Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung bei geklärter Rechtsfrage (zollrechtliche Entnahme)
Leitsatz (NV)
1. Die Auslegung des (truppen-)zollrechtlichen Entnahmebegriffs ist nicht zweifelhaft. Eine entsprechende Rechtsfrage ist mangels Klärungsbedürftigkeit nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
2. Die Frage, ob unter einzelfallbezogenen besonderen Umständen noch eine Entnahme (1.) angenommen werden kann, hat ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung.
3. Auf Grund sachlich-rechtlicher Bedenken kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3; AnO-DDR vom 29.8.1990 § 5; TruZG § 4
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdegegner, der ein Transportunternehmen im Beitrittsgebiet betreibt, wurde Anfang Mai 1991 um Hilfe bei der Bergung eines liegengebliebenen Schwerlastfahrzeugs der sowjetischen Streitkräfte ersucht. Der Kläger kam dem nach und berechnete für die Bergungs- und Reparaturarbeiten 1600 DM. Nachdem die zugesagte Barzahlung nicht erfolgt war, einigte sich der Kläger mit dem Schuldner dahin, daß die Forderung durch Lieferung von 1600 Liter Dieselkraftstoff berichtigt werden sollte. Der Beklagte und Beschwerdeführer - Hauptzollamt (HZA) - sah die dementsprechend erfolgte Lieferung als abgabenbegründete Entnahme des Kraftstoffs aus der Truppenzollgutverwendung der sowjetischen Streitkräfte an und nahm den Kläger als Schuldner der Eingangsabgaben in Anspruch.
Die gegen diesen Steuerbescheid erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht - FG - urteilte, unter den gegebenen Umständen liege ausnahmsweise keine Entnahme aus der Zollgutverwendung (im Sinne eines Herauslösens von Wirtschaftsgütern für "betriebsfremde" Zwecke) vor, sondern ein - steuerfreier - Gebrauch durch die Streitkräfte. Um einen solchen handele es sich auch noch bei einer Verwendung der Ware für dienstlich-militärische Zwecke der Streitkräfte.
Das HZA hat Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt. Es hält die Vorentscheidung für unrichtig, weil der zollrechtliche Begriff der Entnahme, der die Abgabe an Nichtberechtigte umfasse, verkannt worden sei. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liege darin, daß Entnahmen aus der Truppenverwendung im gesamten Bundesgebiet häufig vorkämen und überall die vom HZA vertretene Rechtsauffassung einheitlich auch in der Rechtsprechung als richtig angesehen werde. Eine höchstrichterliche Klärung sei erforderlich, da die Beantwortung (der Rechtsfrage) bundesweit praktische Bedeutung für eine unbestimmte Anzahl weiterer und künftiger Fälle habe.
Der Kläger ist der Beschwerde entgegengetreten. Er bemängelt insbesondere, daß das HZA eine über den vorliegenden Ausnahmefall hinausreichende Bedeutung nicht dargetan habe.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Es bestehen bereits Zweifel, ob mit der Bewerdebegründung, die im wesentlichen nur Angriffe gegen die Richtigkeit der der Vorentscheidung zugrunde liegenden Rechtsauffassung und im übrigen eher allgemeine Ausführungen zu der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) enthält, diese - behauptete - Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt ist. Die Frage kann jedoch offenbleiben. Jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet, da die hier maßgebende Rechtsfrage - Auslegung des zollrechtlichen Entnahmebegriffs (hier: § 5 der Anordnung - AnO - zur Zoll- und Verbrauchsteuerentlastung von Waren, die an die Westgruppe der Streitkräfte der UdSSR geliefert werden, vom 29. August 1990, Gesetzblatt der DDR I 1990, 1608, zur Geltung dieser Rechtsvorschrift Senat, Beschluß vom 31. August 1993 VII B 80/93, BFH/NV 1994, 210) - keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Eine Rechtsfrage ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, wenn Zweifel an ihrer Beantwortung nicht bestehen können (z.B. Bundesfinanzhof, Beschluß vom 24. April 1986 III B 72/84, BFHE 146, 429, 431, BStBl II 1986, 561). Die Auslegung des zollrechtlichen Entnahmebegriffs ist nicht zweifelhaft.
§ 5 AnO (Entnahme; Abgabenschuldner) ist ersichtlich der entsprechenden Vorschrift in § 4 des Truppenzollgesetzes - TruZG - nachgebildet (vgl. auch Bail/Schädel/Hutter, Zollrecht, D IV Rz. 19 und 20). Eine Entnahme i.S. von § 4 TruZG liegt vor, wenn eine Ware aus dem Besitz der ausländischen Streitkräfte in den Besitz eines Nichtberechtigten übergeht und dadurch die für die Abgabenbegünstigung maßgebliche Zweckbestimmung der ausschließlichen Verwendung als Truppenzollgut aufgehoben wird, was bei einvernehmlichem Besitzübergang anzunehmen ist, wenn dem Nichtberechtigten - Nichtmitglied der ausländischen Streitkräfte - das Eigentum verschafft oder Gebrauch oder Verbrauch gestattet wird (Bail/Schädel/Hutter, a.a.O., D III/4 Rz. 2 und 3). Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze mögen gegen die Vorentscheidung Bedenken bestehen. Solche Bedenken rechtfertigen indessen nicht die Annahme, daß die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung habe (vgl. Klein/Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, 1986, Rdnr. 156). Ihnen könnte erst nachgegangen werden, wenn die Revision eröffnet und mit dieser eine entsprechende Sachrüge vorgebracht würde. Die Zulassung der Revision selbst kann aufgrund sachlich-rechtlicher Bedenken nicht erreicht werden.
Die weitere Frage, ob eine Entnahme auch unter den im Streitfall gegebenen besonderen Umständen angenommen werden kann, ist einzelfallbezogen. Es ist weder vorgebracht worden noch ersichtlich, daß gleich- oder auch nur ähnlich gelagerte Fälle einer Entscheidung bedürften.
Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) ist nicht - zumindest nicht ausdrücklich - gerügt, jedenfalls aber nicht in gehöriger Form bezeichnet worden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 419939 |
BFH/NV 1994, 755 |