Entscheidungsstichwort (Thema)
Freiberuflichkeit eines Graphik-Designers
Leitsatz (NV)
Die Klärung der Frage, inwieweit die technische Realisierung graphisch-künstlerischer Ideen eines Graphik-Designers als freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit anzusehen ist, ist schon deshalb nicht im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts geboten, weil die Beurteilung, ob ein Graphik-Designer künstlerisch oder gewerblich tätig ist, von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt. Der Frage kommt mithin keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 18
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Graphiker. Er betreibt ein Graphikstudio und eine Werbeagentur. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) beurteilte die gesamte Tätigkeit des Klägers als Gewerbebetrieb. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es ist nach den Gesamtumständen des Streitfalls zu der Überzeugung gelangt, daß der Kläger im wesentlichen einheitliche, miteinander verflochtene teils gewerbliche, teils freiberufliche Tätigkeiten ausübt. Der Gesamttätigkeit gäben nicht die graphischen, sondern die im Bereich der Werbung angesiedelten Leistungen des Klägers das Gepräge. Die graphischen Leistungen seien integrierter Bestandteil der Werbeagentur. Deshalb sei die Tätigkeit des Klägers insgesamt als gewerblich einzustufen.
Entscheidungsgründe
Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger, welche sie auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Divergenz und Verfahrensmängel stützen, ist unbegründet.
1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --)
a) Die Kläger tragen vor, das FG habe ausgeführt, die künstlerische (graphische) Leistung des Klägers erscheine als integrierter Bestandteil der Gesamtleistung, der nicht einmal gesondert in Rechnung gestellt werde, sondern zusammen mit Konzeption, Graphik, Reinzeichnung, Aufnahmeüberwachung, Lithoabnahme, Korrekturlesen, Textüberarbeitungen, Terminüberwachung in einem Betrag in Rechnung gestellt werde. Damit gebe das FG zu erkennen, daß es die angeführten Leistungen nicht als freiberufliche ansehe. Die Frage, inwieweit die technische Realisierung einer graphisch-künstlerischen Idee, der die genannten Leistungen im wesentlichen dienten, freiberufliche Tätigkeit sei, sei höchstrichterlich nicht geklärt. Sie habe schon deshalb grundsätzliche Bedeutung, um die andernfalls offensichtliche Rechtsunsicherheit, welche Leistungen zum freiberuflichen Berufsbild eines Graphik-Designers gehörten und wann die Grenze der freiberuflichen Tätigkeit zur Gewerblichkeit überschritten sei, zu beseitigen.
Der Senat läßt offen, ob die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt ist (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 22. Juli 1993 XI B 17/93, BFH/NV 1994, 322, m. w. N.). Jedenfalls ist die Klärung der aufgeworfenen Frage schon deshalb nicht im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts geboten, weil die Beurteilung, ob ein Graphik-Designer künstlerisch oder gewerblich tätig ist, von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt.
b) Die Kläger machen außerdem geltend, daß die Preisüberwachung und Rechnungsprüfung, welche das FG den gewerblichen Leistungen zugeordnet habe, bei einem Architekten, der ebenfalls im kreativ-künstlerischen Bereich tätig sei, Bestandteil der freiberuflichen Leistung sei. Die Frage, ob bei vergleichbaren Berufsbildern innerhalb der freiberuflich tätigen Steuerpflichtigen auch gleiche Kriterien für die Frage der Einstufung der Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich gelten müßten, unabhängig davon, ob es sich bei den vergleichbaren Berufsbildern um Katalogberufe i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) handle oder nicht, habe grundsätzliche Bedeutung.
Die Kläger haben nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig erscheint. Hierfür reicht es nicht aus, eine von der Vorentscheidung abweichende Rechtsauffassung zur Auslegung einer Vorschrift zu vertreten und die grundsätzliche Bedeutung der Auslegungsfrage "für eine Vielzahl der Berufsbilder des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG" zu behaupten. Erforderlich sind darüber hinaus Ausführungen dazu, ob und inwiefern die Auslegungsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 13. April 1993 III B 88/91, BFH/NV 1994, 44). Hieran fehlt es.
2. Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO)
Die Kläger haben die Divergenz nicht ordnungsgemäß gerügt. Hierzu muß der Beschwerdeführer dartun, daß das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des BFH nicht übereinstimmt. Dabei müssen die vermeintlich divergierenden abstrakten Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und die Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnet werden, daß eine Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung vgl. BFH-Beschluß vom 9. Juni 1993 II B 92/92, BFH/NV 1994, 184).
Den Ausführungen der Kläger läßt sich insoweit nur entnehmen, daß das FG zwar von den Rechtsgrundsätzen der zitierten BFH- Entscheidungen ausgegangen ist, diese aber falsch angewendet hat. Es habe "den Rechtsbegriff der Verflechtung unzulässig ausgedehnt" und "den Ausnahmecharakter (nur dann, BFH, BStBl II 1992, Seite 415 5. Abs. ) der Beurteilung einer Tätigkeit als einheitlich gewerbliche Tätigkeit verkannt". Mit der Behauptung fehlerhafter Rechtsanwendung durch das FG wird die Divergenz nicht bezeichnet.
3. Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO)
a) Die Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Nichterhebung angebotener Beweise hat jedenfalls keinen Erfolg, weil die Kläger nach § 155 FGO i. V. m. § 295 der Zivilprozeßordnung (ZPO) auf ihr Rügerecht verzichtet haben. Das Übergehen eines Beweisangebots gehört zu den Verfahrensverletzungen, auf deren Rüge verzichtet werden kann (vgl. BFH-Beschluß vom 19. August 1994 X B 124/94, BFH/NV 1995, 238). Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und nach eigenem Vortrag des Prozeßbevollmächtigten der Kläger hat dieser die unterlassene Beweiserhebung nicht gerügt. Daß er die Rüge nicht erhoben hat, weil er die Beweiserhebung für nicht mehr erforderlich hielt, ist unerheblich.
b) Die Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht hat ebenfalls keinen Erfolg. Der Senat läßt offen, ob die Rüge den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 11. April 1994 I B 195/93, BFH/NV 1995, 188). Sie ist jedenfalls unbegründet, weil sich dem FG aufgrund der Feststellung vereinzelter Entwurfsarbeiten für Kalender, Briefköpfe, Speisekarten oder Verpackungskartons eine Aufklärung, ob und in welchem Umfang der Kläger außerhalb seiner Werbeagentur rein graphische Leistungen erbracht hat, nicht aufdrängen mußte. Dies gilt um so mehr, als die vom Kläger erklärten Erlöse aus freiberuflicher Tätigkeit ganz überwiegend aus den Pauschalzahlungen bestanden, die er von Großkunden für gemischte Leistungen erhalten hatte.
Die Entscheidung ergeht im übrigen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 421463 |
BFH/NV 1996, 806 |