Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Darlegung einer Divergenz
Leitsatz (NV)
Die schlüssige Darlegung einer Abweichung i. S. v. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erfordert unter anderem, daß der Beschwerdeführer kenntlich macht, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine Divergenz vorliegt. In der Beschwerdebegründung müssen abstrakte (tragende) Rechtssätze des angefochtenen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH (bzw. des GmS-OGB oder BVerfG) gegenübergestellt und so genau bezeichnet werden, daß eine Abweichung erkennbar wird.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerden des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) haben keinen Erfolg.
1. Eine Abweichung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegt vor, wenn das Finanzgericht (FG) seiner Entscheidung einen tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit einem ebenfalls tragenden Rechtssatz einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung des BFH: vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rdnr. 17).
Die schlüssige Darlegung einer Abweichung erfordert u. a., daß der Beschwerdeführer kenntlich macht, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine Divergenz vorliegt. In der Beschwerdebegründung müssen abstrakte (tragende) Rechtssätze des angefochtenen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH (bzw. des GmS-OGB) gegenübergestellt und so genau bezeichnet werden, daß eine Abweichung erkennbar wird (vgl. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rdnr. 174; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 63, m. w. N. aus der Rechtsprechung).
2. a) Soweit der Kläger vorträgt, die Rechtsauffassung des FG, daß die gebuchten Entnahmen nichtabziehbare Betriebsausgaben darstellten, weil eine andere Sachbehandlung dem Sinn des Betriebsvermögensvergleichs zuwiderlaufe, stünde im Widerspruch zu dem im BFH-Urteil vom 8. Oktober 1985 VIII R 234/84 (BFHE 145, 335, BStBl II 1986, 596, unter 2. a) enthaltenen Rechtssatz, daß Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Kosten für Kredite seien, deren Valuta zum Erwerb oder zur Schaffung einer Kapitalanlage i. S. von § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verwendet werde, ist seine Rüge jedenfalls unbegründet.
Offenbleiben mag, ob der vom Kläger herausgestellte Rechtssatz des FG-Urteils i. S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO hinreichend konkret bezeichnet wurde. Jedenfalls zeigt die Gegenüberstellung der beiden Rechtssätze, daß eine Abweichung offenkundig nicht vorliegt.
b) Entsprechendes gilt für die Rüge des Klägers, daß die Ansicht des FG, die geltend gemachten Schuldzinsen stellten keine Werbungskosten dar und die für 1991 erklärten Gewinnausschüttungen seien in unveränderter Höhe als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen, von dem unter a) zitierten Rechtssatz des BFH-Urteils in BFHE 145, 335, BStBl II 1986, 596 abweiche.
c) Die Rüge des Klägers, das FG sei mit seiner unter b) wiedergegebenen Auffassung auch von dem BFH-Beschluß vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88 (BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 517, meint: 817, unter Tz. II. 2., bb, meint wohl: C. II. 2. b, bb) abgewichen, ist unschlüssig, weil es bereits an der Herausarbeitung eines in diesem BFH-Beschluß enthaltenen Rechtssatzes fehlt.
d) Soweit der Kläger beanstandet, die Ansicht des FG, daß die schlichte Buchung der Zinsen (meint: auf dem Verrechnungs- bzw. Darlehenskonto) keinen Abfluß i. S. von § 11 Abs. 2 EStG darstelle, stehe in Widerspruch zu dem im BFH-Urteil vom 19. April 1977 VIII R 119/75 (BFHE 122, 111, BStBl II 1977, 601, unter 4.) enthaltenen Rechtssatz, daß ein wirtschaftlicher Abfluß i. S. des § 11 Abs. 2 EStG auch durch Aufrechnung erfolgen könne, ist seine Rüge ebenfalls deswegen unbegründet, weil die gegenübergestellten Rechtssätze offenkundig nicht divergieren.
e) Im übrigen wendet sich der Kläger -- im Stil einer Revisionsbegründung -- gegen die vom FG vertretene Rechtsauffassung. Diese Kritik vermag -- mangels substantiierter Darlegung eines der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO -- die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen.
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 421791 |
BFH/NV 1997, 298 |