Entscheidungsstichwort (Thema)
Akteneinsicht hinsichtlich FA-Akten vor Übersendung an das FG
Leitsatz (NV)
Das FG handelt nicht ermessensfehlerhaft, wenn es vor Eingang der Klagebegründung hinsichtlich ihm noch nicht vorliegender FA-Akten den Kläger darauf verweist, sich zwecks Akteneinsicht mit dem FA in Verbindung zu setzen.
Normenkette
FGO § 78
Tatbestand
Gleichzeitig mit der Klageschrift beantragte der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Akteneinsicht durch Übermittlung der Steuer akten an die Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten. Mit Verfügung vom 28. Februar 1994 teilte das Finanzgericht (FG) dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit, daß die Akten in der Geschäftsstelle des FG eingesehen werden könnten. Weiter wurde der Prozeßbevollmächtigte telefonisch darauf hingewiesen, daß die Steuerakten erst nach Eingang der Klagebegründung angefordert würden. Gegen diese Verfügung, wonach die Akten auf der Geschäftsstelle des FG eingesehen werden könnten und daß die Steuerakten erst nach Klagebegründung vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) angefordert würden, legte der Kläger durch seinen Prozeßbevollmächtigten Beschwerde ein. Darin führte er aus, die Akteneinsicht sei für eine Klagebegründung von erheblicher Bedeutung. Durch die Nichtgewährung der Akteneinsicht werde es dem Prozeßbevollmächtigten unmöglich gemacht, in der Sache selbst zu überprüfen und vorzutragen. Es sei Voraussetzung eines substantiierten und vernünftigen Rechtsvortrages, daß auch der gesamte behördeninterne Sachverhalt bekannt sei. Nur so werde eine Rechtsvertretung überhaupt erst ermöglicht.
Hierauf wurde dem Prozeßbevollmächtigten auf richterliche Anordnung folgendes mitgeteilt: "Die Akteneinsicht ist in § 78 FGO geregelt. Danach ist die Einsicht bei Gericht die Regel, unter Umständen kann bei einer Behörde am Ort der Kanzlei eingesehen werden (Beschluß des BFH vom 24. 03. 1981 VII B 64/80, BStBl II 1981, 475). Sollten Sie dies wünschen, können die FG-Akten an das Finanzamt A zur dortigen Einsichtnahme übersandt werden. Die Steuerakten liegen dem Gericht nicht vor, falls Sie diese einsehen wollen, müssen Sie sich mit dem Finanzamt in Verbindung setzen."
Mit Schreiben vom 28. April 1994 beantragte der Prozeßbevollmächtigte die Übermittlung der FG-Akten an das FA A. Des weiteren wurde die Beschwerde aufrechterhalten. Die FG-Akten sind beim FA A am 28. Juni 1994 durch einen Vertreter des Prozeßbevollmächtigten eingesehen worden.
Entscheidungsgründe
Die statthafte Beschwerde (s. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- in BFHE 133, 8, BStBl II 1981, 475) des Klägers ist unbegründet.
Das FG hat dem Kläger die Einsicht in die Steuerakten nicht etwa verwehrt. Das FG hat vielmehr unter dem 21. April 1994 ausdrücklich mitgeteilt, daß die Steuerakten dem Gericht nicht vorlägen und daß der Kläger sich zwecks Akteneinsicht mit dem FA in Verbindung setzen könne. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß das FG die Steuerakten zunächst vom FA an fordert, um diese sodann -- wie es mit den FG-Akten geschehen ist -- dem FA A zur Gewährung der Akteneinsicht durch den Prozeßbevollmächtigten des Klägers zuzusenden. Das FG hat den Kläger auf ein prozeßökonomisch sinnvolles Verfahren hingewiesen, nämlich die Akteneinsicht mit dem Beklagten direkt abzusprechen. Wenn auch in der Abgabenordnung ein allgemeines Akteneinsichtsrecht nicht geregelt ist, so kann das FA dennoch nach seinem Ermessen Akteneinsicht gewähren, was jedenfalls dann regelmäßig geschehen sollte, wenn Verhältnisse Dritter nicht berührt werden (s. auch Tipke/Kruse, Abgabenordnung, 15. Aufl., § 91 der Abgabenordnung Tz. 2). Daß der Kläger keinen Anspruch darauf hat, Akteneinsicht in den Räumen der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten zu nehmen, entspricht der Rechtsprechung des BFH (vgl. Beschluß in BFHE 133, 8, BStBl II 1981, 475).
Fundstellen