Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Ein gesundes Kleinkind ist nicht körperlich hilflos im Sinne des § 33 a Abs. 3 Ziff. 3 EStG 1955.
Normenkette
EStG § 33a/3/3; EStG § 33a/3/4; LStDV § 25a/3/3; LStDV § 25a/3/4
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beschwerdeführer (Bf.), der verwitwet ist, für 1955 eine Ermäßigung gemäß § 33 a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1955 beanspruchen kann wegen der Beschäftigung einer Hausgehilfin, die er zur Betreuung seines etwa drei Jahre alten Kindes benötigt. Das Finanzamt hat dies verneint. Einspruch und Berufung hiergegen hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht führte aus: Der Gesetzgeber habe in § 33 a Abs. 3 EStG 1955 eine Reihe von Tatbeständen geregelt, bei denen die Zwangsläufigkeit und die Außergewöhnlichkeit der Belastung ohne weitere Prüfung zu unterstellen seien. Hiernach sei u. a. ein Betrag von 720 DM wegen Beschäftigung einer Hausgehilfin abzuziehen, wenn der Steuerpflichtige, sein Ehegatte, ein zum Haushalt gehörendes Kind oder eine von ihm unterhaltene Person nicht nur vorübergehend körperlich hilflos oder schwer körperbeschädigt sei. Gehöre ein Kleinkind, das weder körperbeschädigt noch krank sei, zum Haushalt, so könne diese in § 33 a Abs. 3 Ziff. 3 EStG 1955 vorgesehene Steuerermäßigung nicht zugestanden werden; denn Hilflosigkeit im Sinne dieser Vorschrift liege bei einem gesunden Kleinkind nicht vor. Würde man dies bejahen, so wäre damit die für § 33 a EStG 1955 typische Begünstigung von außergewöhnlichen Tatbeständen beseitigt; denn dann wäre jeder Haushalt mit einem Kleinkind nach Ziff. 3 begünstigt. Daß dies vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sei, zeige eindeutig die änderung des § 33 a EStG 1955, die durch Art. 1 Ziff. 10 b des Gesetzes vom 5. Oktober 1956 (Bundesgesetzblatt - BGBl - 1956 I S. 781) vorgenommen worden sei. Nach dieser Gesetzesänderung stehe der Freibetrag für eine Hausgehilfin einem verheirateten Steuerpflichtigen mit zwei Kindern unter 18 Jahren zu, wenn er von seiner Ehefrau nicht dauernd getrennt lebe und beide Ehegatten erwerbstätig seien, sowie einem Unverheirateten, wenn er erwerbstätig sei. Hieraus ergebe sich eindeutig, daß einem alleinstehenden Steuerpflichtigen mit nur einem gesunden Kind unter 18 Jahren der Freibetrag von 720 DM bei Beschäftigung einer Hausgehilfin nicht gewährt werden könne.
Der Bf. wiederholt mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) seinen Antrag auf Gewährung des Freibetrages von 720 DM gemäß § 33 a Abs. 3 Ziff. 3 EStG 1955. Ein Kleinkind sei hilflos. Wenn die Mutter die Betreuung übernehmen könne, sei eine Hausgehilfin nicht notwendig. Er selbst sei als Alleinstehender jedoch gezwungen, hierzu eine Hausgehilfin zu halten. Diese Zwangslage in Verbindung mit der körperlichen Hilflosigkeit seines Kindes rechtfertige die in § 33 a Abs. 3 EStG 1955 vorgesehene Steuerermäßigung.
Entscheidungsgründe
Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Rb. ist nicht begründet.
Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung von Steuern (Deutscher Bundestag, 2. Wahlperiode 1953, Bundestags-Drucksache Nr. 481) sah in dem neu eingeführten § 33 a EStG 1955 in Erweiterung der Anordnung in Abschn. 152 Abs. 1 Ziff. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien 1953 (Abschn. 41 Abs. 1 Ziff. 2 der Lohnsteuer-Richtlinien 1954) in Abs. 3 Ziff. 1 einen Abzug von Aufwendungen durch die Beschäftigung einer Hausgehilfin vor, wenn "zum Haushalt des erwerbstätigen Steuerpflichtigen, der unverheiratet ist oder von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebt, mindestens ein Kind gehört, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat". Diese Bestimmung ist bereits nach den Beschlüssen des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) in der Regierungsvorlage gestrichen worden, weil der Ausschuß diesen Tatbestand nicht als begünstigungsfähig anerkannt hat (schriftlicher Bericht des 19. Ausschusses, Deutscher Bundestag, 2. Wahlperiode 1953, Bundestags-Drucksache Nr. 961 S. 12 zu Ziff. 11 c, und die Zusammenstellung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung von Steuern, Bundestags-Drucksache Nr. 481, mit den Beschlüssen des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen, Bundestags-Drucksache Nr. 961 S. 17 - 37 - ). Die Gesetz gewordene Regelung sieht in § 33 a Abs. 3 Ziff. 3 EStG 1955 eine Vergünstigung bei Beschäftigung einer Hausgehilfin u. a. nur vor, wenn der Steuerpflichtige oder sein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte oder ein zum Haushalt gehörendes Kind nicht nur vorübergehend körperlich hilflos ist. Aus der Streichung der in der Regierungsvorlage vorgesehenen Begünstigung für einen erwerbstätigen Steuerpflichtigen mit einem Kind ergibt sich, daß ein alleinstehender erwerbstätiger Steuerpflichtiger mit nur einem Kleinkind nicht begünstigt werden soll. Hierfür spricht auch - wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat - die durch das Gesetz vom 5. Oktober 1956 (BGBl 1956 I S. 781) erfolgte änderung des § 33 a EStG 1955. Es geht daher nicht an, ein gesundes Kleinkind als "nicht nur vorübergehend hilflos" im Sinne des § 33 a Abs. 3 Ziff. 3 EStG 1955 anzusehen. Diese Bestimmung kann sich nach der Systematik des § 33 a EStG 1955 und auch nach ihrem Sinn und Zweck nur auf Personen beziehen, die infolge Krankheit oder hohen Alters körperlich hilflos sind. Da die Einwendungen des Bf. gegen das Urteil des Finanzgerichts mithin nicht begründet sind, kann die Rb. keinen Erfolg haben. Sie ist als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409147 |
BStBl III 1958, 377 |
BFHE 1959, 271 |
BFHE 67, 271 |