Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung eines bestandskräftigen, die Gewährung von Kindergeld ablehnenden Bescheides; Bestandskraft oder Rechtskraft als rechtfertigender Grund für unterschiedliche Behandlung
Leitsatz (NV)
- Es ist nicht mehr klärungsbedürftig, dass sich die Bindungswirkung eines bestandskräftigen, die Gewährung von Kindergeld ablehnenden Bescheides auf die Zeit bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe erstreckt und beschränkt.
- Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn Kindergeldanträge für die Vergangenheit deshalb unterschiedlich beschieden werden, weil in dem einen Fall die Festsetzung von Kindergeld zuvor bereits bestandskräftig abgelehnt worden ist und in dem anderen Fall nicht.
- Die in einem rechtskräftigen Urteil getroffene Entscheidung bindet, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten endgültig und unabhängig davon, ob sie richtig ist.
Normenkette
EStG § 66 Abs. 2; FGO § 110 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat einen Grund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für die Zulassung der Revision nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.
1. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG), dem Antrag des Klägers, ihm rückwirkend für die Zeit ab Juli 1997 bis einschließlich August 2000 Kindergeld zu gewähren, sei nicht stattzugeben, weil der Beklagte und Beschwerdegegner (Beklagter) bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 3. August 2000 die Festsetzung von Kindergeld abgelehnt habe, steht im Einklang mit den Grundsätzen, die der Bundesfinanzhof (BFH) zu § 66 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und dem Umfang der Bindungswirkung von Ablehnungsbescheiden aufgestellt hat. Nach den Urteilen vom 25. Juli 2001 VI R 78/98 (BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88) und VI R 164/98 (BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89) erstreckt und beschränkt sich die Bindungswirkung eines bestandskräftigen, die Gewährung von Kindergeld ablehnenden Bescheids auf die Zeit bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe. Der BFH hat außerdem mit Urteil vom 23. November 2001 VI R 125/00 (BFHE 197, 387, BStBl II 2002, 296) entschieden, dass einem ―neuerlichen― Antrag auf Festsetzung von Kindergeld für Zeiträume, für die die Familienkasse nach sachlicher Prüfung das Bestehen eines Kindergeldanspruchs verneint habe, die Bestandskraft entgegensteht.
Der Kläger hat keine Umstände aufgezeigt, die eine erneute Entscheidung des BFH zu diesen Rechtsfragen erforderlich erscheinen lassen könnten. Der Rüge, die Vorentscheidung verstoße gegen Art. 3 und 20 des Grundgesetzes (GG), ist kein erneuter Entscheidungsbedarf zu entnehmen. Der Senat hat bereits in dem ―vom Kläger selbst zitierten― Beschluss vom 25. Oktober 2002 VIII B 121/02 (BFH/NV 2003, 168) dargelegt, dass es nicht gegen den Gleichheitssatz verstößt, wenn Kindergeldanträge für die Vergangenheit deshalb unterschiedlich beschieden werden, weil in dem einen Fall die Festsetzung von Kindergeld zuvor bereits bestandskräftig abgelehnt worden ist und in dem anderen Fall nicht. Mit seinem Einwand, schon aus der Tatsache, dass auch bei einem möglichen Einspruchs- und Klageverfahren Bestandskraft hätte eintreten können, ergebe sich, dass die Bestandskraft eines Bescheides nicht der rechtfertigende Grund für eine unterschiedliche Entscheidung sein könne, stellt der Kläger die Richtigkeit der bisherigen Rechtsprechung nicht in Frage. Denn wenn der Kläger nach erfolglosem Einspruch gegen den ablehnenden Bescheid vom 3. August 2000 Klage erhoben hätte und wenn er im Klageverfahren unterlegen wäre, läge der rechtfertigende Grund für die unterschiedliche Behandlung in dem rechtskräftigen Urteil (vgl. § 110 Abs. 1 FGO). Aus Gründen der Rechtssicherheit, die ein wesentliches Element der Rechtsstaatlichkeit ist, bindet die in einem rechtskräftigen Urteil getroffene Entscheidung, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten endgültig und unabhängig davon, ob sie richtig ist (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ―BVerfG― vom 20. April 1982 2 BvL 26/81, BVerfGE 60, 253, 268 f.; vgl. zum Vorrang der Rechtskraft auch BVerfG-Beschluss vom 12. Juni 1986 2 BvL 5/80, 17/82 und 2 BvR 635/80, BVerfGE 72, 302, 327 f.).
2. Der Kläger hat einen Verfahrensfehler des FG (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht schlüssig dargelegt. Abgesehen davon, dass er nicht substantiiert vorgetragen hat, aufgrund welcher konkreten Ausführungen in welchem Schriftsatz des finanzgerichtlichen Verfahrens sich dem FG eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen, ist die Erheblichkeit des seiner Meinung nach aufklärungsbedürftigen Sachverhalts nicht ersichtlich. Denn der Kläger hätte die Gründe, die nach seiner Auffassung zur Gewährung von Kindergeld führen, gegenüber dem ablehnenden Bescheid vom 3. August 2000 vorbringen müssen.
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Fundstellen