Leitsatz (amtlich)
Wenn nach dem Gesetz der Bewerber um die Zulassung zur Steuerberaterprüfung u. a. drei Jahre lang auf dem Gebiet des Steuerwesens bei einer nach § 107a AO zur Hilfeleistung in Steuersachen befugten Person oder Gesellschaft hauptberuflich praktisch tätig gewesen sein muß, ist das dahin zu verstehen, daß er im Rahmen dieser Tätigkeit auch wirklich in nennenswertem Umfang Hilfe in Steuersachen geleistet haben muß.
Normenkette
StBerG § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 3; AO § 107a Abs. 2 Nr. 5
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger die in § 5 Abs. 1 Nr. 2 StBerG für die Zulassung zur Prüfung als Steuerberater vorgeschriebene Voraussetzung erfüllt, nämlich ob er drei Jahre lang auf dem Gebiet des Steuerwesens bei einer Person oder Gesellschaft, die nach § 107a AO zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, hauptberuflich praktisch tätig gewesen ist.
Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat der im Mai 1925 geborene Kläger von 1931 bis 1939 die Volksschule besucht. Anschließend ist er in eine kaufmännische Lehre eingetreten. Nach Abschluß der Lehre wurde er in der Betriebsabrechnungs-Abteilung der Lehrfirma bis zu seiner Einberufung zum Militärdienst als Angestellter beschäftigt.
Ab Frühjahr 1947 besuchte der Kläger eine Oberrealschule und legte dort die Reifeprüfung ab. Anschließend studierte er Philosophie und Volkswirtschaft und bestand 1952 die Diplom-Volkswirte-Prüfung an der Universität. Sodann trat er in eine Spinnweberei in ... als kaufmännischer Angestellter ein, wo er bereits als Werkstudent gearbeitet hatte. 1954 übernahm er die Leitung der Firmenfinanzabteilung.
Im Juni 1956 ging er nach ... zur Eisengroßhandlung ... wo er bis zum Jahresende als Leiter der Buchhaltung und Handlungsbevollmächtigter, dann auch als Prokurist, später bis Ende 1965 als stellvertretender Geschäftsführer arbeitete.
Am 19. Mai 1967 beantragte der Kläger beim Finanzministerium ... die Zulassung zur Prüfung als Steuerberater für das Jahr 1967. Der Zulassungsausschuß für Steuerberater bei dem Beklagten beschloß am 30. Juni 1967, dem Antrag nicht stattzugeben, weil der Nachweis einer Tätigkeit von drei Jahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 StBerG nicht erbracht sei. Die Tätigkeit bei der Firma ... könne nicht berücksichtigt werden, weil diese Firma nicht zu dem in § 5 Abs. 1 Nr. 2 StBerG umrissenen Personenkreis gehöre.
Die Klage führte zur Aufhebung der Verfügung des Beklagten vom 11. Juli 1967, mit welcher dem Kläger der Beschluß des Zulassungsausschusses mitgeteilt worden war, und zur Verpflichtung des Zulassungsausschusses, den Kläger zur Steuerberaterprüfung zuzulassen.
Mit seiner Revision beantragt der Beklagte, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird vorgetragen, das FG habe übersehen, daß der Kläger zwar als Leiter der Geschäftsbuchhaltung die für das Steuerwesen verantwortliche Persönlichkeit der ... gewesen sein möge, daß aber nicht erwiesen sei, daß er für die Bearbeitung zuständig und damit steuerlich umfassend praktisch tätig gewesen sei. Der Kläger sei gleichzeitig nacheinander Handlungsbevollmächtigter, Prokurist und Geschäftsführer gewesen, deren Tätigkeiten erfahrungsgemäß mehr auf anderen Gebieten als auf dem des Steuerwesens lägen, was die Beweisaufnahme auch für den vorliegenden Fall bestätigt habe. Es fehle also an der hauptberuflichen steuerlichen Tätigkeit. Der Kläger habe zwar die Möglichkeit gehabt, für die Kunden der Firma steuerlich tätig zu sein, es sei aber nicht erwiesen, daß er dies tatsächlich in nennenswertem Umfang getan habe. Die von dem Zeugen angesprochene Tätigkeit sei nach § 107a Abs. 2 Nr. 5 AO ebenso unzulässig gewesen wie die "routinemäßigen Beratungen der Kunden, insbesondere auf dem Gebiet der Umsatzsteuer", weil sie sich nicht auf die Geschäfte mit der Firma bezogen bzw. in unmittelbarem Zusammenhang damit gestanden hätten. Wie schon der Hinweis auf die Umsatzsteuer zeige, die nicht beim Kunden, sondern bei der Lieferfirma angefallen sei, könne es sich nur um steuerliche Auswirkungen für an die Lieferungen der Firma anschließende Maßnahmen und Geschäftsvorfälle gehandelt haben, die durch § 107a Abs. 2 Nr. 5 AO als weitere Steuertatbestände nicht umfaßt würden.
Während der Tätigkeit des Klägers in der Finanz- und Rechtsabteilung der ... von 1952 bis 1956 sei eine hauptberufliche Beschäftigung auf dem Gebiet des Steuerwesens nicht dargetan worden. Die Tätigkeit als Steuerbevollmächtigter seit 1967 reiche zeitlich nicht aus.
Es fehle sonach im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 StBerG an der hauptberuflichen, d. h. überwiegenden Tätigkeit des Klägers auf dem Gebiet des Steuerwesens während dreier Jahre überhaupt und auch an einer in nennenswertem Umfang ausgeübten zulässigen Hilfeleistung in Steuersachen für Kunden während dieser Zeit.
Der Kläger hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 StBerG ist ein Bewerber zur Prüfung als Steuerberater zuzulassen, wenn er nach Abschluß des Studiums im Sinne der Nr. 1 (a. a. O.) drei Jahre lang auf dem Gebiet des Steuerwesens bei einer Person oder Gesellschaft, die nach § 107a AO zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, hauptberuflich praktisch tätig gewesen ist. Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind gemäß § 107a Abs. 2 AO auch Unternehmer befugt, die ein Handelsgewerbe betreiben, soweit sie in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft, das zu ihrem Handelsgewerbe gehört, ihren Kunden Hilfe in Steuersachen leisten.
Das FG hat die Auffassung vertreten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 StBerG könne nur gefordert werden, daß der Bewerber hauptberuflich bei einer zur Hilfeleistung in Steuersachen nach § 107a AO befugten Person oder Gesellschaft auf dem Gebiet des Steuerwesens drei Jahre lang praktisch in der Weise tätig geworden ist, daß er für die Firma - als deren Erfüllungsgehilfe - aufgrund der mit der Firma getroffenen Vereinbarungen verpflichtet war, die in der entsprechenden Branche vorkommenden Hilfeleistungen in Steuersachen für Kunden auszuführen. Dabei komme es auf den Umfang und den Schwierigkeitsgrad der tatsächlichen Hilfeleistungen in Steuersachen für Kunden nicht an, solange im übrigen die Tätigkeit des Bewerbers im vorstehenden Sinn als hauptberuflich auf dem Gebiet des Steuerwesens bezeichnet werden könne.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Schon aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 2 StBerG, nämlich, daß der Bewerber hauptberuflich "praktisch" bei einer nach § 107a AO zur Hilfeleistung in Steuersachen befugten Person oder Gesellschaft tätig gewesen sein muß, schließt der Senat das Erfordernis, daß der Bewerber bei dieser Person oder Gesellschaft auch in nennenswertem Umfang Hilfe in Steuersachen geleistet hat. Auf den Streitfall bezogen, in welchem der Kläger bei einer Gesellschaft im Sinne des § 107a Nr. 5 AO hauptberuflich tätig gewesen ist, bedeutet dies, daß er in nennenswertem Umfange den Kunden der Firma ... Hilfe in Steuersachen geleistet haben muß, soweit diese unmittelbar mit Geschäften, die zum Handelsgewerbe der Firma gehörten, zusammenhing. Es könnte also nicht genügen, daß der Kläger hauptsächlich die Steuerangelegenheiten der Firma bearbeitet und nur in unbedeutendem Umfang den Kunden der Firma Hilfe in Steuersachen geleistet hätte.
Die Auffassung des Senats wird gestützt durch einen Vergleich der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 2 StBerG mit § 6 Abs. 1 Nr. 3 dieses Gesetzes, der für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung nur vorschreibt, daß der Bewerber vier Jahre lang auf dem Gebiet des Steuerwesens hauptberuflich tätig gewesen ist. Ein Bewerber für die Steuerbevollmächtigtenprüfung kann also auch bei einer Person oder einem Unternehmen tätig gewesen sein, die nicht die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Sinne des § 107a AO besitzen. Daher kann, wenn der Bewerber für die Steuerberaterprüfung bei einem zur Hilfeleistung in Steuersachen befugten Arbeitgeber tätig gewesen sein muß, daraus nur gefolgert werden, daß von dem Bewerber für die Steuerberaterprüfung auch eine mit dieser Befugnis gemäß § 107a AO zusammenhängende steuerliche Tätigkeit verlangt wird. Wenn demnach das Gesetz an die Ausbildung der Steuerberater höhere Anforderungen stellt, so erscheint das deshalb gerechtfertigt, weil auch die Anforderungen der Steuerberaterprüfung gegenüber den Anforderungen für die Steuerbevollmächtigtenprüfung größer sind. Sieht es aber das Gesetz für erforderlich an, daß der Bewerber für die Steuerberaterprüfung sich schon während der Ausbildungszeit praktisch auf dem Gebiet der Hilfeleistung in Steuersachen übt, so kann sinnvollerweise nur eine Hilfeleistung in größerem Umfange gemeint sein.
Da die Vorentscheidung auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, war sie aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache war an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Diese wird festzustellen haben, ob der Kläger, der nach Angabe des Beklagten nacheinander Handlungsbevollmächtigter, Prokurist und Geschäftsführer der Firma ... gewesen ist, hauptberuflich auf dem Gebiet des Steuerwesens tätig war und dabei in nennenswertem Umfang Hilfe in Steuersachen für Kunden geleistet hat, wobei außerhalb des Rahmens des § 107a Abs. 2 Nr. 5 AO liegende, also unzulässige Hilfeleistungen außer Betracht zu bleiben haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 140 Abs. 3 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 69016 |
BStBl II 1970, 504 |
BFHE 1970, 1 |