Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Räumungsprozeß
Leitsatz (NV)
Steht bei dem Aufwand für die Räumung eines vermieteten Objekts die Erwartung der besseren Verwertung des Vermietungsobjekts im Vordergrund, so ist der Aufwand nicht durch die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung veranlaßt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr 1981 bei der Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Klägerin vermietete Ende 1972 ihr Wohngrundstück Z-Straße mit einer Wohnfläche von rund 140 qm. Die Mieteinnahmen lagen nach ihren Erklärungen bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1981 unter . . . DM je Monat.
Im Laufe der Zeit ergaben sich zwischen der Klägerin und den Mietern Streitigkeiten. Nach Auffassung der Klägerin ließen die Mieter das Haus verkommen und führten mutwillig Schäden herbei. Nach Meinung der Mieter tat die Klägerin zu wenig zur Erhaltung des Hauses. Im Jahre 1980 verklagten die Mieter die Klägerin auf Zahlung von . . . DM wegen nicht beseitigter Mängel. Im selben Jahr sprach die Klägerin die Kündigung aus, der die Mieter widersprachen.
Zur Vermeidung eines Prozesses unterbreitete die Klägerin Anfang Februar 1981 den Mietern den Vorschlag, das Hausgrundstück gegen Zahlung von . . . DM zum 30. April 1981 zu räumen. Die Mieter lehnten den Vorschlag mit der Begründung ab, daß die Räumungsfrist zu kurz und der Zahlungsbetrag zu niedrig seien. Anfang März 1981 erhob die Klägerin Räumungsklage, die sie in erster Linie damit begründete, daß das Grundstück als Sicherheit für eine GmbH, deren Mitgesellschafter ihr Ehemann sei, zur Verfügung stehen müsse. Es könne eine wesentlich höhere Beleihung erreicht werden, wenn das Grundstück unvermietet und deshalb leichter veräußerbar sei. Daneben wurden die Auseinandersetzungen mit den Mietern angeführt.
Am 26. Mai 1981 wurde der Räumungsprozeß durch einen gerichtlich protokollierten Vergleich beendet. Danach einigten sich die Klägerin und die Mieter, daß das Grundstück zum 30. September 1981 gegen Zahlung von . . . DM geräumt würde. Der Vergleich wurde vereinbarungsgemäß durchgeführt.
Anfang August 1981 gab die Klägerin in der Wochenendausgabe der . . . Zeitung eine Vermietungsanzeige auf, in der ein Mietpreis von . . . DM genannt war. Auf diese Anzeige meldeten sich im wesentlichen nur einige Makler.
Mit notariellem Vertrag vom 11. August 1981 verkaufte die Klägerin das Grundstück an das Ehepaar R. Frau R ist eine Nichte der Klägerin. Der Kaufpreis betrug . . . DM, der teilweise nach Übergabe der Wohnung und teilweise nach Vorliegen der Umschreibungsvoraussetzungen gezahlt und im übrigen bis zum 31. Dezember 1995 zu 8 v. H. Zinsen je Jahr gestundet werden sollte. Als Übergabetag war der 1. Oktober 1981 vereinbart.
Der 1914 geborene Kläger erwarb mit notariellem Vertrag vom 3. August 1981 in der Nähe von A Grünlandflächen zum Kaufpreis von . . . DM. Mit notariellem Vertrag vom 24. November 1981 erwarb er weitere Grundstücksflächen mit Gebäude zum Kaufpreis von . . . DM hinzu. Der aus dieser Gegend stammende Kläger wollte dort im Mai 1982 zur Alterssicherung eine Rinderzucht aufnehmen.
In der Einkommensteuererklärung 1981 machte die Klägerin bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die aufgrund des gerichtlichen Vergleiches vom 26. Mai 1981 gezahlten . . . DM als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) lehnte die Berücksichtigung der . . . DM als Werbungskosten im wesentlichen mit der Begründung ab, daß diese Aufwendungen nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, sondern mit dem Verkauf des Hauses stünden.
Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, für die Zuordnung der Aufwendungen komme es entscheidend darauf an, ob die jeweilige Aufwendung vorwiegend in bezug auf das Mietverhältnis oder in bezug auf die Veräußerung getätigt worden sei.
Aus den Gesamtumständen des Falles ergebe sich, daß bei der Klägerin spätestens im Zeitpunkt der Erhebung der Räumungsklage die vermögensmäßige Verwertung des Grundstücks im Vordergrund gestanden habe. Die Räumungsklage sei ausweislich ihrer damaligen Klageschrift vorrangig damit begründet worden, daß die Vermietung als solche die Verwertung des Grundstücks durch Beleihung oder Veräußerung beeinträchtige. Diese Argumentation schließe die von ihr jetzt behauptete Absicht anderweitiger Vermietung weitgehend aus. Im Einklang damit sei das Grundstück anschließend auch tatsächlich, und zwar schon vor der vereinbarten Räumung, verkauft worden.
Daß die behauptete Neuvermietungsintention allenfalls nachrangig gewesen sei, werde dadurch bestätigt, daß die Klägerin keine nennenswerten Vermietungsanstrengungen unternommen habe, und zwar auch dann nicht, als aufgrund des Vergleichs vom 26. Mai 1981 feststand, daß die Wohnung alsbald freiwerden würde. Die Anzeige Anfang August in der . . . Zeitung mit der gegenüber bisher fast doppelten Mietforderung könne nicht als nennenswerte Vermietungsanstrengung angesehen werden. Sie sei in ihrer Wirkung ohnehin alsbald durch den notariellen Kaufvertrag vom 11. August 1981 überholt gewesen.
Das Ergebnis werde durch das damalige Vorhaben des Klägers bestätigt, in seine Heimat in der Nähe von A zurückzukehren, dort Land und Gebäude zu erwerben und als Alterssicherung eine Rinderzucht zu beginnen. Die nach dem notariellen Ankaufsvertrag vom 3. August 1981 zu zahlende erste Rate von . . . DM falle, was den vereinbarten Zahlungszeitpunkt (ca. Anfang Oktober 1981) anbelange, in etwa mit der Kaufpreisratenforderung der Klägerin aus dem notariellen Verkaufsvertrag vom 11. August 1981 zusammen.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung von § 9 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Werbungskostenbegriff sei nicht nur rein final, sondern auch kausal zu sehen in dem Sinne, daß als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Aufwendungen anzusehen seien, die durch die Vermietung und Verpachtung veranlaßt seien. Unstreitig hätten sie das Grundstück von Ende 1972 bis zum 30. September 1981 vermietet. Ebenso unstreitig sei es, daß es jahrelang Streit mit den Mietern gegeben habe, der 1980 und 1981 zu mehreren gegenseitigen gerichtlichen Klagen geführt habe.
Bei Abschluß des Vergleichs am 26. Mai 1981 habe es den vom FG angenommenen Grenzbereich zwischen Einkünfteerzielung und Vermögensumschichtung nicht gegeben. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte die Klägerin nur die Absicht gehabt, Einkünfte zu erzielen. Wenn zwischen Mai und August 1981 der Entschluß gereift sei, sich möglicherweise von dem Grundstück zu trennen, so könne dies nichts mehr an der Beurteilung ändern, daß es sich bei der Zahlung der . . . DM um Aufwendungen gehandelt habe, die durch die Vermietung und Verpachtung veranlaßt worden seien. Die Abfindung müsse als Werbungskosten anerkannt werden, weil zum Zeitpunkt der Verpflichtung zur Zahlung keine Verkaufsabsichten erkennbar gewesen seien.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1981 vom 1. September 1982 die Abfindungszahlung von . . . DM als Werbungskosten gemäß § 9 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.
Das FA beantragt sinngemäß die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist nicht begründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die von der Klägerin geleistete Zahlung von . . . DM an ihre ehemaligen Mieter für die Räumung des Hauses sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 21 EStG).
Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind alle durch diese Einkunftsart veranlaßten Aufwendungen. Durch die Einkunftsart veranlaßt sind Aufwendungen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Oktober 1984 IX R 48/80, BFHE 143, 313, BStBl II 1985, 453, und vom 29. Oktober 1985 IX R 56/82, BFHE 145, 52, BStBl II 1986, 143; vgl. auch zur Überlassung von Kapital zur Nutzung Urteil vom 21. Juli 1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 116, BStBl II 1982, 37 mit Verweisung auf das Urteil vom 18. November 1980 VIII R 194/78, BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510 unter 3. a), wonach es auf den Zweck der Kreditaufnahme ankomme; vgl. ferner Urteile vom 28. November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368, und vom 15. Mai 1981 VI R 66/78, BFHE 133, 516, dort 518, BStBl II 1981, 735).
Bei Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Räumungsprozeß muß demgemäß nicht nur objektiv ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 1972 VIII R 56/68, BFHE 106, 532, BStBl II 1972, 880), sondern sie müssen auch subjektiv der Förderung der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung dienen. Der Senat folgt daher nicht der Auffassung, daß es keine entscheidende Rolle spiele, ob die Kosten aufgewendet wurden, um das Grundstück auch weiterhin durch Vermietung, ggf. auch in Form des Bewohnens durch die Steuerpflichtigen selbst, zu nutzen oder um das Grundstück verkaufen zu können, weil der in Aussicht genommene Käufer die Miet- und Pachtverhältnisse nicht übernimmt (BFHE 106, 532, dort 534, BStBl II 1972, 880; vgl. bereits einschränkend das die Beseitigung eines nicht wirksam gewordenen Pachtverhältnisses betreffende Urteil vom 22. April 1975 VIII R 110/70, BFHE 115, 479, BStBl II 1975, 663).
Steht bei dem Aufwand für die Räumung eines vermieteten Objekts die Erwartung der besseren Verwertung des Vermietungsobjekts im Vordergrund, sei es, daß das Objekt durch den Aufwand überhaupt erst verkäuflich wird, sei es, daß dadurch ein höherer Verkaufspreis erzielbar wird, so ist der Aufwand nicht durch die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung veranlaßt.
Das FG hat ausgeführt, es sei überzeugt davon, daß bei der Klägerin spätestens im Zeitpunkt der Erhebung der Räumungsklage die vermögensmäßige Verwertung des Grundstücks im Vordergrund gestanden habe. Diese Würdigung ist möglich. Sie verstößt insbesondere nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze. Der Senat ist an diese tatsächlichen Feststellungen und deren Würdigung mangels zulässiger und begründeter Revisionsgründe gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 62361 |
BFH/NV 1989, 485 |