Entscheidungsstichwort (Thema)
Organschaft; wirtschaftliche Eingliederung; Betriebsaufspaltung
Leitsatz (NV)
1. Bei einer Betriebsaufspaltung ist eine wirtschaftliche Eingliederung gegeben, wenn der Organträger (Besitzunternehmer) der Organgesellschaft (Betriebsgesellschaft) ein Betriebsgrundstück vermietet oder verpachtet, das für die Umsatztätigkeit der Organgesellschaft besonders gestaltet, ihrem Betriebsablauf angepaßt und dafür nach Lage, Größe, Bauart und Gliederung besonders zugeschnitten, d.h. geeignet ist.
2. Das kann auch dann der Fall sein, wenn es sich bei dem vermieteten oder verpachteten Grundstück nicht um ein Fabrikgrundstück handelt.
Normenkette
UStG 1980/1991 § 2 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) verpachtete im Rahmen einer ertragsteuerlichen Betriebsaufspaltung Anlagevermögen (Betriebsgebäude und -räume) an zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Bauunternehmen). Er war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der beiden Gesellschaften.
Seine Umsatzsteuererklärungen für 1990 und 1991 (Streitjahre) gingen von einer Organschaft (§2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes -- UStG 1980/1991 --) aus und erfaßten auch die Besteuerungsgrundlagen der beiden Gesellschaften. Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) im Anschluß an eine Lohnsteueraußenprüfung am 22. Juni 1994 Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für die Streitjahre erlassen hatte, stellte sich der Kläger mit seinem dagegen eingelegten Einspruch nunmehr auf den Standpunkt, er sei mangels wirtschaftlicher Eingliederung nicht Organträger der beiden -- seit Februar 1994 in Konkurs befindlichen -- Gesellschaften.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage als unbegründet ab. Es bejahte eine wirtschaftliche Eingliederung mit der Begründung, diese folge bereits aus der Überlassung des Grundstücks an die Gesellschaften. Der Kläger habe ursprünglich selbst das Anlagevermögen als wesentliche Betriebsgrundlage der Gesellschaften angesehen. Ferner sei er dem substantiierten Vortrag des FA, das Gebäude sei auf die Bedürfnisse eines Baubetriebes besonders zugeschnitten, was schon bei der Bauplanung berücksichtigt worden sei, nur mit dem pauschalen Hinweis entgegengetreten, die beiden Baugesellschaften hätten auch von jedem anderen Grundstück aus betrieben werden können, bzw. die Halle sei auch für andere Betriebe verwendbar gewesen. Zudem könne ein Grundstück auch dann wesentliche Betriebsgrundlage im Rahmen einer Betriebsaufspaltung sein, wenn das Betriebsunternehmen jederzeit am Markt ein für seine Belange gleichwertiges Grundstück mieten oder kaufen könnte. In der Gesamtschau werde dieses Ergebnis dadurch bekräftigt, daß das Grundstück mittlerweile von der Verbandsgemeinde X zur Errichtung eines Bauhofes erworben worden sei.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers. Er begehrt Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und wegen des Verfahrensfehlers mangelnder Sachaufklärung durch das FG.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die vom Kläger angenommene grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) ist nicht gegeben. Es kann deshalb offenbleiben, ob die grundsätzliche Bedeutung entsprechend den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdeschrift dargelegt worden ist.
Der Kläger meint, entscheidungserheblich und höchstrichterlich nicht geklärt sei die Frage, "ob Lager- und Verwaltungsräume, in denen keinerlei Umsatz erwirtschaftet wird, überhaupt die wesentliche Betriebsgrundlage eines Unternehmens darstellen können". Auf diesen Grundstücken finde ein Betrieb als solcher nicht statt; die Unternehmensleistung, aufgrund derer Umsatz und Gewinn erwirtschaftet würden, werde an anderer Stelle erbracht. Dementsprechend seien nach Auffassung der Finanzverwaltung reine Büro-, Verwaltungs-und Lagerräume nicht als wesentliche Betriebsgrundlage zu werten (Oberfinanzdirektion -- OFD -- München vom 21. Dezember 1994, Der Betrieb 1995, 118; OFD Cottbus vom 30. Januar 1995, GmbH-Rundschau 1995, 319).
Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist bereits geklärt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann bei einer Betriebsaufspaltung die wirtschaftliche Eingliederung i.S. des §2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1980/1991 auch gegeben sein, wenn der Organträger (Besitzunternehmer) der Organgesellschaft (Betriebsgesellschaft) ein Betriebsgrundstück vermietet oder verpachtet, das für die Organgesellschaft eine besondere Bedeutung hat. Das ist der Fall, wenn das Grundstück für die Umsatztätigkeit der Organgesellschaft besonders gestaltet, ihrem Betriebsablauf angepaßt und dafür nach Lage, Größe, Bauart und Gliederung besonders zugeschnitten, d.h. geeignet ist (vgl. BFH-Urteil vom 9. September 1993 V R 124/89, BFHE 172, 541, BStBl II 1994, 129).
Dafür kann bei Fabrikgrundstücken eine widerlegbare tatsächliche Vermutung bestehen (vgl. BFH-Urteile vom 12. September 1991 IV R 8/90, BFHE 166, 55, BStBl II 1992, 347, und vom 17. November 1992 VIII R 36/91, BFHE 169, 389, BStBl II 1993, 233). Ein Grundstück kann für eine Organgesellschaft aber auch dann besondere Bedeutung haben, wenn es sich nicht um ein Fabrikgrundstück handelt (vgl. BFH- Urteile vom 26. Mai 1993 X R 78/91, BFHE 171, 476, BStBl II 1993, 718 -- Dachdeckerbetrieb --, und vom 9. Januar 1992 V R 82/85, BFH/NV 1993, 63 -- Spedition --). Entscheidend ist vielmehr, daß der Organträger durch die Stellung als Verpächter des Grundstücks auf die Organgesellschaft Einfluß nehmen und ihr durch Kündigung dieser Rechtsbeziehungen wesentliche Grundlagen für ihre Umsatztätigkeit entziehen kann (vgl. BFH in BFHE 172, 541, BStBl II 1994, 129).
Daß das vom Kläger verpachtete Grundstück für die Umsatztätigkeit der beiden Gesellschaften in diesem Sinne besonders gestaltet war, hat das FG mit ausführlicher Begründung dargelegt. Danach lagen gerade keine -- nicht auf die Bedürfnisse der Gesellschaften angepaßten -- reinen Büro-, Verwaltungs- und Lagerräume vor, wie sie in den vom Kläger zitierten Verwaltungsanweisungen genannt sind.
2. Soweit der Kläger ferner rügt, das FG sei seiner Sachaufklärungspflicht nicht ausreichend nachgekommen, erfüllt die Beschwerde nicht die Begründungsanforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO.
Wird als Verfahrensmangel unzureichende Sachaufklärung gerügt, so erfordert §115 Abs. 3 Satz 3 FGO u.a. die Darlegung, daß das Urteil auf der unterlassenen weiteren Sachaufklärung beruht; dabei ist vom materiell-rechtlichen Standpunkt des FG auszugehen (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 11. Februar 1991 V B 13/89, BFH/NV 1992, 668; Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, §115 FGO Rz. 145, m.w.N.). Eine solche Darlegung fehlt. Vielmehr wendet sich der Kläger im Kern seiner Begründung (lediglich) gegen die tatsächliche Würdigung des FG, macht aber keinen Verfahrensmangel geltend.
Fundstellen
Haufe-Index 67533 |
BFH/NV 1998, 1268 |