Leitsatz (amtlich)
Bei einer Betriebsaufspaltung führt der Umstand, daß das Besitzunternehmen neben seiner Vermietung von Wirtschaftsgütern an das Betriebsunternehmen im Rahmen seiner vermögensverwaltenden Tätigkeit auch Wohnungen an Dritte vermietet und teilweise veräußert, nicht zu einer gewerbesteuerrechtlichen Organschaft zwischen Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen.
Orientierungssatz
Der Gewerbesteuermeßbescheid ist Grundlagenbescheid im Verhältnis zum Zerlegungsbescheid. Gegen den Zerlegungsbescheid kann deshalb nicht mit Erfolg eingewendet werden, es sei eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft unbeachtet geblieben (vgl. BFH-Beschluß vom 27.9.1972 I B 27/72).
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 2; KStG 1977 § 14 Nr. 2; AO 1977 § 182 Abs. 1, § 184 Abs. 1 S. 4, § 188 Abs. 2, §§ 185, 351 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb bis Ende 1964 die Herstellung und den Vertrieb von Motoren. Ab 1.Januar 1965 verpachtete sie an die neugegründete B-GmbH ihr gesamtes zum Fertigungsbetrieb gehörendes bewegliches und unbewegliches Anlagevermögen. Für die Dauer des Pachtvertrages übertrug sie ihren gesamten Betrieb auf die GmbH. Die Klägerin ist seitdem Besitzgesellschaft, die GmbH Betriebsgesellschaft. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß eine Betriebsaufspaltung vorliegt und daß die Anteile an der GmbH notwendiges Betriebsvermögen (Sonderbetriebsvermögen) der Klägerin sind.
Nach einer Betriebsprüfung im Jahre 1982 ergaben sich folgende (unstreitige) Gewerbeerträge:
KG GmbH
1976 + 195 700 DM + 152 300 DM
1977 + 187 000 DM ./. 193 631 DM
1978 + 90 500 DM ./. 379 384 DM
1979 + 86 200 DM ./. 776 115 DM
1980 + 112 200 DM ./. 519 965 DM.
Diese Beträge legte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den angefochtenen geänderten Gewerbesteuermeßbescheiden, in denen die Nachprüfungsvorbehalte (§ 164 Abs.1 der Abgabenordnung --AO 1977--) aufgehoben wurden, für die Streitjahre zugrunde. Im Einspruchsverfahren beantragte die Klägerin, sie als Organträger der GmbH zu behandeln. Die Einsprüche hatten keinen Erfolg. Die Klage wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Revision der Klägerin wird Verletzung des § 2 Abs.2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 14 des Körperschaftsteuergesetzes 1977 (KStG) gerügt.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG), die Einspruchsentscheidung des FA vom 29.September 1983 und die Gewerbesteuermeßbescheide 1976 bis 1980 dahingehend zu ändern, daß die Gewerbeerträge für die Jahre 1977 bis 1980 auf jeweils null DM festgesetzt werden, der Gewerbeertrag 1976 um Dauerschuldzinsen in Höhe von 15 991,18 DM gekürzt und das Gewerbekapital 1976 und 1980 bei der GmbH um die Dauerschulden gekürzt wird, die die Verbindlichkeiten an die Klägerin betreffen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Das FA schließt sich den Ausführungen im FG-Urteil an und ist der Auffassung, die für eine Organschaft erforderliche wirtschaftliche Eingliederung der B-GmbH in das Unternehmen der Klägerin liege deshalb nicht vor.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1.a) Ist eine Kapitalgesellschaft in ein anderes inländisches gewerbliches Unternehmen in der Weise eingegliedert, daß die Voraussetzungen des § 14 Nrn.1 und 2 KStG erfüllt sind, so gilt sie als Betriebsstätte des anderen Unternehmens (§ 2 Abs.2 Nr.2 Satz 2 GewStG). Nach § 14 Nr.2 KStG muß die Kapitalgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die bloße --wenngleich gewerbliche-- Verpachtungstätigkeit des Besitzunternehmens im Rahmen einer Betriebsaufspaltung nicht geeignet, zwischen Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft zu begründen (Urteile vom 25.Juni 1957 I 119/56 U, BFHE 65, 181, BStBl III 1957, 303; vom 7.März 1961 I 251/60 S, BFHE 72, 578, BStBl III 1961, 211; vom 25.Juli 1963 IV 417/60 S, BFHE 77, 504, BStBl III 1963, 505; vom 26.April 1966 I 102/63, BFHE 85, 472, BStBl III 1966, 426, und vom 18.April 1973 I R 120/70, BFHE 110, 17, BStBl II 1973, 740). Vielmehr muß eine gewerbliche Tätigkeit des Besitzunternehmens hinzukommen, die mit der Tätigkeit des Betriebsunternehmens in einem wirtschaftlichen Zusammenhang derart steht, daß sich beide Unternehmen als Teile einer wirtschaftlichen Einheit darstellen (Urteil in BFHE 110, 17, BStBl II 1973, 740). An diesen Grundsätzen hat der BFH entgegen der Auffassung der Revision auch im Urteil vom 21.Januar 1976 I R 21/74 (BFHE 118, 169, BStBl II 1976, 389) festgehalten. Das Urteil bezog sich auf einen Fall, in dem das als Organträger in Betracht kommende Unternehmen eine Tätigkeit ausübte, die unabhängig von den Beziehungen zu der als Organgesellschaft in Betracht kommenden Kapitalgesellschaft alle Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit erfüllte. Nur für Fälle dieser Art wird in dem Urteil in BFHE 118, 169, BStBl II 1976, 389 klargestellt, daß die Führung beider Unternehmen nach einer einheitlichen Gesamtkonzeption genügt, um die wirtschaftliche Eingliederung des einen Unternehmens in das andere zu begründen. Daß sich an der bisherigen Rechtsprechung zur Frage, ob die Betriebsaufspaltung eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft begründet, nichts ändern sollte, ergibt sich auch aus der vorbehaltlosen Bezugnahme im Urteil in BFHE 118, 169, BStBl II 1976, 389 auf das Urteil in BFHE 110, 17, BStBl II 1973, 740.
b) Das FG hat, von diesen Grundsätzen ausgehend, rechtsfehlerfrei das Vorliegen einer gewerbesteuerrechtlichen Organschaft im Streitfall abgelehnt. Zutreffend hat das FG auch entschieden, daß die sonstigen Tätigkeiten, die über die Vermietung von Wirtschaftsgütern an das Betriebsunternehmen hinausgehend der Klägerin zugerechnet werden, nämlich die Vermietung von Wohnungen an Dritte und die Veräußerung eines Teils dieser Wohnungen als Eigentumswohnungen im Streitjahr 1980, keine gewerbesteuerrechtliche Organschaft begründen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die für den Senat bindend sind (§ 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), handelte es sich bei diesen Tätigkeiten um reine Vermögensverwaltung bzw. --soweit es um die Veräußerungsvorgänge geht-- um nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 10.August 1983 I R 120/80, BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137) noch der Vermögensverwaltung zuzuordnende Vorgänge, die nur mit Rücksicht auf das Betriebsaufspaltungsverhältnis als gewerbliche Tätigkeit behandelt wurden. Eine gewerbliche Tätigkeit, in die man die Tätigkeit der GmbH als in eine wirtschaftliche Einheit mit der Tätigkeit der Klägerin eingebettet ansehen könnte, wird dadurch, wie das FG zutreffend entschieden hat, nicht begründet.
2. Der Steuermeßbescheid ist, wie das FG unter Hinweis auf § 184 Abs.1 Satz 4, § 185 und § 188 Abs.2 AO 1977 zutreffend ausgeführt hat, Grundlagenbescheid im Verhältnis zum Zerlegungsbescheid. Das hat zur Folge, daß gegen den Zerlegungsbescheid nicht mit Erfolg eingewandt werden kann, es sei eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft unbeachtet geblieben (§ 182 Abs.1, § 351 Abs.2 AO 1977) und daß somit die Klage auch insoweit als unbegründet (vgl. BFH-Beschluß vom 27.September 1972 I B 27/72, BFHE 107, 8, BStBl II 1973, 24) abgewiesen werden mußte. Die Revision war daher auch insoweit als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 62182 |
BStBl II 1988, 456 |
BFHE 152, 352 |
BFHE 1988, 352 |
HFR 1988, 406 (LT1) |