Entscheidungsstichwort (Thema)
Siklehrgang eines Arztes
Leitsatz (NV)
Die Teilnahme an einem Fortbildungslehrgang, der von einem Ärzteverband veranstaltet wird und mit bestimmten Stundenzahlen auf die Voraussetzungen zur Erlangung der Zusatzbezeichnung ,,Sportmedizin" angerechnet werden kann, ist nicht ganz überwiegend beruflich veranlaßt, wenn der Lehrgang nach Programm und Durchführung in nicht unerheblichem Maße die Verfolgung privater Erlebnis- und Erholungsinteressen zuläßt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr . . . als Assistenzarzt an einer orthopädischen Klinik beschäftigt. Er nahm vom 26. Januar bis 2. Februar des Streitjahres in A/Schweiz und vom 10. März bis 23. März des Streitjahres in B/Schweiz an Fortbildungslehrgängen des Sportärzteverbandes teil. Der sportpraktische Teil des Lehrgangs (Skifahren) in A dauerte montags bis freitags jeweils von 10.00 bis 12.00 Uhr und von 14.00 bis 16.00 Uhr. In B fand die Sportpraxis jeweils von 9.00 bis 12.00 Uhr und von 13.00 bis 15.30 Uhr statt.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte die vom Kläger wegen der Teilnahme an diesen Lehrgängen geltend gemachten Aufwendungen nicht als Werbungskosten an.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und führte aus: Es handele sich bei beiden Veranstaltungen um berufliche Fortbildungsmaßnahmen. Dem Abzug der Aufwendungen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) stehe § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht entgegen. Das Programm sei straff organisiert gewesen und habe nahezu den gesamten Tag in Anspruch genommen. Die Teilnahme des Klägers an den theoretischen Veranstaltungen sei durch Testate nachgewiesen. Obwohl sportliche Betätigungen, wie Skilaufen, im allgemeinen ein privates Interesse befriedigten, sei im Streitfall eine überwiegende berufliche Veranlassung gegeben. Die Praktika seien erforderlich gewesen, um die Berechtigung zur Führung der Zusatzbezeichnung ,,Sportmedizin" zu erlangen. Der Kläger habe für den Senat überzeugend dargelegt, daß er als Facharzt für Orthopädie mit Problemen der Sportmedizin beschäftigt sei und die Sportarztausbildung benötige, wenn er später in die sportmedizinische Abteilung möchte. Da beide Lehrgänge von der Ärztekammer anerkannt worden seien, folge der Senat der Auffassung derjenigen FG, die in der Teilnahme an diesen Lehrgängen keine private Mitveranlassung von nennenswerter Bedeutung erblickten.
Das FA stützt seine vom FG zugelassene Revision auf eine Verletzung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG und macht geltend: Ein Großteil des zeitlichen Rahmens der Fortbildungsveranstaltungen sei auf die sportliche Betätigung in Form des Skilanglaufs und des alpinen Skilaufs entfallen. Diesem Erholungs- und Erlebniswert sei erhebliche Bedeutung beizumessen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die vom Kläger für die Teilnahme an den Lehrgängen geltend gemachten Aufwendungen sind - mit Ausnahme der Aufwendungen für die Teilnahmegebühr - nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) als Werbungskosten abziehbar.
Der Senat hat mit den vergleichbare Sachverhalte betreffenden Urteilen vom 19. Oktober 1989 VI R 155/88 (BFHE 158, 532, BStBl II 1990, 134); vom 27. Oktober 1989 VI R 11/88 (BFH/NV 1990, 425) und vom 14. Dezember 1990 VI R 117/89 (BFH/NV 1991, 448) entschieden, dem Abzug der Aufwendungen für die Teilnahme an derartigen Lehrgängen stehe § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entgegen. Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs hat sich dieser Ansicht angeschlossen, soweit entsprechende Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht worden sind (Urteile vom 15. März 1990 IV R 60/88, BFHE 160, 313, BStBl II 1990, 736; vom 6. September 1990 IV R 37/90, BFH/NV 1991, 513, und vom 15. März 1990 IV R 70/89, BFH/NV 1991, 438). Der Sachverhalt des Streitfalls weist gegenüber den entschiedenen Fallgestaltungen keine Besonderheiten auf, die eine andere Beurteilung begründen könnten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf den Inhalt der angeführten Urteile Bezug genommen.
Die Vorentscheidung ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Teilnahmegebühren sind als Werbungskosten zu berücksichtigen, soweit sie gesondert berechnet worden sind. Das FG hat - von seinem Standpunkt aus zu Recht - keine Feststellungen zur Höhe der Teilnahmegebühren getroffen. Es wird dies im zweiten Rechtsgang nachholen müssen und die Kosten ggf. zu berücksichtigen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 418552 |
BFH/NV 1992, 814 |