Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerbarkeit der Reinigung von Oberhemden und Blusen des Gaststättenpersonals durch Arbeitgeber
Leitsatz (NV)
Übernimmt der Arbeitgeber die Reinigung der Oberhemden und Blusen der in seiner Gaststätte tätigen Serviererinnen und Kellner, ist diese Maßnahme nicht überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlaßt; sie kann auch nicht als Aufmerksamkeit beurteilt werden.
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Rechtsnachfolger der OHG X (im folgenden: OHG). Die OHG ließ in den Jahren 1980 bis 1982 die Oberhemden und Blusen ihrer Arbeitnehmer, die in ihrer(n) Gaststätte(n) bedienten, reinigen und trug hierfür die Kosten. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) unterwarf die Leistungen der OHG an ihre Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 der Umsatzsteuer.
Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt und setzte antragsgemäß die Umsatzsteuer 1980 bis 1982 herab. Es vertrat die Auffassung, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG 1980 setze einen Leistungsaustausch voraus, der im Streitfall nicht gegeben sei. Die OHG habe die Hemden und Blusen der Arbeitnehmer gereinigt, damit die Arbeitnehmer stets sauber gekleidet den Gästen gegenüberträten. Die Vorteile, welche die Arbeitnehmer erhalten hätten, seien hinter die unternehmerischen Erwägungen der OHG so weit zurückgetreten, daß sie für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Leistungen der OHG keine Bedeutung hätten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
1. Der Senat geht davon aus, daß der Kläger nach dem Tode des Mitgesellschafters der OHG im Jahre 1983 durch Anwachsung Inhaber des Unternehmens der OHG geworden ist und dieses als Einzelunternehmer fortgeführt hat. Das Urteil des FG ist zwar gegen die nicht mehr existierende OHG gerichtet; jedoch würdigt der Senat diesen Umstand lediglich als unschädliche fehlerhafte Bezeichnung des Klägers.
2. Als vom FG festgestellte Tatsachen legt der Senat folgendes zugrunde. Obwohl im Urteil des FG überwiegend von Übernahme der Reinigungskosten die Rede ist, geht der Senat davon aus, daß die OHG nicht den Arbeitnehmern von diesen auf eigene Rechnung verausgabte Reinigungskosten erstattet hat, sondern daß die OHG Reinigungsleistungen von Reinigungsunternehmern empfangen und hierfür die Kosten getragen hat. Ferner legt der Senat als festgestellt zugrunde, daß vom FA lediglich die Reinigungskosten für Oberhemden und Blusen (nicht die für schwarze Anzüge und schwarze Röcke) der Umsatzsteuer unterworfen worden sind, obwohl diese Tatsache im Tatbestand des Urteils (nur) als Vortrag des FA dargestellt worden ist. Das FA geht in den Entscheidungsgründen unausgesprochen von der Richtigkeit dieses Vorbringens aus.
3. Das Urteil des FG verletzt § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG 1980 und war deshalb aufzuheben. Wie der Senat im Urteil vom 11. März 1988 V R 30/84 (BFHE 153, 155, BStBl II 1988, 643, unter 2. b) näher ausgeführt hat, ist ein Leistungsaustausch nicht Tatbestandsmerkmal dieser Vorschrift.
4. Das Urteil des FG stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
a) Leistungen eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer sind nicht steuerbar, wenn sie überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlaßt sind. Eine solche Leistung liegt vor, wenn eine betrieblich veranlaßte Maßnahme zwar auch die Befriedigung eines privaten Bedarfs der Arbeitnehmer zur Folge hat, diese Folge aber durch den mit der Maßnahme angestrebten betrieblichen Zweck überlagert wird. Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn die Maßnahme die dem Arbeitgeber obliegende Gestaltung der Dienstausübung betrifft (Senat in BFHE 153, 155, BStBl II 1988, 643).
Die Reinigungsleistungen der OHG erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Blusen und Hemden von Serviererinnen und Kellnern sind keine typische Berufskleidung, sondern auch im bürgerlichen Leben getragene Kleidungsstücke (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Januar 1958 VI 278/56 U, BFHE 66, 303, BStBl III 1958, 117, und vom 9. März 1979 VI R 171/77, BFHE 127, 522, BStBl II 1979, 519). Für die Sauberkeit einer solchen Kleidung hat der Arbeitnehmer selbst zu sorgen. Die Reinigung der während der Dienstausübung getragenen bürgerlichen Kleidung der Arbeitnehmer betrifft nicht die Dienstausübung selbst, sondern ist Voraussetzung der Dienstausübung. Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, daß Bedienungspersonal in Gaststätten seinen Dienst in sauberer Kleidung zu versehen hat. Die Reinigungsleistungen der OHG ermöglichten es den Arbeitnehmern lediglich, auf Kosten der OHG ihre Arbeitsleistung in der geschuldeten Weise zu erbringen. Der entgegengesetzten Rechtsauffassung des FG, der Vorteil der Arbeitnehmer trete in solchen Fällen hinter die unternehmerischen Erwägungen zurück, kann der Senat nicht beipflichten.
b) Die Steuerbarkeit der Reinigungsleistungen der OHG entfällt auch nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Satz 2 UStG 1980. Aufmerksamkeiten sind Zuwendungen des Arbeitgebers, die nach ihrer Art und ihrem Wert Geschenken entsprechen, die im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung des Arbeitnehmers führen (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 1985 VI R 26/82, BFHE 143, 539, BStBl II 1985, 641, zu 1. b) a.E.; Umsatzsteuer-Richtlinien - UStR - 1992 Abschn. 12 Abs. 3). Die Reinigungsleistungen der OHG entsprechen ihrer Art nach keinen Geschenken im dargestellten Sinne.
5. Der Senat kann durcherkennen. Die Klage war abzuweisen. Entgegen der Ansicht des Klägers hat das FA als Bemessungsgrundlage nicht die für Zwecke der Lohnsteuer anzuwendenden üblichen Mittelpreise des Verbrauchsorts, sondern gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG 1980 die bei der Ausführung der Reinigungsleistungen der OHG entstandenen Kosten angesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 418852 |
BFH/NV 1994, 200 |