Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenvorstellung
Leitsatz (NV)
Die Gegenvorstellung gegen einen die Nichtzulassungsbeschwerde verwerfenden Beschluß hat jedenfalls dann keinen Erfolg, wenn bei der Entscheidung der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt worden ist.
Normenkette
FGO § 96 Abs. 2; GG Art. 103 Abs. 1
Tatbestand
Gegen "den Beschluß vom 2. 5. 1994 und die Kostenrechnung vom 13. 6. 1994" erhob der Steuerberater unter Hinweis auf seine Vertretungsbefugnis und ihm am 6. März und am 12. Juli 1991 für das finanzgerichtliche Verfahren erteilten Prozeßvollmachten "Beschwerde". Zu Unrecht seien das Finanz gericht (FG) und der erkennende Senat im angefochtenen Beschluß davon ausgegangen, diese Prozeßvollmachten seien wider rufen worden. Widerrufen sei nur das der Steuerberatungsgesellschaft X-GmbH allgemein erteilte Mandat zur steuerlichen Beratung, nicht dagegen die deren Geschäftsführer, ihm selbst, persönlich erteilte Prozeßvollmacht. Dies werde durch die -- hier in diesem Verfahren lediglich zum erneuten Nachweis vorgelegte -- Prozeßvollmacht der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vom 2. August 1994 dokumentiert.
Die Kläger beantragen, den Beschluß vom 2. Mai 1994 aufzuheben, die Kostenfestsetzung zurückzunehmen und über die Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
Der Senat geht aus Kostengründen zugunsten der Kläger davon aus, daß ihr Antrag, den Beschluß vom 2. Mai 1994 aufzuheben und über die Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden, nicht als -- ansonsten unzulässige -- Beschwerde und, weil die Kläger Wiederaufnahmegründe nicht geltend gemacht haben, nicht als Antrag auf Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens i. S. des § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. §§ 578 ff. der Zivilprozeßordnung -- ZPO -- (vgl. hierzu Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 29. Januar 1992 VIII K 4/91, BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252), sondern als Gegenvorstellung zu verstehen ist.
Die Gegenvorstellung der Kläger hat keinen Erfolg.
Gegen den angeführten Beschluß des Senats ist kein Rechtsbehelf oder Rechtsmittel gegeben. Die Aufhebung oder Änderung einer -- formell rechtskräftigen -- Entscheidung auf Gegenvorstellung ist nach der Rechtsprechung des BFH nicht möglich (z. B. Beschlüsse vom 19. Juni 1979 VII R 79--80/78, BFHE 128, 32, BStBl II 1979, 574; vom 1. Juli 1991 IV B 148/90, BFH/NV 1992, 48; vom 23. April 1991 VII B 74/90, BFH/NV 1992, 392 m. w. N.).
Das Bundesverfassungsgericht hält zwar ausnahmsweise eine Gegenvorstellung für statthaft, wenn das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 des Grundgesetzes -- GG --) verletzt oder gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) verstoßen wurde (Nachweise in BFH/NV 1992, 48 und 392). Der Senat kann offenlassen, ob er dieser Auffassung folgen könnte, denn diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Insbesondere beruht die Entscheidung nicht auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs. Der Steuerberater ist bereits mit Schreiben der Geschäftsstelle vom 22. Dezember 1993 darauf hingewiesen worden, daß die Kläger im Klageverfahren am 20. Mai 1992 neue Prozeßbevollmächtigte bestellt und gegenüber dem FG erklärt haben, das bisherige Mandatsverhältnis sei gekündigt worden. Unter wiederholtem Hinweis auf Zweifel am Fortbestand der bisherigen Vertretungsbefugnis hat der Vorsitzende des Senats dem Steuerberater am 17. Februar 1994 eine Ausschlußfrist zur Vorlage einer neuen Prozeßvollmacht für das Beschwerdeverfahren gesetzt und dabei auf die Folgen einer verspäteten Vollmachtsvorlage hingewiesen. Die Kläger hatten hiernach ausreichend Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen.
Der Antrag "die Kostenfestsetzung zurückzunehmen", ist, da die Kostenrechnung bereits zugegangen ist, als Antrag auf Nicht erhebung der Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung zu behandeln (vgl. BFH- Beschluß vom 31. Juli 1985 III E 1/85, BFH/NV 1986, 110 m. w. N.). Über den Antrag ist im Kostenansatzverfahren zu entscheiden; auch sind die Kläger durch die Kostenentscheidung nicht beschwert, denn die Kosten wurden dem Steuerberater auferlegt.
Im übrigen liegen die Voraussetzungen für einen Erlaß der Gerichtskosten wegen "unrichtiger Sachbehandlung" nicht vor: Das FG hat als Prozeßbevollmächtigte nur die späteren Prozeßbevollmächtigten angesehen, nachdem diese unter Hinweis auf die Kündigung des Mandats der X-GmbH und darauf, daß weder sie noch die Kläger hinreichend informiert seien, Akteneinsicht beantragt hatten. Da hiernach zumindest Zweifel am Fortbestand auch der früher einmal deren Geschäftsführer persönlich erteilten Prozeßvollmacht bestanden, mußten für das Beschwerdeverfahren, d. h. für einen neuen Verfahrensabschnitt, neue aktuelle Vollmachten angefordert werden. Nachdem weder innerhalb der Ausschlußfrist noch in der Zeit bis zur Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde neue Vollmachten für das Verfahren über die Nichtzulassung der Revision vorgelegt wurden, durften den Klägern aufgrund der alten Prozeßvollmachten die Kosten des Verfahrens nicht auferlegt werden. Die erst drei Monate nach Abschluß des Verfahrens vorgelegten Prozeßvollmachten können nicht, auch nicht mit Rücksicht auf die Verfahrenskosten, berücksichtigt werden.
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, da es dazu an einer gesetzlichen Regelung fehlt (vgl. BFH-Beschluß vom 17. Januar 1989 VII R 21/83, BFH/NV 1989, 531, insoweit nicht veröffentlicht).
Fundstellen
Haufe-Index 420489 |
BFH/NV 1995, 534 |