Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß eine Tätigkeit als Arbeitnehmer mit dem Beruf des Steuerberaters nur in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen vereinbar ist und daß es sich dabei um eine abschließende Aufzählung handelt.
Orientierungssatz
Die Regelung im StBerG, wonach jede Arbeitnehmertätigkeit mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbar ist, wenn sie nicht unter eine der gesetzlichen Ausnahmeregelungen fällt, verstößt nicht gegen die Art. 12 Abs. 1 und 3 Abs. 1 GG (BVerfG; BFH). Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liegt auch wegen der unterschiedlichen Regelung der Arbeitnehmertätigkeit für Rechtsanwälte in § 46 BRAO nicht vor. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, daß zwischen der Berufsausübung eines Rechtsanwalts und der eines Steuerberaters im allgemeinen wesentliche Unterschiede bestehen, die unterschiedliche Regelungen nicht als willkürlich erscheinen lassen. Hier: Arbeitnehmertätigkeit im Lektorat eines steuerrechtlichen Verlags unvereinbar mit dem Beruf eines Steuerberaters.
Normenkette
StBerG § 57 Abs. 4 Nr. 2 Fassung: 1975-11-04, § 58 Fassung: 1975-11-04; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; BRAO § 46 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Arbeitnehmer im Lektorat eines steuerrechtlichen Verlages tätig. Im Jahre 1984 bestand er die Steuerberaterprüfung. Er beantragte daraufhin beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Senator für Finanzen --SenFin--) die Bestellung zum Steuerberater und teilte auf Nachfrage mit, daß er die Tätigkeit als Arbeitnehmer im Lektorat weiterhin ausüben werde. Mit Bescheid vom 9.Oktober 1984 lehnte der SenFin die Bestellung zum Steuerberater ab.
Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Dem Kläger ist die Bestellung zum Steuerberater zu Recht versagt worden (§ 34 Abs.3 Nr.2 DVStB, § 57 Abs.4 Nr.2 StBerG).
Der erkennende Senat teilt die Auffassung des SenFin und des FG, daß die Arbeitnehmertätigkeit eines Lektors bei einem gewerblichen Verlag mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbar ist. Er hat bereits durch Urteil vom 1.März 1977 VII R 71/76 (BFHE 122, 210, BStBl II 1977, 445) entschieden, daß jede Arbeitnehmertätigkeit mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbar ist, wenn sie nicht unter eine der Ausnahmeregelungen der §§ 58 und 59 StBerG fällt. Wegen der Begründung nimmt der Senat auf diese Entscheidung und auf sein Urteil vom 5.September 1978 VII R 50/75 (BFHE 126, 346, BStBl II 1979, 202) Bezug. Auch nach Ergänzung des § 57 Abs.4 Nr.2 StBerG um den Ausnahmefall des Abs.3 Nr.4 und des § 58 Abs.2 StBerG um die Nrn.5 und 6 durch Art.9 des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze vom 18.August 1980 (BGBl I 1980, 1537, 1543) hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, daß eine Tätigkeit als Angestellter für einen Steuerberater nur in den gesetzlich normierten Ausnahmefällen möglich ist und es sich hierbei um eine abschließende Aufzählung handelt.
Der Ausnahmecharakter der in das StBerG aufgenommenen für einen Steuerberater zulässigen Arbeitnehmertätigkeiten ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut des § 57 Abs.4 Nr.2 StBerG, wonach (nunmehr) eine Tätigkeit als Arbeitnehmer mit dem Beruf des Steuerberaters nicht vereinbar ist "mit Ausnahme der Fälle des Abs.3 Nr.4 sowie der §§ 58, 59" StBerG. Hierdurch hat der Gesetzgeber --in Kenntnis der bisherigen Rechtsprechung des Senats erneut-- zu erkennen gegeben, daß er eine abschließende Regelung treffen wollte.
An der grundsätzlichen Unvereinbarkeit der Arbeitnehmertätigkeit mit dem Beruf des Steuerberaters hat --entgegen der Ansicht des Klägers-- die Einfügung der Nrn.5 und 6 in § 58 Abs.2 StBerG nichts geändert. Nach der Begründung der Bundesregierung (BTDrucks 8/3688 S.24) dient Nummer 5 lediglich der Klarstellung in dem Sinne, daß es für die Vereinbarkeit bestimmter Arbeitsverhältnisse mit dem Beruf eines Steuerberaters nicht darauf ankommt, ob die der Berufsausübung dienende Einrichtung (z.B. EDV-Anlage), in der der betreffende Berufsangehörige tätig ist, von einem einzelnen oder von einer Mehrheit von Berufsangehörigen unterhalten wird. Nummer 6 ergänzt die Regelungen des StBerG über die Mitarbeit von Berufsangehörigen in den Organisationen der beruflichen Selbstverwaltung.
Mit den in § 58 Abs.2 Nrn.5 und 6 StBerG ausdrücklich normierten Ausnahmefällen, die sich in die bisherigen Regelungen des § 58 Abs.2 StBerG --steuerliche Beratungstätigkeit im Angestelltenverhältnis zu den zur Hilfeleistung in Steuersachen befugten Personen und Einrichtungen-- einpassen, kann die Tätigkeit des Klägers im Lektorat eines gewerblichen Verlages auch dann nicht gleichgestellt werden, wenn sie ausschließlich steuerrechtlicher Natur ist. Eine Gesetzesauslegung nach der Auffassung des Klägers, nach welcher ein Steuerberater jede Arbeitnehmertätigkeit ausüben dürfte, wenn nur die bei Arbeitnehmern allgemein übliche zeitliche und örtliche Unabhängigkeit gewährleistet und die Tätigkeit mit dem Ansehen des Steuerberaterberufs vereinbar ist, würde die Inkompatibilitätsregelung der §§ 57 Abs.4 Nr.2, 58, 59 StBerG in ihr Gegenteil verkehren. Der Senat hat in seiner Entscheidung in BFHE 126, 346, BStBl II 1979, 202 gerade darauf abgestellt, daß i.d.R. die mit einem Arbeitsverhältnis verbundene zeitliche und örtliche Bindung des Arbeitnehmers der vom Gesetz (§ 57 Abs.1 StBerG) gebotenen Unabhängigkeit der Berufsausübung des Steuerberaters entgegensteht und deshalb --abgesehen von den aus besonderen Gründen normierten Ausnahmefällen-- beide Tätigkeiten nicht zu vereinbaren sind.
Die vorstehende Auslegung der Inkompatibilitätsregelung im StBerG verstößt nicht gegen die Art.12 Abs.1 und 3 Abs.1 GG. Der Senat verweist insoweit auf die Beschlüsse des BVerfG vom 15.Februar 1967 1 BvR 569, 589/62 (BVerfGE 21, 173) und vom 25.Juli 1967 1 BvR 585/62 (BVerfGE 22, 275) und auf sein Urteil in BFHE 126, 346, BStBl II 1979, 202. Die vorgenannten Entscheidungen sind zwar zur Regelung der Inkompatibilität zwischen dem Beruf des Steuerberaters (Steuerbevollmächtigten) und Angestelltentätigkeiten nach dem StBerG 1961 (§§ 22 Abs.4, 23) ergangen. Da diese aber in dem hier maßgeblichen Sinne mit den Regelungen der §§ 57 Abs.4 Nr.2, 58, 59 StBerG 1975 übereinstimmen und auch die Ergänzung des § 58 Abs.2 StBerG 1975 durch das Steuervereinfachungsgesetz 1980 --wie ausgeführt-- am Regel-Ausnahme-Prinzip der Unvereinbarkeit keine Änderung erbracht hat, kann wegen der verfassungsrechtlichen Einwendungen des Klägers auf die Begründung der angeführten Entscheidungen Bezug genommen werden.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, daß der Gesetzgeber im Rahmen seiner Typisierungskompetenz berechtigt ist, auch Inkompatibilitäten zwischen verschiedenen Berufen festzulegen (vgl. Scholz in Maunz/Dürig/Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Art.12, Rdnr.279, m.w.N.). Das Verbot ist für den Kläger als neu in den Beruf eintretenden Steuerberater nicht unzumutbar, weil dieser die Inkompatibilität kannte und sie bei seiner Berufswahl berücksichtigen konnte (vgl. BVerfGE 21, 173, 182).
Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art.3 Abs.1 GG) liegt wegen der unterschiedlichen Regelung der Arbeitnehmertätigkeit für Rechtsanwälte in § 46 BRAO nicht vor. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, daß zwischen der Berufsausübung eines Rechtsanwalts und der eines Steuerberaters im allgemeinen wesentliche Unterschiede bestehen, die --wie der Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 126, 346, 353, BStBl II 1979, 202, 206 ausgeführt hat-- unterschiedliche Regelungen nicht als willkürlich erscheinen lassen. Auch hier ist der Gesetzgeber befugt, von der Besonderheit gleichliegender Verhältnisse im Einzelfall abzusehen und typisierende Regelungen zu erlassen.
Fundstellen
Haufe-Index 61616 |
BStBl II 1987, 790 |
BFHE 150, 272 |
BFHE 1987, 272 |
DB 1987, 2622-2622 (ST) |
DStR 1987, 706-706 (ST) |
HFR 1987, 622-622 (ST) |