Entscheidungsstichwort (Thema)
Von Angehörigen genutzter Raum als Arbeitszimmer
Leitsatz (NV)
Wird ein in die Wohnung integrierter Raum von einem zusammen mit dem Steuerpflichtigen im Haushalt lebenden Angehörigen genutzt, der in dessen Unternehmen beschäftigt ist, so kann es sich um ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG handeln.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und seine Ehefrau sind Eigentümer eines Einfamilienhauses je zur Hälfte. In diesem Haus befindet sich ihre Wohnung.
Der Kläger betreibt in einem anderen Gebäude eine Arztpraxis. Seine Ehefrau ist bei ihm mit monatlich 40 Stunden als Arzthelferin beschäftigt.
Der Kläger machte für das Streitjahr (1997) als Betriebsausgaben u.a. einen Betrag in Höhe von 1 569,93 DM als "Aufwendungen für ein Arbeitszimmer im eigenen Haus" geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) ließ diese Aufwendungen nicht zum Abzug zu.
Hiergegen wandten sich der Kläger und seine Ehefrau nach erfolglosem Einspruch mit der Klage. Sie machten geltend, das Zimmer unterfalle nicht der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ein häusliches Arbeitszimmer setze begrifflich die Ausübung einer häuslichen Tätigkeit durch den Steuerpflichtigen selbst voraus. Das Zimmer werde aber nicht durch den Kläger selbst, sondern ausschließlich durch die in seiner Praxis angestellte Ehefrau genutzt. Sie erledige dort Büroarbeiten, für die in der Praxis ein Raum fehle. Außerdem diene das Zimmer der Unterbringung von Praxisakten.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Die Revision gegen sein am 18. Dezember 2000 zugestelltes Urteil ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt wird. Der Kläger macht geltend, klärungsbedürftig sei die Rechtsfrage, ob ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG begrifflich die Ausübung einer häuslichen Tätigkeit durch den Steuerpflichtigen selbst voraussetze. Im Schrifttum werde diese Frage bejaht (Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 21. Aufl., § 4 Rz. 591), während die Finanzverwaltung offenbar anderer Ansicht sei (Verfügung der Oberfinanzdirektion ―OFD― Hannover vom 10. Juli 1998, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1999, 160).
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet.
1. Nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I, 1757) richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist. Das ist hier der Fall.
2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), weil sie in dem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre. Auch wenn man entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (Verfügung der OFD Hannover vom 10. Juli 1998, DStR 1999, 160) die Ansicht vertreten wollte, ein zur Wohnung gehörender Raum, der von einem fremden Arbeitnehmer oder als Lagerraum betrieblich genutzt wird, sei kein Arbeitszimmer (Schmidt/ Heinicke, a.a.O., § 4 Rz. 591), so wäre hiervon doch der Fall zu unterscheiden, dass der in die Wohnung integrierte Raum von einem zusammen mit dem Steuerpflichtigen im Haushalt lebenden Angehörigen genutzt wird.
Wie der Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 23. September 1999 VI R 74/98 (BFHE 189, 438, BStBl II 2000, 7) ausgeführt hat, rechtfertigt sich die Beschränkung des Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzuges für ein häusliches Arbeitszimmer durch die Berührung mit der privaten Lebensführung und die damit verbundene fehlende Kontrollmöglichkeit der Nutzung durch die Finanzbehörden. Aus dieser Rechtfertigung hat der BFH für die Einordnung von Räumlichkeiten hergeleitet, dass jedenfalls vom Steuerpflichtigen selbst genutzte Büro- oder Praxisräume, die einen Teil seiner Wohnung bilden und dadurch in seine private Sphäre eingebunden und so der Kontrollmöglichkeit der Finanzbehörde entzogen sind, in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG fallen. Nichts anderes kann für Räume gelten, die von zusammen mit dem Steuerpflichtigen im Haushalt lebenden Angehörigen genutzt werden, die in seinem Unternehmen beschäftigt sind. Mag die Nutzung eines Raumes durch einen Familienfremden möglicherweise in bestimmten Fällen geeignet sein, die Einbindung des Raumes in die private Sphäre des Steuerpflichtigen zu neutralisieren, so spielt dieser Gesichtspunkt für einen Familienangehörigen keine Rolle.
Fundstellen
Haufe-Index 844167 |
BFH/NV 2002, 1570 |