Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussonderungsberechtigung. Herausgabepflicht. Vereitelung durch Verwalter. Haftung 82 KO. Schadensersatzanspruch gegen die Masse
Leitsatz (amtlich)
a) Der Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter persönlich wegen Verletzung konkursspezifischer Pflichten ist gegenüber einem Schadensersatzanspruch gegen die Masse nicht subsidiär.
b) Der Verwalter kann persönlich für die später nicht beitreibbaren Kosten eines Schadensersatzprozesses einzustehen haben, den ein Gläubiger wegen Nichterfüllung eines Aussonderungsrechtes gegen die Masse geführt hat.
Normenkette
KO § 82 (InsO § 60)
Verfahrensgang
OLG Celle (Urteil vom 13.03.2001; Aktenzeichen 16 U 187/00) |
LG Hannover (Urteil vom 14.07.2000; Aktenzeichen 13 O 216/00) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des OLG Celle v. 13.3.2001 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als die Klage i.H.v. weiteren 14.391,70 DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die weiter gehende Revision des Klägers wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte war Verwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der H. GmbH, die vom Kläger Stahlbleche zur Absicherung von Baugruben gemietet hatte. Am 26.10.1995 wurde er als Konkursverwalter verurteilt, die gemieteten Stahlbleche an den Kläger herauszugeben sowie rückständigen Mietzins i.H.v. 51.429,73 DM zu zahlen (LG Hildesheim - 10 O 138/94). Mit Anwaltsschreiben v. 22.12.1995 setzte der Kläger ihm eine Frist zur Herausgabe des Stahls und kündigte an, nach Ablauf der Frist gem. § 283 BGB a.F. Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Der Beklagte gab den Stahl nicht heraus. Am 26.11.1998 wurde er - ebenfalls in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter - zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 53.946,98 DM sowie weiteren Mietzinses i.H.v. 95.931,85 DM verurteilt (LG Hildesheim - 25 O 179/97). Am 4.12.1998 zeigte der Beklagte Masseunzulänglichkeit an.
Mit seiner am 17.1.2000 beim LG eingegangenen Klage hat der Kläger den Beklagten persönlich auf Schadensersatz i.H.v. 149.778,83 DM nebst Zinsen wegen des nicht herausgegebenen Stahls und des nicht gezahlten Mietzinses in Anspruch genommen. Das LG hat den Beklagten unter Abweisung der weiter gehenden Klage wegen des nicht herausgegebenen Stahls zur Zahlung von 53.946,98 DM nebst Zinsen verurteilt. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Kläger hat hilfsweise zum Anspruch auf Schadensersatz wegen des Mietzinses Erstattung der Kosten des Vorprozesses LG Hildesheim - 25 O 179/97i.H.v. 14.391,70 DM verlangt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat es den Schadensersatzanspruch des Klägers hinsichtlich des Stahls wegen Mitverschuldens um die Hälfte gekürzt.
Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils sowie - entsprechend dem bisherigen Hilfsantrag - die Verurteilung des Beklagten zum Ersatz der Prozesskosten. Der Beklagte, der u.a. die Einrede der Verjährung erhoben hat, beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat teilweise - nämlich hinsichtlich der Kosten des Vorprozesses LG Hildesheim - 25 O 179/97 - Erfolg. Insoweit führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Weiter gehende Ansprüche des Klägers sind verjährt.
I.
Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 82 KO für gegeben erachtet. Den Kläger treffe allerdings ein Mitverschulden von 50 %, weil er sich geweigert habe, dem Beklagten die Herausgabe des Stahls durch dessen Sichtung und Markierung zu ermöglichen, obgleich ihm dies ohne größeren Aufwand möglich und daher zumutbar gewesen sei. Die für Ansprüche aus § 82 KO analog geltende Verjährungsfrist des § 852 BGB a.F. sei bei Einreichung der Klage noch nicht abgelaufen gewesen. Kenntnis von Schaden und Schädiger habe der Kläger erst mit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit am 4.12.1998 erlangt. Bis dahin habe nur die Gefahr eines Schadenseintritts bestanden, weil an die Stelle des Herausgabeanspruchs der Zahlungsanspruch gegen die Masse getreten sei. Soweit der Kläger die Klage hilfsweise auf die nicht erstatteten Prozesskosten stütze, fehle es an einer Pflichtverletzung des Beklagten; denn dessen Rechtsverteidigung sei nicht aussichtslos gewesen, und der Kläger habe nicht vorgetragen, dass der Beklagte im Verlauf des Prozesses die Masseunzulänglichkeit habe erkennen können.
II.
Das angefochtene Urteil hat im Ergebnis Bestand, soweit der Anspruch auf Schadensersatz für den nicht herausgegebenen Stahl abgewiesen worden ist. Denn dieser Anspruch ist verjährt.
1. Grundlage des Anspruchs des Klägers ist § 82 KO. Nach dieser Vorschrift ist der Verwalter allen Beteiligten für die Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten verantwortlich. Der Kläger wirft dem Beklagten vor, die fraglichen Stahlträger und Stahlplatten bis zum Ablauf der Nachfrist nicht herausgegeben und damit sein Aussonderungsrecht (§ 43 KO) vereitelt zu haben.
a) Die Pflicht zur Erfüllung der Ansprüche aussonderungsberechtigter Gläubiger trifft den Verwalter als solchen (BGH v. 14.4.1987 - IX ZR 260/86, BGHZ 100, 346 [350] = MDR 1987, 667; Urt. v. 5.3.1998 - IX ZR 265/97, MDR 1998, 790 = ZIP 1998, 655 [658]). Der Verwalter ist verpflichtet, Aussonderungsrechte zu beachten und an der Herausgabe der auszusondernden Gegenstände mitzuwirken (Kübler/Prütting/Lüke, InsO, § 60 Rz. 15). Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflichten haftet er aus § 82 KO (BGH, Urt. v. 5.3.1998, - IX ZR 265/97, MDR 1998, 790 = ZIP 1998, 655 [658]).
b) Dass der Beklagte in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter zur Herausgabe des Stahls verpflichtet war, steht auf Grund des Urteils des LG Hildesheim v. 26.10.1995 (LG Hildesheim, Urt. v. 26.10.1995 - 10 O 138/94) rechtskräftig fest. Die Rechtskraft dieses Urteils erstreckt sich zwar nicht uneingeschränkt auf den Beklagten persönlich. Im Rahmen des Anspruchs aus § 82 KO kommt ihm jedoch Tatbestandswirkung zu. Der Beklagte war als Konkursverwalter verpflichtet, Leistungen zu erbringen, zu denen ein Gericht ihn rechtskräftig verurteilt hatte.
2. Die Verjährung eines Anspruchs aus § 82 KO richtet sich nach § 852 BGB a.F. in entsprechender Anwendung (BGH v. 17.1.1985 - IX ZR 59/84, BGHZ 93, 278 [280 f.] = MDR 1985, 576; v. 26.5.1994 - IX ZR 39/93, BGHZ 126, 138 [144] = MDR 1995, 57; Urt. v. 24.5.2005 - IX ZR 114/01, BGHReport 2005, 1286 m. Anm. Gundlach = MDR 2005, 1313 = WM 2005, 1421 [1422]). Sie beträgt drei Jahre und beginnt mit der Kenntnis von Schaden und Schädiger, d.h. derjenigen Umstände, die eine Ersatzpflicht begründen. Maßgeblich ist die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, nicht deren zutreffende rechtliche Würdigung (BGH v. 2.4.1998 - III ZR 309/96, BGHZ 138, 247 [252] = MDR 1998, 777; Urt. v. 24.5.2005 - IX ZR 114/01, BGHReport 2005, 1286 m. Anm. Gundlach = MDR 2005, 1313 = WM 2005, 1421 [1422]).
3. Im vorliegenden Fall begann die Verjährung des Anspruchs aus § 82 KO wegen Nichtherausgabe der Stahlträger und Stahlplatten mit dem Ablauf der gem. § 283 BGB a.F. gesetzten Nachfrist, also am 1.2.1996.
a) Am 1.2.1996 war die zur Erfüllung des Herausgabeanspruchs gesetzte Frist ergebnislos verstrichen. Der Beklagte hatte die streitigen Stahlträger und Stahlplatten nicht herausgegeben. Rechtsfolge des fruchtlosen Ablaufs einer nach § 283 BGB a.F. gesetzten Frist ist das Erlöschen des Erfüllungsanspruchs des Gläubigers (§ 283 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB a.F.), hier also des Herausgabeanspruchs. Der Verlust des Herausgabeanspruchs stellt bereits einen Schaden im Rechtssinne dar, nicht, wie das Berufungsgericht meint, nur eine Vermögensgefährdung. Der Kläger hat eine Rechtsposition, die er bis zum Ablauf der Nachfrist innehatte, endgültig eingebüßt. Der Anspruch aus § 283 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 BGB a.F. setzt voraus, dass ein Schaden entstanden ist, der nunmehr ausgeglichen werden muss; er kann nicht dazu führen, das Vorhandensein eines Schadens zu verneinen.
b) Der Schaden war damit auch i.S.d. § 82 KO eingetreten, nicht nur im Rahmen des § 283 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.
aa) Entgegen der Ansicht des Klägers war eine gesonderte Fristsetzung ggü. dem Beklagten persönlich nicht erforderlich. Der Beklagte war nur in seiner Eigenschaft als Verwalter zur Herausgabe des Stahls verpflichtet. Persönlich traf ihn keine entsprechende Verpflichtung. Er haftet (nur) auf Schadensersatz, wenn und soweit er ihm ggü. den Verfahrensbeteiligten obliegende Verwalterpflichten nicht erfüllt und diesen dadurch Schaden zugefügt hat.
bb) Nach allgemeinen Grundsätzen des Schadensrechts wird ein Schadensersatzanspruch regelmäßig nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Geschädigte sich wegen des entstandenen Vermögensnachteils auch an einen Dritten halten kann (BGH v. 20.11.1992 - V ZR 279/91, BGHZ 120, 261 [268] = MDR 1993, 342; Urt. v. 24.1.1997 - V ZR 294/95, WM 1997, 1062 [1063]; v. 26.6.1997 - IX ZR 233/96, MDR 1997, 987 = NJW 1997, 2946 [2948]; v. 19.7.2001 - IX ZR 62/00, BGHReport 2002, 156 = WM 2001, 1605 [1607]). Das folgt schon aus § 255 BGB. Diese Vorschrift setzt voraus, dass der Geschädigte auch dann vollen Schadensersatz verlangen kann, wenn ihm zugleich ein Anspruch gegen einen Dritten zusteht. Haften die in Betracht kommenden Ersatzpflichtigen als Gesamtschuldner, kann der Gläubiger gem. § 421 BGB nach seinem Belieben die Leistung ganz oder zu einem Teil von jedem der Schuldner fordern, ohne dass diese auf den jeweils anderen verweisen könnten.
c) Der Kläger war schließlich auch nicht aus Rechtsgründen verpflichtet, zunächst den Anspruch gegen die Masse durchzusetzen oder dies zumindest zu versuchen. Der Anspruch aus § 82 KO gegen den Verwalter persönlich steht gleichrangig neben einem Anspruch aus anderem Rechtsgrund gegen die Masse (RGZ 144, 179 [182]; BGH, Urt. v. 3.6.1958 - VIII ZR 326/56, LM § 82 KO Nr. 1; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 82 KO Anm. 1d; Hanisch, Rechtszuständigkeit der Konkursmasse, S. 138 f.; Lüke, Die persönliche Haftung des Konkursverwalters, S. 192 ff., K. Schmidt, KTS 1976, 191 [206]; vgl. auch Brandes in MünchKomm/InsO, §§ 60, 61 Rz. 112; Braun, InsO 2. Aufl., § 60 Rz. 28; Smid, InsO, 2. Aufl., § 60 Rz. 28; Nerlich/Römermann/Abeltshauser, InsO, § 60 Rz. 52; a.A. Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 82 Rz. 2c, 14; Johlke, WuB, VI B, § 82 KO 1.88). Eine Primärhaftung der Masse, die Ansprüche gegen den Verwalter persönlich zunächst ausschließt, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Sie folgt auch nicht (entgegen Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl. § 82 Rz. 2c) aus einer entsprechenden Anwendung der Zurechnungsnorm des § 31 BGB, die es ermöglichen soll, die Masse für die Verletzung vertraglicher oder deliktischer Pflichten durch den Verwalter haften zu lassen. Haften sowohl der Verwalter persönlich als auch die Masse, folgt daraus kein Vorrang des einen oder des anderen Anspruchs. Vom 1.2.1996 an hätte der Kläger den Beklagten also sowohl persönlich als auch in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens in Anspruch nehmen können.
d) Der Kläger kannte alle tatsächlichen Umstände, die einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch gegen den Beklagten persönlich begründeten. Das gilt insb. für die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung und den fruchtlosen Ablauf der gesetzten Frist. Ob er wusste, dass neben dem Anspruch gegen die Masse ein Anspruch gegen den Beklagten persönlich bestand, der innerhalb von drei Jahren verjährte, ist für den Beginn der Verjährungsfrist nicht von Bedeutung. Bei Eingang der Klage am 17.1.2000 war die Frist des § 852 BGB von drei Jahren längst verstrichen; der Anspruch aus § 82 KO war verjährt.
III.
Nicht bestehen bleiben kann das Urteil, soweit es den hilfsweise geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Schadensersatz hinsichtlich der Kosten des Vorprozesses 25 O 179/97 aberkannt hat.
1. Grundlage dieses Anspruchs ist ebenfalls § 82 KO. Der Schadensersatzprozess gegen die Masse wurde deshalb erforderlich, weil der Beklagte als Konkursverwalter den titulierten Anspruch des Klägers auf Herausgabe der Stahlträger und Stahlplatten nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Dadurch, dass der Beklagte den nach § 283 BGB a.F. entstandenen Schadensersatzanspruch nicht unverzüglich erfüllt hat, sondern es auf einen weiteren Prozess gegen die Masse hat ankommen lassen, hat er erneut gegen konkursspezifische Pflichten ggü. dem Kläger als Aussonderungsberechtigten verstoßen.
a) Grundsätzlich obliegen dem Konkursverwalter bei Führung eines Prozesses keine konkursspezifischen Pflichten ggü. dem Prozessgegner. Die Konkursordnung begründet keine Verpflichtung des Verwalters, vor der Erhebung einer Klage oder während des Prozesses die Interessen des Prozessgegners an einer eventuellen Erstattung seiner Kosten zu berücksichtigen (BGH v. 26.6.2001 - IX ZR 209/98, BGHZ 148, 175 [179] = MDR 2001, 1316 = BGHReport 2001, 760 m. Anm. Uhlenbruck; Urt. v. 2.12.2004 - IX ZR 142/03, BGHZ 161, 236 = BGHReport 2005, 608 = MDR 2005, 716 = WM 2005, 180 [181]). Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Verwalter nicht Kläger, sondern Beklagter eines Zivilprozesses ist.
b) Im vorliegenden Fall geht es demgegenüber um den Anspruch eines Aussonderungsberechtigten, dessen Aussonderungsrecht der Beklagte durch die Nichterfüllung des Herausgabeanspruchs innerhalb der gem. § 283 BGB a.F. gesetzten Nachfrist endgültig vereitelt hatte. Die konkursspezifischen Pflichten des Verwalters einem solchen Gläubiger gegenüber enden nicht mit dem Unmöglichwerden der Herausgabe, sondern setzen sich hinsichtlich etwaiger Sekundäransprüche - hier: des Anspruchs aus § 283 BGB a.F. - fort. Andernfalls würde der Verwalter Vorteile aus seinem vorangegangenen pflichtwidrigen Verhalten ziehen. Ebenso, wie er das Recht eines aussonderungsberechtigten Gläubigers zu respektieren hat, hat er dessen berechtigte Schadensersatzansprüche zu erfüllen. Unterlässt er dies, haftet er ebenso aus § 82 KO, wie er für die Verletzung von Aussonderungsrechten einzustehen hätte. Diese Haftung kann auch die Kosten eines Prozesses umfassen, den der Gläubiger auf Grund eines in dieser Hinsicht pflichtwidrigen Verhaltens des Verwalters führen muss und die er wegen der später eingetretenen Unzulänglichkeit der Masse nicht erstattet erhält.
2. Dieser Schadensersatzanspruch unterliegt einer eigenen Verjährung.
a) Hat eine einzige, in sich abgeschlossene Verletzungshandlung mehrere Schadensfolgen ausgelöst, beginnt nach dem Grundsatz der Schadenseinheit (BGHZ 33, 112 [116]; BGHZ 67, 372 [373]; BGH, Urt. v. 3.6.1997 - VI ZR 71/96, MDR 1997, 837 = BGHR § 852 Abs. 1 Folgeschäden 1; Urt. v. 24.5.2005 - IX ZR 114/01, BGHReport 2005, 1286 m. Anm. Gundlach = MDR 2005, 1313 = WM 2005, 1421 [1422]) die Verjährungsfrist bereits, sobald irgendein (Teil-)Schaden entstanden ist. Das gilt auch für nachträglich auftretende, zunächst also nur drohende Folgen, die überhaupt als möglich vorhersehbar sind. Haben sich hingegen mehrere selbständige Handlungen des Schädigers ausgewirkt, so beginnt die Verjährungsfrist regelmäßig mit den jeweils dadurch verursachten Schäden gesondert zu laufen (BGHZ 71, 86 [94]; BGH, Urt. v. 15.10.1992 - IX ZR 43/92, MDR 1993, 693 = NJW 1993, 648 [650]; v. 12.2.1998 - IX ZR 190/97, WM 1998, 786 [788]; v. 14.7.2005 - IX ZR 284/01, MDR 2006, 21 = BGHReport 2005, 1441 = WM 2005, 2106 [2107]).
b) Die Pflicht, berechtigte Schadensersatzansprüche eines zuvor aussonderungsberechtigten Gläubigers zu erfüllen, schließt an die Pflicht zur Wahrung des Aussonderungsrechts an. Sie umfasst i.d.R. jedoch die erneute Prüfung des Rechts des Gläubigers und des Schadensumfangs. Fehler führen zu neuen, selbständigen Schadensersatzansprüchen, die selbständig verjähren.
c) Der durch die Nichterfüllung des Schadensersatzanspruchs verursachte Kostenschaden ist mit Zustellung der am 21.10.1997 bei Gericht eingegangen Klage im Verfahren LG Hildesheim 25 O 179/97 eingetreten. Ein Anspruch auf Erstattung von Prozesskosten entsteht - aufschiebend bedingt - bereits mit der Zustellung der Klage (BGH, Urt. v. 6.12.1974 - V ZR 86/73, WM 1975, 97 [98]; v. 5.7.1988 - IX ZR 7/88, MDR 1989, 61 = ZIP 1988, 1068; v. 25.5.1992 - V ZR 108/91, NJW 1992, 2575; Beschl. v. 17.3.2005 - IX ZB 247/03, ZIP 2005, 817 [818]). Frühestens damit begann auch die Verjährungsfrist. Diese Frist ist rechtzeitig vor Ablauf der Drei-Jahres-Frist des § 852 BGB a.F. unterbrochen worden (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.). Der Kläger hat die Klage erstmals im Schriftsatz v. 27.6.2000 auch auf die Kosten des Vorprozesses gestützt. Dieser Schriftsatz, der nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LG eingegangen ist, ist - zu Recht - nicht förmlich zugestellt worden. Rechtshängig wurde der Anspruch mit Zustellung der Berufungsbegründung am 4.10.2000, die am 29.9.2000 - damit rechtzeitig - bei Gericht eingegangen ist.
IV.
1. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz des Wertes des nicht herausgegebenen Stahls sind weiter gehende Feststellungen nicht erforderlich (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.). Es bleibt bei dem klagabweisenden Urteil des Berufungsgerichts.
2. Ob die Voraussetzungen des Anspruchs auf Erstattung der anteiligen Kosten des Vorprozesses erfüllt sind, lässt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem bisherigen Vorbringen der Parteien nicht entnehmen. Der Beklagte war auch im Hinblick auf die übrigen Verfahrensbeteiligten nur verpflichtet, berechtigte Ansprüche des Klägers zu erfüllen, die aus der unterlassenen Herausgabe des im Eigentum des Klägers stehenden Stahls entstanden waren. Ob und in welcher Höhe der Kläger den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert hatte, bevor er die Klage einreichte, ergibt sich aus den Akten nicht. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das - nachdem es den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag gegeben hat - die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben wird (§ 565 Abs. 1 S. 1 ZPO a.F.).
3. Für die weitere Verhandlung der Sache weist der Senat auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:
a) Der Anspruch wird ggf. nicht die gesamten Kosten des Vorprozesses LG Hildesheim - 25 O 179/97 umfassen, sondern nur denjenigen Teil, der auf den Anspruch auf Schadensersatz für den nicht herausgegebenen Stahl entfällt. Der Kläger hatte in jenem Prozess nicht nur Schadensersatz verlangt, sondern auch weiteren Mietzins. Insoweit gelten jedoch die allgemeinen Grundsätze. Den Verwalter treffen keine konkursspezifischen Pflichten hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs des Prozessgegners (BGH v. 26.6.2001 - IX ZR 209/98, BGHZ 148, 175 [179] = MDR 2001, 1316 = BGHReport 2001, 760 m. Anm. Uhlenbruck; Urt. v. 2.12.2004, - IX ZR 142/03, BGHZ 161, 236 = BGHReport 2005, 608 = MDR 2005, 716 = WM 2005, 180 [181]).
b) Ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers wird nicht wegen eines Mitverschuldens (§ 254 BGB a.F.) zu kürzen sein.
aa) Die Vorschrift des § 254 BGB enthält eine Ausprägung des in § 242 BGB festgelegten Grundsatzes von Treu und Glauben. Sie beruht auf der Überlegung, dass jemand, der diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, auch den Verlust oder die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen muss, weil es im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem unbillig erscheint, dass jemand für den von ihm erlittenen Schaden trotz eigener Mitverantwortung vollen Ersatz fordert (BGH v. 18.4.1997 - V ZR 28/96, BGHZ 135, 235 [240] = MDR 1997, 825 m. Anm. Stickelbrock; Urt. v. 22.9.1981 - VI ZR 144/79, MDR 1982, 310 = NJW 1982, 168).
bb) Die Identifizierung des Stahls wäre für den Kläger mit beträchtlichem Aufwand verbunden gewesen. Der Stahl befand sich weder an der früheren Baustelle in Bremerhaven noch auf dem Betriebsgelände der Gemeinschuldnerin, sondern bei der He. GmbH in Lehrte; der Kläger betreibt seinen Stahlhandel jedoch in Dortmund. Vor allem aber lässt sich weder den Feststellungen des Berufungsgerichts noch dem Vorbringen des Beklagten entnehmen, dass die Mitwirkung des Klägers unbedingt erforderlich war. Die Stahlträger und Bleche sind zwar im Prozess des Beklagten gegen die He. GmbH einerseits, im Prozess des Klägers gegen den Beklagten andererseits unterschiedlich beschrieben worden; auch die jeweils angegebenen Maße stimmen nicht überein. Der Geschäftsführer He. der He. GmbH, welche die Stahlträger ausgebaut hat, war jedoch zugleich der frühere Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, welche die Stahlträger zuvor eingebaut hatte. Der Gemeinschuldner ist grundsätzlich verpflichtet, an der Verwaltung und Verwertung des zur Masse gehörenden Vermögens mitzuwirken (Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 117 Rz. 13a ff). Die Erfüllung dieser Pflicht hätte der Beklagte erforderlichenfalls gem. § 101 Abs. 2 KO erzwingen können. Seinem Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass er - nachdem er den Titel gegen die He. GmbH erwirkt hatte - überhaupt irgendetwas unternommen hat, um die He. GmbH zur Herausgabe des Stahls zu veranlassen.
cc) Die Vorschrift des § 254 Abs. 1 BGB a.F. setzt überdies voraus, dass sich das Verschulden des Geschädigten bei der Entstehung des Schadens ausgewirkt hat. Ein Unterlassen ist dann für einen Erfolg kausal, wenn pflichtgemäßes Handeln den Eintritt des Schadens verhindert hätte (BGH, Urt. v. 17.10.2002 - IX ZR 3/01, MDR 2003, 84 = BGHReport 2003, 63 = WM 2002, 2325 [2326]). Darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen des § 254 BGB - damit auch für die Kausalität des beanstandeten Verhaltens des Geschädigten für den eingetretenen Schaden - ist der Schädiger (BGH, Urt. v. 29.9.1998 - VI ZR 296/97, MDR 1998, 1413 = NJW 1998, 3706 [3707]). Jeglicher Vortrag des Beklagten dazu fehlt.
Fundstellen
Haufe-Index 1471676 |
DStZ 2006, 172 |