Leitsatz (amtlich)
Gegenstand der Schenkung kann ein Grundstück mit reparierten Gebäuden sein, wenn der Beschenkte eine Geldsumme mit der "Auflage" erhält, dieses Geld nur für den Kauf eines (bestimmten) Grundstückes und die bestimmte Reparatur der aufstehenden Gebäude zu verwenden.
Normenkette
ErbStG 1974 § 7 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
I. 1. Der Vater der Klägerinnen erklärte 1979 in notariell beglaubigter Form, er schenke seinen Kindern (den Klägerinnen) X DM "zu gleichen Teilen mit der Auflage, daß dieser Betrag nur für den Erwerb des Grundstückes ... (Kaufpreis, Gebühren und Steuern) sowie für die ordnungsgemäße Herstellung der auf dem Werksgrundstück aufstehenden Gebäude zum Zwecke der Vermietung verwandt werden darf".
Zuvor hatten die damals sämtlich minderjährigen Klägerinnen --gesetzlich vertreten durch ihre Eltern-- mit notariell beurkundetem Vertrag vom selben Tag zu je 1/3 Anteil das vorgenannte bebaute Grundstück für Y DM gekauft. Die Auflassung war erklärt und die Umschreibung des Grundstückes im Grundbuch beantragt und bewilligt worden.
Nach Abschluß des Kaufvertrages reparierte ein Unternehmen die aufstehenden Gebäude für insgesamt Z DM. Die Rechnungen adressierte es an die "Geschwister S". Die Reparaturen hatten keine Wertfortschreibung des Einheitswertes des Grundstückes zur Folge.
2. Das beklagte Finanzamt (FA) setzte gegen die Klägerinnen Schenkungsteuer fest. Es vertrat die Ansicht, den Klägerinnen sei vom ihrem Vater das Grundstück sowie in Bargeld der Rest der X DM geschenkt worden, der für den Grundstückserwerb nicht benötigt wurde.
3. Mit ihrer Klage begehrten die Klägerinnen, die Steuer nach einem niedrigeren Schenkungswert zu berechnen. Die vom FA errechnete Bargeldzuwendung müsse um die entstandenen Reparaturkosten in Höhe von Z DM gekürzt werden. Insoweit sei die Bewertung der Schenkung schon durch den Ansatz des (auf 140 % erhöhten) Grundstückseinheitswertes abgegolten; denn ihr (der Klägerinnen) Vater habe ihnen den funktionsfähigen Grundbesitz --also mit reparierten Gebäuden-- schenken wollen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Mit der Revision verfolgen die Klägerinnen weiterhin ihr Klageziel.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerinnen führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Nach Ansicht des FG kann dem Schenkungsversprechen des Vaters nur entnommen werden, er habe den Klägerinnen Geld unter der Auflage schenken wollen, daß die Klägerinnen nach dem Grundstückserwerb die Gebäude ordnungsgemäß herzustellen hätten.
Dieser Auffassung schließt sich der Senat nicht an. Zwar heißt es in der Erklärung, das Geld werde mit der "Auflage" einer Verwendung für Grundstückskauf und ordnungsgemäßer Herstellung der Gebäude geschenkt. Die weitere Formulierung, daß das Geld "nur" für die genannten Zwecke "verwandt werden darf", läßt jedoch erkennen, daß mehr als eine bloße Auflage gemeint war. Die Klägerinnen sollten über das Geld, soweit es für die genannten Zwecke benötigt wurde, nicht frei verfügen können. Die Schenkungserklärung und der Grundstückskaufvertrag waren ein einheitliches Rechtsgeschäft. Geschenkt war das Grundstück, und zwar mit funktionsfähigen, d.h. reparierten Gebäuden (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6.März 1985 II R 19/84, BFHE 143, 291, BStBl II 1985, 382). Die Barzuwendung beschränkt sich somit auf den Betrag, der von den X DM nach Erwerb des Grundstückes und Reparatur der Gebäude verblieb.
§ 10 Abs.9 ErbStG 1974 verbietet nicht diese Auslegung der Schenkungserklärung und des Grundstückskaufvertrages. Zwar läßt nach Ansicht des FG diese Vorschrift darauf schließen, "daß bei einer Geldhingabe unter Auflage, die eigenen Sachen in ordnungsgemäßen Zustand zu bringen, dies sich nicht insoweit zu einem Vorteil für den Beschenkten verwandeln darf, als jetzt statt des Geldwertes ein Grundstückswert anzusetzen ist". Jedoch ist zu berücksichtigen, daß die Vorschrift nur die Bewertung einer Zuwendung regelt, nicht aber die bürgerlich- rechtliche Vorfrage nach dem Gegenstand der Zuwendung. Sie greift demnach nicht ein, wenn --wie im vorliegenden Fall-- eine vermeintliche "Auflage" trotz ihrer Bezeichnung keine Auflage im rechtlichen Sinne (des § 525 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) ist, sondern den Gegenstand der Schenkung bestimmt.
Entgegen der Auffassung des FA ist es auch unerheblich, daß die von den Klägerinnen nach dem Grundstückskauf aufzuwendenden finanziellen Mittel für die Erhaltung der auf dem Grundstück stehenden Gebäude und nicht für deren Bau oder Fertigstellung notwendig waren. Können die Beteiligten einer Schenkung deren Gegenstand bestimmen und damit ein vom Beschenkten mit Mitteln des Schenkers zu erwerbendes und zu veränderndes Grundstück zum Schenkungsgegenstand machen, so ist gleichgültig, wie diese Veränderung des Grundstückes vor sich geht. Sie kann durch den Neubau eines Hauses (mit oder ohne Abriß eines Altbaues), den Umbau eines bereits vorhandenen Gebäudes oder durch dessen Reparatur geschehen. Allen drei Fällen ist gemeinsam, daß die vom Schenker zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel zweckgebunden sind und vom Beschenkten nur verwendet werden dürfen, um das Grundstück zu erwerben und in den bestimmungsgemäßen Zustand zu versetzen. Für die (schon begrifflich schwierige) Unterscheidung zwischen Umbau und Reparatur des aufstehenden Hauses gibt es hier keine Rechtfertigung. Noch weniger wäre einzusehen, weshalb bei einem Widerruf der Schenkung gemäß § 530 BGB der Schenker Anspruch auf Rückgabe des Grundstückes in dem Zustand vor der Reparatur des Gebäudes und eines Geldbetrages in Höhe der Reparaturkosten haben sollte.
Voraussetzung für die Annahme, daß in Höhe der Grundstücksbeschaffungskosten zuzüglich der Kosten für die Instandsetzung des Gebäudes eine einheitliche mittelbare Schenkung eines instand gesetzten Grundstücks vorliegt ist, daß die Verpflichtung des Beschenkten zur Instandsetzung in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der mittelbaren Grundstücksschenkung steht. Dieser Zusammenhang ist nur gegeben, wenn die Verpflichtung ursächlich und unmittelbar auf der Grundstücksschenkung beruht, d.h. daß eine bestimmte Instandsetzungsmaßnahme in einem unlösbaren sachlichen und ihre Erfüllung in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb stehen muß.
Das Urteil vom 13.Oktober 1982 II R 90/81 (BFHE 136, 555, BStBl II 1983, 62) betraf einen Sonderfall. Hier waren die zwecks Umbau des Hauses eingefügten Sachen nicht in das Eigentum der Grundstückseigentümerin übergegangen und konnten aus diesem Grunde nicht in die wirtschaftliche Einheit des Grundbesitzes einbezogen werden. Für sie war kein Einheitswert festzustellen.
2. Der bisher festgestellte Sachverhalt erlaubt keine Entscheidung der Sache nach den vorgenannten Grundsätzen.
Nach den Gründen des FG-Urteils hat zwar der Unternehmer P an dem Grundstück Reparaturarbeiten für insgesamt Z DM ausgeführt und entsprechende Rechnungen ausgestellt. Ob es sich dabei (ausschließlich) um bestimmte Reparaturen handelt, welche die Klägerinnen nach der Schenkungserklärung durchführen lassen sollten und ob der sachliche und zeitliche Zusammenhang im Sinne der vorstehenden Ausführungen gewahrt ist, läßt das FG-Urteil nicht erkennen. Die Sache wird daher zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 61484 |
BStBl II 1986, 460 |
BFHE 146, 164 |
BFHE 1986, 164 |