Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung eines Verfahrensmangels nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO (Fehlen von Urteilsgründen)
Leitsatz (NV)
Aus dem Vortrag, das FG habe seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt, der einen Parallelfall betreffe, ergibt sich schlüssig kein Verfahrensmangel i.S. von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO, weil damit nicht das vollständige Fehlen von Urteilsgründen, sondern nur eine unzureichende bzw. fehlerhafte Begründung des Urteils gerügt wird.
Normenkette
FGO § 105 Abs. 2 Nr. 5, § 116 Abs. 1 Nr. 5
Nachgehend
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hat eine Klage des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) gegen einen Grunderwerbsteuerbescheid des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ―FA―) im zweiten Rechtsgang als unbegründet abgewiesen.
Es hat die Revision nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wurde vom Bundesfinanzhof (BFH) durch Beschluss vom heutigen Tage als unzulässig zurückgewiesen.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―), weil sich das FG in einem entscheidungsrelevanten Punkt auf einen den vorliegenden Streitfall nicht betreffenden Sachverhalt gestützt und das FG ferner seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts verletzt habe. Ferner rügt der Kläger die Verletzung des rechtlichen Gehörs mit dem Hinweis, er habe einen Anspruch darauf, mit bestimmten schriftsätzlich geführten Einwendungen aus früheren Schriftsätzen gehört zu werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unzulässig. Sie ist durch Beschluss zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).
1. Die Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels beurteilt sich noch nach der Rechtslage vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I, 1757), wie sich aus Art. 4 dieses Gesetzes ergibt. Denn die angefochtene Entscheidung des FG ist vor dem 1. Januar 2001 zugestellt worden.
2. Nach Art. 1 Nr. 5 des hier noch maßgeblichen Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) findet die Revision abweichend von § 115 Abs. 1 FGO nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der BFH sie zugelassen hat. Dies ist im Streitfall nicht geschehen. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Revision hat der BFH durch Beschluss vom heutigen Tage als unzulässig zurückgewiesen.
3. Eine zulassungsfreie Verfahrensrevision nach § 116 FGO ist nur statthaft, wenn innerhalb der Revisionsbegründungsfrist ein Mangel i.S. von § 116 Abs. 1 FGO schlüssig gerügt wird. Ein Verfahrensmangel ist schlüssig gerügt, wenn die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen ―ihre Richtigkeit unterstellt― einen Mangel i.S. von § 116 Abs. 1 FGO ergeben. Dieser Anforderung entsprechen die Ausführungen in der Revisionsbegründungsschrift nicht.
a) Aus dem Vortrag des Klägers, das FG habe seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt, der einen Parallelfall betreffe, ergibt sich schlüssig kein Verfahrensmangel i.S. von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO.
Gemäß § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO müssen Urteile begründet werden. Der Sinn des Begründungszwangs liegt darin, den Prozessbeteiligten die Kenntnis darüber zu vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht (BFH-Beschluss vom 28. April 1993 II R 123/91, BFH/NV 1994, 46, m.w.N.). Ein Fehlen von Entscheidungsgründen liegt demnach nur vor, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung zu überprüfen. Das ist nur dann der Fall, wenn das FG seine Entscheidung überhaupt nicht begründet oder einen eigenständigen Klagegrund oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat, mithin das Urteil bezüglich eines wesentlichen Streitpunktes nicht mit Gründen versehen ist (BFH-Beschlüsse vom 4. Juni 1996 IV R 20/95, BFH/NV 1996, 914, und vom 27. Juni 2000 II R 13/00, nicht veröffentlicht).
Mit seinem Vortrag, das Urteil beruhe auf einem "falschen" Sachverhalt, rügt der Kläger nicht das vollständige Fehlen von Urteilsgründen, sondern eine fehlerhafte Begründung des Urteils. Dem Kläger ist nach seinem eigenen Vortrag nicht wegen Fehlens einer Begründung die Möglichkeit genommen, die Entscheidung zu überprüfen, denn er kommt zu dem Schluss, dass das FG von einem falschen bzw. unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei.
b) Die vom Kläger gerügte Verletzung seines Rechts auf Gehör wie auch die Rüge mangelnder Sachaufklärung stellen keine Gründe für die Zulässigkeit einer zulassungsfreien Revision i.S. von § 116 FGO dar.
Fundstellen
Haufe-Index 642292 |
BFH/NV 2001, 1603 |