG). Mit dieser Regelung sollte verhindert werden, daß neue wirtschaftliche Aktivitäten, die in Kenntnis der bereits erfolgten oder zu erwartenden Gesetzesänderung aufgenommen werden, einem bestehenden Altbetrieb zugeordnet werden, um auf diese Weise neue oder erweiterte Betätigungen unter die Übergangsregelung fallen zu lassen. Nach welchen Kriterien zu bestimmen ist, wann eine Betriebserweiterung oder Betriebsumstellung im Sinne der Übergangsregelung vorliegt, ist bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt. Nach Auffassung des Senats setzt eine Erweiterung jedoch begrifflich voraus, daß die Produktions- oder Absatzkapazitäten des Betriebs über den Umfang hinaus ausgedehnt werden, in dem der Betrieb bisher tätig gewesen ist. Eine Betriebserweiterung liegt somit nicht vor, wenn ein Betrieb, der nach den unter Buchst.b und c dargelegten Grundsätzen als vor dem 11.Oktober 1979 eröffnet anzusehen ist, in dem vor dem 11.Oktober 1979 konzipierten Umfang nach dem 10.Oktober 1979 seine Produktionstätigkeit aufnimmt. In diesem Falle wird nicht ein bestehender Betrieb erweitert, sondern in dem vor dem 11.Oktober 1979 eröffneten Betrieb die Produktion entsprechend dem vor dem 11.Oktober 1979 gesteckten Rahmen aufgenommen.
Danach war die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 415654 |
BStBl II 1988, 617 |
BFHE 152, 522 |
BFHE 1988, 522 |
DStR 1988, 421 (ST1) |
HFR 1988, 445 (LT1) |