Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgelt von dritter Seite, Zuschuss
Leitsatz (NV)
Durch die Rechtsprechung ist bereits grundsätzlich geklärt, dass eine Zahlung ‐ auch von dritter Seite ‐ unabhängig von der Bezeichnung (Spende) zum Entgelt für eine Leistung des Zahlungsempfängers gehört, wenn sie mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang steht (hier: monatliche “Bauinvestitionsspenden” von Schülereltern als zusätzliches Mietentgelt an Schulverein als Gebäudeeigentümer für die Schulgebäudeüberlassung an den Schulverein).
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; UStG 1991 § 10 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG (Urteil vom 20.10.2005; Aktenzeichen 4 K 296/97) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) --ein als gemeinnützig anerkannter eingetragener Verein-- ist Eigentümer von Schulgebäuden, die er an den Schulverein W e.V. (W e.V.) vermietet. Mitglieder und Geschäftsführung des Klägers und des W e.V. waren grundsätzlich nicht personenidentisch, abgesehen von einem kurzen Zeitraum einer kommissarischen gemeinsamen Geschäftsführung. Der Kläger hat zur Umsatzsteuerpflicht optiert und die im Zusammenhang mit der Errichtung der Schulgebäude stehenden Vorsteuerbeträge geltend gemacht. Der Mietzins wurde auf Basis der Selbstkosten des Klägers berechnet, wobei die mit der Errichtung der Schulgebäude zusammenhängenden Fremdfinanzierungskosten nicht berücksichtigt wurden. Finanziert wurden die Schulgebäude durch Darlehen, die der Kläger aufnahm, durch öffentliche Baukostenzuschüsse sowie aus sog. monatlichen Investitionsspenden der Eltern von Schulkindern, die die Schule des W e.V. besuchten. Für die Bewilligung von Baukostenzuschüssen sah das Kultusministerium den Kläger und den W e.V., der als Träger der Schule eigentlich zuschussberechtigt gewesen wäre, als Einheit an und gewährte dem Kläger die Zuschüsse, obwohl er nicht Träger der Schule war.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erkannte zunächst die Vorsteuerüberschüsse erklärungsgemäß an und setzte die Umsatzsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) fest. Im Anschluss an eine Außenprüfung für die Jahre 1990 bis 1993 vertrat das FA die Auffassung, dass Gestaltungsmissbrauch gemäß § 42 AO vorliege, versagte den Vorsteuerabzug und setzte die Umsatzsteuer für die Jahre 1990 bis 1995 auf Null fest. Es --das FA-- folgte damit auch für die steuerliche Behandlung der Zuwendungen der sog. Einheitsbetrachtung des Kultusministeriums (für Zwecke des Baukostenzuschusses seien Schulverein und Förderverein --Kläger-- als Einheit zu betrachten: Zwischen dem Kläger und dem W e.V. bestehe ausweislich der Jahresabschlüsse ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang; der Kläger hafte für die intern vom W e.V. übernommenen Fremdmittel; zeitweise hätten der Kläger und der W e.V. denselben Geschäftsführer gehabt.
Die nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Steuerfestsetzungen führten für 1990 zu einer Erstattung, während für die Jahre 1991 bis 1995 vom FA z.T. erhebliche Nachforderungen geltend gemacht wurden. Gegen die geänderten Steuerbescheide 1992 bis 1995 legte der Kläger Einsprüche ein, über die vom FA noch nicht entschieden ist; gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1991 vom 21. Februar 1997 erhob der Kläger mit Zustimmung des FA Sprungklage.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage überwiegend statt: Es folgte nicht der Auffassung des FA, es liege Gestaltungsmissbrauch vor, und ließ demgemäß die Vorsteuerbeträge zum Abzug zu. Allerdings sah das FG in den monatlichen Bauinvestitionsspenden der Eltern von Schulkindern des W e.V. an den Kläger eine Entgeltzahlung von dritter Seite gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1991: Zwischen der Leistung des Unternehmers und der Zahlung des Dritten bestehe ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang; die Bauinvestitionsspenden seien zweckgebunden für die Schulgebäude durch die Eltern der Schulkinder gegeben worden und führten dazu, dass ohne diese Beträge die dem W e.V. für die erhöhten Baukosten in Rechnung zu stellende Kostenmiete höher ausgefallen wäre. Das FG erhöhte die Bemessungsgrundlage für die Mietumsätze des Klägers um den Betrag dieser Spenden und setzte die Umsatzsteuer für 1991 entsprechend fest; die Revision ließ das FG nicht zu.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde und macht grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie eine Abweichung des FG von den Rechtsprechungsgrundsätzen des Bundesfinanzhofs (BFH) geltend.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Der Kläger hat keine grundsätzliche Bedeutung der Sache dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BFH-Beschlüsse vom 10. Dezember 1997 II B 12/97, BFHE 184, 118, BStBl II 1998, 56; vom 2. April 1997 V B 26/96, BFHE 182, 430, BStBl II 1997, 443; vom 7. August 2002 I B 151/01, BFH/NV 2003, 60; vom 14. Dezember 2001 VII B 44/01, BFH/NV 2002, 655, 656). Dabei muss die grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf eine klärungsbedürftige Rechtsfrage, deren Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt, gegeben sein (BFH-Beschlüsse vom 16. Juli 1999 IX B 81/99, BFHE 189, 401, BStBl II 1999, 760; vom 21. April 1999 I B 99/98, BFHE 188, 372, BStBl II 2000, 254) und die Bedeutung der Sache darf sich nicht in der Entscheidung des konkreten Einzelfalls erschöpfen, sondern muss eine Vielzahl gleichartiger Fälle betreffen (BFH-Beschluss vom 17. Mai 2002 V B 158/01, BFH/NV 2002, 1350).
Eine grundsätzliche Bedeutung kommt der Sache danach nicht zu, weil die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Entgeltzahlung von dritter Seite geklärt ist; dabei kommt es auf die Bezeichnung der Zahlung (hier: "Spende") nicht an (zur Bezeichnung als "Schadensersatz" vgl. BFH-Urteil vom 16. Januar 2003 V R 36/01, BFH/NV 2003, 667).
Eine Zahlung/Aufwendung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) wie der des BFH grundsätzlich (nur) dann Entgelt/Gegenleistung für eine bestimmte Leistung, wenn sie "für die Leistung" bzw. "für diese Umsätze" gewährt wird bzw. der Leistende sie hierfür erhält. Entscheidend ist, dass zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden und zwischen der erbrachten Leistung und dem hierfür erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (vgl. EuGH-Urteile vom 3. März 1994 Rs. C-16/93, Tolsma, Slg. 1994, 743, 753; vom 15. Mai 2001 Rs. C-34/99, Primback Ltd., Slg. 2001, 3833, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2001, 308, m.w.N.). Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zahlung eines Dritten für eine bestimmte Leistung des Leistenden gewährt wird (BFH-Urteil vom 19. Oktober 2001 V R 48/00, BFHE 196, 376, BFH/NV 2002, 146, m.w.N.). Keine Zahlung eines Dritten i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG liegt allerdings vor, wenn lediglich ein Dritter --z.B. als Schuldner einer erfüllungshalber abgetretenen Forderung-- in den Zahlungsvorgang des Leistungsempfängers einbezogen ist.
Nach diesen Grundsätzen lässt sich im Einzelfall entscheiden, ob eine Zahlung Entgelt für eine konkrete Leistung darstellt oder nicht. Ob dabei die Zahlung von dritter Seite im Einzelfall auf eine gegenwärtige oder zukünftige Verwendung abzielt, ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil es dabei allenfalls um die Entscheidung eines konkreten Einzelfalls geht. Außerdem hat das FG in tatsächlicher Hinsicht --für den BFH bindend (§ 118 Abs. 2 FGO)-- einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Bauinvestitionsspenden und der Nutzungsüberlassung des Schulgebäudes angenommen, weil andernfalls die Miete und damit die insgesamt zu deckenden Kosten für den W e.V. wegen der erhöhten Baukosten höher ausgefallen wären. Ob diese Würdigung zutreffend ist, mag dahinstehen. Unzutreffende Anwendung von Auslegungsgrundsätzen führen nicht zum Vorliegen "grundsätzlicher Bedeutung".
2. Die Revision kann auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen werden.
Im Streitfall fehlt es bereits an der Herausarbeitung eines bestimmten abstrakten und entscheidungserheblichen Rechtssatzes aus der angegriffenen FG-Entscheidung, der von einem Rechtssatz der o.g. Rechtsprechung abweicht, wie dies zur Darlegung einer Divergenz erforderlich ist (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 14. Oktober 2003 X B 26/03, BFH/NV 2004, 82).
Außerdem liegt die gerügte Divergenz der angefochtenen FG-Entscheidung zu den vom Kläger zitierten BFH-Entscheidungen und der o.g. Rechtsprechung von EuGH und BFH nicht vor, weil das FG erkennbar von diesen Grundsätzen ausgegangen ist (S. 23 des FG-Urteils). Ob das FG die Grundsätze im Einzelfall richtig angewendet hat, spielt im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde keine Rolle, weil die Entscheidung jedenfalls nicht offensichtlich oder "greifbar" gesetzeswidrig ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 68 ff.).
3. Da nur der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde erhoben hat, kommt es auf die Frage nicht an, ob das FG-Urteil von der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Halifax (Urteil vom 21. Februar 2006 Rs. C-255/02, BFH/NV Beilage 2006, 260, Deutsches Steuerrecht 2006, 420, UR 2006, 232) und der nachfolgenden Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 9. November 2006 V R 43/04, UR 2007, 111) abweicht und Gestaltungsmissbrauch anzunehmen wäre.
Fundstellen