Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerb eines Erbbaurechtes mit noch zu errichtendem Gebäude
Leitsatz (NV)
Geben die künftigen Gesellschafter einer GbR schon vor deren Gründung einem Dritten unwiderrufliche Vollmacht zum Abschluß der Verträge über den Erwerb eines Erbbaurechtes an einem bestimmten Grundstück und über die Errichtung eines bereits geplanten Hauses auf diesem Erbbaurecht, so bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, daß die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung für den Erwerb des bebauten Erbbaurechtes (durch die GbR) zu berechnen ist.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3; GrEStG 1983 § 8 Abs. 1
Tatbestand
1. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 2. Juli 1985 bestellte das Land . . . der Antragstellerin ein Erbbaurecht bis zum 30. Juni 2060 an einem unbebauten Grundstück.
Der Erbbauzins sollte . . . DM jährlich betragen.
In § 5 des Vertrages heißt es u. a.:
,,Der Erbbauberechtigte ist berechtigt und verpflichtet, auf dem Erbbaugrundstück nach den vom Bezirksamt . . ., Abteilung Bauwesen, Stadtplanungsamt, gebilligten Bauplänen ein Mietwohnhaus im öffentlich geförderten Wohnungsbau zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten. Er hat bei der Herstellung der baulichen Anlagen neben den Bestimmungen des geltenden Baurechts den besonderen Wünschen der Stadtplanung nach einer harmonischen städtebaulichen Gestaltung in angemessener Weise zu entsprechen und die als Anlage 4 zu diesem Vertrag genommene Objektbeschreibung vom 1. 11. 1984 zu berücksichtigen. . . .
Mit der Errichtung der baulichen Anlagen hat der Erbbauberechtigte unverzüglich nach Übergabe des Erbbaugrundstücks zu beginnen. Die Baulichkeiten sind innerhalb von drei Jahren fertigzustellen und in Betrieb zu nehmen."
Bei Abschluß des Vertrages wurde die Antragstellerin durch die A Verwaltungsgesellschaft mbH (GmbH), deren Geschäftsführer B ist, vertreten.
Die vier Gesellschafter der Antragstellerin hatten schon vor dem Abschluß des Erbbaurechtsvertrages und des Gesellschaftsvertrages über die Antragstellerin (Gesellschaft bürgerlichen Rechts - GbR -) der GmbH ,,als zukünftigem Geschäftsführer der Baugemeinschaft C-Straße 14 GbR . . . unwiderrufliche Vollmacht zur Vereinbarung ihres Beitritts zur Baugemeinschaft C-Straße 14 GbR als Gesellschafter mit einer Kapitaleinlage von DM . . . sowie des Beitritts weiterer Gesellschafter zu dieser Gesellschaft und zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen bei dem Erwerb des Erbbaurechts an dem Grundstück C-Straße 14 . . . zur Errichtung eines Mehrfamilien-Wohnhauses mit Tiefgarage auf dem Grundstück C-Straße 14 und zur Verwaltung des errichteten Gebäudes durch die Baugemeinschaft C-Straße 14 GbR" gegeben. Insbesondere könne die Bevollmächtigte folgende Verträge abschließen:
a) Erbbaurechtsvertrag über das Grundstück C-Straße 14 eingetragen im Grundbuch von D sowie Änderungs- oder Ergänzungsverträge zu dem Erbbaurechtsvertrag, sofern solche Änderungen aufgrund von Zwischenverfügungen des Grundbuchamtes notwendig oder zweckmäßig sind;
b) Generalübernehmervertrag mit der D-GmbH;
c) Gesellschaftsvertrag der Baugemeinschaft C-Straße 14 GbR und Änderungsvertrag zum Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der Zuordnung von Wohnungen zu den einzelnen Beteiligungen sowie eines Aufnahmevertrages über den Beitritt zur Baugemeinschaft C-Straße 14 GbR und Abschluß von Verträgen über die Aufnahme weiterer Gesellschafter in diese Gesellschaft;
d) Vertrag über steuerliche Beratung sowie die Erledigung der anfallenden Buchführungsarbeiten und die Erstellung der Jahresabschlüsse und die Treuhandschaft (Mittelverwendungskontrolle) mit der E-GmbH,
e) Vertrag über die Vermittlung der Zwischenfinanzierung mit der D-GmbH;
f) Vertrag über die Übernahme der Bürgschaft für die Zwischenfinanzierung mit der D-GmbH;
g) Vertrag über die Vermittlung der Endfinanzierungsmittel (1 a Hypothekendarlehen und Bankdarlehen) an die Gesellschaft mit der D-GmbH;
h) Vertrag über die Vermietung der Wohnungen nebst Vermietungsgarantie mit der F Verwaltungsgesellschaft für Haus- und Grundbesitz mbH;
i) Vertrag über die Übernahme der Geschäftsführung der Baugemeinschaft C-Straße 14 GbR (Geschäftsbesorgungsvertrag) mit der A Verwaltungs-GmbH;
k) Vertrag über die wirtschaftliche und technische Baubetreuung mit der G Immobilien-Treuhand- und Vermögensanlage AG;
l) Vertrag über eine Ausbietungsgarantie mit der D-GmbH,
m) Vertrag mit der Wohnungsbau-Kreditanstalt über die Förderung im Rahmen des ,,dritten Förderungsweges" oder Genehmigung eines solchen Vertrages;
n) Genehmigung des Vertriebsvertrages über die Vermittlung des Gesellschaftskapitals.
Nach dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses des Finanzgerichts (FG) sind diese Verträge am 28. Dezember 1984 abgeschlossen worden.
Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages war der Zweck der Gesellschaft der Erwerb des genannten Erbbaurechtes und dessen Bebauung mit einem Wohngebäude mit 24 Wohnungen und zehn Stellplätzen in einer Kellertiefgarage. Der Gesamtaufwand sollte . . . DM betragen.
2. Der Antragsgegner (Finanzamt - FA -) sah in diesen vorgenannten Verträgen ein einheitliches Vertragswerk, das auf den Erwerb des bebauten Erbbaurechtes gerichtet ist. Er setzte gegen die Antragstellerin . . . DM Grunderwerbsteuer fest, berechnet nach einer Gegenleistung von . . . DM. Diese setzt sich aus dem kapitalisierten Erbbauzins und folgenden von der Antragstellerin angegebenen Einzelbeträgen zusammen:
Erbbaurecht (Erwerbsnebenkosten) ... DM
GÜ-Preis für Gebäude (einschließlich Garagenplätze und Baunebenkosten) ... DM
Kosten der Zwischenfinanzierung (Bauzeitzinsen, Notar gebühren für
Grundschuldbestellungen, Gebühren für Landesbürgschaften usw.) ... DM
EK-Vertriebskosten 8 % vom GA ... DM
Vermittlungsprovision und Bearbeitungsgebühr für Zwischenfinanzierung einschl. Höchstkostengarantie ... DM
Ausbietungsgarantie während der Bauzeit und für 10 Bewirtschaftungsjahre ... DM
Avalversprechen für die Zwischenfinanzierung ... DM
Geschäftsführungsvergütung für Investitionsphase ca. 2% vom GA ... DM
Baubetreuung ca. 4 % vom GA ... DM
sonstige Kosten und Reserven ... DM
... DM.
Gegen diesen Steuerbescheid hat die Antragstellerin Einspruch eingelegt. Sie habe das Erbbaurecht im unbebauten Zustand erworben, so daß die Grunderwerbsteuer nur von dem kapitalisierten Erbbauzins berechnet werden dürfe.
Außerdem hat die Antragstellerin beim FA beantragt, die Vollziehung des angefochtenen Bescheides auszusetzen, soweit die festgesetzte Steuer den Betrag von . . . DM übersteigt; dieser Steuerbetrag entfällt auf den kapitalisierten Erbbauzins.
Das FA hat diesem Antrag nur teilweise (in Höhe eines Steuerbetrages von . . . DM) entsprochen, indem es folgende Beträge aus der Gegenleistung ausgeklammert hat:
Kosten der Zwischenfinanzierung (Bauzeitzinsen, Notargebühren für
Grundschuldbestellungen, Gebühren für Landesbürgschaften usw.) ... DM
Vermittlungsprovision und Bearbeitungsgebühr für Zwischenfinanzierung
einschließlich Höchstkostengarantie - 3 % von ... DM - ... DM
Avalversprechen für die Zwischenfinanzierung - 2,5 % von ... DM - ... DM
... DM
3. Nach der vorgenannten Entscheidung des FA hat die Antragstellerin beim FG beantragt, gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides über die Verfügung des FA . . . hinaus in Höhe eines weiteren Steuerbetrages von . . . DM auszusetzen. Sie habe ein unbebautes Erbbaurecht erworben.
Das FG hat diesem Antrag nur teilweise stattgegeben und zusätzlich die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheides in Höhe von . . . DM ausgesetzt.
Keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheides gebe es insoweit, als das FA die eingangs genannten Verträge als einheitliches, auf den Erwerb eines bebauten Erbbaurechtes gerichtetes Vertragswerk angesehen und besteuert habe. Zweifelhaft sei jedoch, ob bestimmte (im einzelnen genannte) Erwerbsnebenkosten zur Gegenleistung gehören. Diese Nebenkosten hat das FG mit . . . DM errechnet. (Die Steuer hiervon beträgt . . . DM.)
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde der Antragstellerin; das FG hat dieser Beschwerde nicht abgeholfen.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Der Senat hat keine ernstlichen Zweifel (im Sinne des § 69 Abs. 3 FGO) daran, daß die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung für den Erwerb des bebauten Erbbaurechtes zu berechnen ist. Die unter 1. dieser Entscheidung genannten Verträge bilden ein einheitliches Vertragswerk, das auf den Erwerb des Erbbaurechtes mit dem zu errichtenden Gebäude gerichtet ist.
Schon vor Abschluß des Erbbaurechtsvertrages hatten die (damals noch künftigen) Gesellschafter der noch nicht gegründeten Antragstellerin der GmbH unwiderrufliche Vollmacht zum Abschluß der Verträge gegeben. Damit konnte die Antragstellerin nicht frei darüber entscheiden, ob sie das Erbbaurecht bebauen wollte. Vielmehr war durch diese Vollmacht sichergestellt, daß die Antragstellerin endgültig nur in den Genuß des bebauten Erbbaurechtes kommen konnte. Das Erbbaurecht war der GmbH ,,an die Hand gegeben". Diese hatte die Rechtsmacht, die vertraglichen Verpflichtungen vorzuformulieren und der Antragstellerin als Vertragsgeflecht anzubieten (vgl. dazu den Beschluß des Senats vom 18. September 1985 II B 24-29/85, BFHE 144, 280, BStBl II 1985, 627).
Nach Ansicht der Antragstellerin ist bisher nicht nachgewiesen, daß der Grundstückseigentümer das Erbbaurecht der GmbH ,,an die Hand gegeben" hatte. Zwar habe das FG ausgeführt, es sei kaum vorstellbar, daß die GmbH das Projekt - wie geschehen - vorbereitet hätte, wenn ihr das Erbbaurecht nicht an die Hand gegeben worden wäre. Dieser Hinweis des FG ersetze aber keine diesbezügliche tatsächliche Feststellung.
Mit diesem Einwand hat die Antragstellerin keinen Erfolg. Das FG hat sich zur Begründung auf objektiv feststellbare Tatsachen bezogen. Im Erbbaurechtsvertrag vom 2. Juli 1985 sei schon auf die Objektbeschreibung vom 1. November 1984 hingewiesen worden. Die Gesellschafter der Antragstellerin hätten sich bereits in den Vollmachten zu Kapitaleinlagen verpflichtet, die auf dem projektierten Gesamtaufwand beruhten. Die Verträge, die das FA in das einheitliche Vertragswerk einbezogen habe, datierten von Ende 1984, also über sechs Monate vor dem Abschluß des Erbbaurechtsvertrages. Wesentliche Zahlungen aufgrund dieser Verträge seien schon im Jahre 1984 zu leisten gewesen. Dieser vom FG erwähnte und der übrige tatsächliche Ablauf der Dinge sind Beweis genug dafür, daß die GmbH bestimmen konnte, wer dem Grundstückseigentümer gegenüber als Erwerber des Erbbaurechts auftrat (BFHE 144, 280 unter Nr. 1, 3. Absatz der Gründe). Vertragliche Gestaltungen der vorliegenden Art setzen zwangsläufig voraus, daß der Initiator sich mit dem Grundstückseigentümer abgesprochen hat. Deshalb bedarf es keines Nachweises einer derartigen Absprache, wenn die eine solche Absprache voraussetzenden Verträge abgeschlossen worden sind.
Soweit sich die Antragstellerin auf einen Beschluß des FG Düsseldorf vom 11. Dezember 1987 III 629/86 A (GE) bezieht, vermag der Senat nicht zu erkennen, welche ernstlichen Zweifel die Antragstellerin insoweit geltend machen will. Sie hat diese Zweifel nicht erläutert.
2. Auch an der Höhe der im jetzigen Vollziehungsaussetzungsverfahren noch streitigen Steuer gibt es keine ernstlichen Zweifel.
Die . . . DM, welche das FG bei der Bemessung der Gegenleistung zusätzlich aus dem von der Antragstellerin genannten Gesamtaufwand ausgeschieden hat, setzen sich wie folgt zusammen:
Erwerbsnebenkosten für das Erbbaurecht ... DM
sonstige Kosten und Reserve ... DM
Teilbetrag der EK-Vertriebs kosten ... DM
Teilbetrag der Ausbietungsgarantiekosten ... DM
Verminderung des Kapitalwertes des Erbzinses wegen eines Rechenfehlers ... DM
... DM.
Den Teilbetrag der EK-Vertriebskosten hat das FG griffweise auf 5 % des Eigenkapitals (lt. Gesellschaftsvertrag . . . DM) geschätzt und von diesem Betrag (. . . DM) . . . DM abgezogen, um welche das FA schon von sich aus den Gesamtaufwand gekürzt hat. Ähnliches gilt für den Teilbetrag der Ausbietungsgarantiekosten. Diese hat das FG griffweise auf 0,5 % der Darlehen, die der Endfinanzierung dienen (. . . DM) geschätzt. Den Kapitalwert des Erbbauzinses hat das FG berichtigt, weil nach dem Vortrag der Antragstellerin der jährliche Erbbauzins nach Berichtigung eines Rechenfehlers nur . . . DM statt . . . DM beträgt.
Der Senat sieht entgegen der Ansicht der Antragstellerin keinen Anlaß, in dem vorliegenden Verfahren die Gegenleistung noch um weitere Beträge zu kürzen. Zur Gegenleistung rechnet jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes oder Erbbaurechtes in dem Zustand, in dem es zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht ist, gewährt. Im Streitfall besteht kein Anlaß, die kausale Verknüpfung der Gegenleistung - soweit die Vollziehung des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheides bisher nicht ausgesetzt worden ist - mit dem Erwerb des bebauten Erbbaurechtes zu bezweifeln.
Fundstellen
Haufe-Index 416351 |
BFH/NV 1990, 394 |