Orientierungssatz
Der Gläubiger, der seine Leistung in der Erwartung erbracht hat, ihm würden alle Gesellschafter voll einzustehen haben, kann auch dann auf die Bereicherungshaftung zurückgreifen, wenn eine vertragliche Verpflichtung zwar nicht begründet worden ist, die Gesellschafter aber die zur Rückzahlung verpflichtende Leistung gemeinschaftlich (oder durch einen von ihnen für alle) entgegengenommen haben (Vergleiche BGH, 1973-10-15, II ZR 149/71, BGHZ 61, 338; Vergleiche BGH, 1983-03-16, VIII ZR 346/81, WM IV 1983, 674).
Tenor
Auf die Revision der Beklagten zu 1 und 2 wird – unter Zurückweisung im übrigen – das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 1984 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als diese Beklagten zur Zahlung von mehr als 250.000 DM nebst Zinsen verurteilt worden sind.
Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Beklagten zu 1 und 2 tragen als Gesamtschuldner 25/27 der Kosten des Revisionsverfahrens. Über die weiteren Kosten dieses Rechtszuges entscheidet das Berufungsgericht.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Im Frühjahr 1979 hatten sich die vier Beklagten zusammengeschlossen, um in gemieteten Räumen in Ötigheim eine Diskothek zu betreiben. Sie wollten zu diesem Zweck eine GmbH errichten. Dazu ist es jedoch nicht gekommen.
Am 4./9. August 1979 schloß die Klägerin, die Getränke liefert, mit den im Vertragseingang namentlich und mit ihrer jeweiligen Anschrift genannten vier Beklagten, die auch alle persönlich unterschrieben, einen Vertrag, in dem die Beklagten als „der Kunde” bezeichnet wurden. In Nr. 1 verpflichtete sich „der Kunde” die Diskothek zu eröffnen. In Nr. 2 verpflichtete sich die Klägerin, „dem Kunden” ein Darlehn in Höhe von 250.000 DM zu gewähren, das „bei korrekter Vertragserfüllung nicht zu verzinsen und zurückzuzahlen” war. Weiter heißt es in dem Vertrage unter anderem:
3. Als Gegenleistung verpflichtet sich der Kunde, in und auf dem Gelände seines unter 1. genannten Geschäfts sämtliche Getränke der Firma zu führen und demgemäß seinen gesamten Bedarf an Getränken ausschließlich und ununterbrochen direkt von der Firma zu beziehen.
4. Die Bezugs Verpflichtung … hat eine Laufzeit von 5 Jahren.
Weiterhin verpflichtet sich der Kunde, jährlich 2.000 Hektoliter Getränke zu beziehen. Bezogen auf die gesamte Vertragsdauer eine Gesamtabnahme von 10.000 Hektoliter.
Bleibt die Getränkeabnahme unter dieser Erwartung, verpflichtet sich der Kunde, jeden nicht erfüllten Hektoliter p.a. durch eine Zahlung von 38,60 DM an die Firma zu ersetzen.
Die Klägerin hat das Darlehn gewährt. Die Beklagten haben damit gemeinschaftliche Schulden für Aus- und Umbauten sowie Einrichtungsgegenstände beglichen. Sie haben die Diskothek zunächst selbst betrieben. Nachdem ihnen dies wegen fehlender Konzession untersagt worden war, haben sie die Diskothek im Juni 1980 an Uwe S. verpachtet. Ende 1981 stürzte die Decke der Halle ein, in der die Diskothek betrieben worden war. Die Beklagten haben den Betrieb nicht wieder aufgenommen. Der Grundstückseigentümer hat die Räume zurück erlangt.
Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß ihr Vertrag wegen Verstoßes gegen §§ 18, 34 GWB nichtig war. Wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Beklagten verlangt die Klägerin – soweit in der Revisionsinstanz noch interessierend – die Rückzahlung der als Darlehn gewährten 250,000 DM und die Bezahlung gelieferter Getränke im Werte von noch 21.026,59 DM. Die Beklagten halten sich aus verschiedenen Gründen zur Zahlung nicht für verpflichtet.
Gemäß dem im ersten Rechtszug zuletzt gestellten Antrag hat das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 271.026,59 DM nebst Zinsen zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 zurückgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen diese Beklagten ihren Klagabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nur zum kleineren Teil begründet.
1. Sie ist unbegründet, soweit die Beklagten verurteilt worden sind, die als Darlehn empfangenen 250.000 DM an die Klägerin zurückzuzahlen. Da der Getränkelieferungs- und der damit zusammenhängende Darlehnsvertrag nichtig sind, hatte die von den Beklagten zum Betriebe der Diskothek gegründete Gesellschaft das ohne Rechtsgrund in ihr Vermögen gelangte und für den Ausbau und die Einrichtung der Diskothek verwendete Darlehnskapital der Klägerin wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückzuzahlen (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). Für diese Rückzahlungsverpflichtung haben die Beklagten als Gesamtschuldner einzustehen.
a) Bei dem Zusammenschluß der vier Beklagten hat es sich um eine Personengesellschaft gehandelt. Sie hatten zwar eine GmbH gründen wollen. Sie haben aber nicht behauptet, bereits eine notarielle GmbH-Satzung errichtet zu haben. Dementsprechend ist auch in dem Vertrage mit der Klägerin von einer GmbH oder einer „GmbH in Gründung” nicht die Rede, alle vier Beklagten haben vielmehr die Vertrags Urkunde persönlich als Gesamtschuldner unterzeichnet. Ob die Diskothek einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert hätte, ist ungeklärt. Falls das der Fall gewesen wäre, hätte eine offene Handelsgesellschaft bestanden (§ 105 HGB); die Beklagten würden dann für die Bereicherungsschuld der Gesellschaft nach § 128 HGB auf den vollen Betrag haften. War eine kaufmännische Einrichtung nicht erforderlich, würde zwar nur eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vorhanden gewesen sein. Das würde aber entgegen der Ansicht der Revision an der vollen persönlichen Haftung der Beklagten nichts ändern.
Der Bundesgerichtshof hat zwar in seinen bisherigen Entscheidungen zur Bereicherungshaftung in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts noch nicht umfassend Stellung genommen. Er hat aber für diesen Fall die uneingeschränkte Gesellschafterhaftung daraus hergeleitet, daß der Gläubiger, der seine Leistung in der Erwartung erbracht hat, ihm würden alle Gesellschafter voll einzustehen haben, auf diese Haftung ebenso soll zurückgreifen können, wenn eine vertragliche Verpflichtung zwar nicht begründet worden ist, die Gesellschafter aber die zur Rückzahlung verpflichtende Leistung gemeinschaftlich (oder durch einen von ihnen für alle) entgegengenommen haben (BGHZ 61, 338, 343/344; Urt. v. 3.7.1975 – II ZR 71/73 = VRS Bd. 49, 417, 421/422; Urt. v. 16.3.1983 – VIII ZR 346/81 = LM BGB § 812 Nr. 160 unter III 2 b bb). Ob dieser dem § 427 BGB entnommene Rechtsgedanke – was naheliegt – dazu führt, daß die unbeschränkte Gesellschafterhaftung auch ohne die Besonderheiten der bisher entschiedenen Fälle allgemein anzunehmen ist, wenn der Gläubiger rechtsgrundlos eine Leistung ins Gesellschaftsvermögen erbringt, ist hier nicht weiter zu erörtern (so im Ergebnis Flume, Allg. Teil des BGB, 11 § 16 IV 6; Ulmer, die Ges. bürgert. Rechts, § 714 BGB Anm. 40). Der vorliegende Fall unterscheidet sich jedenfalls von den bisher entschiedenen Fällen in keinem erheblichen Punkte, so daß das Berufungsgericht die Haftung der Beklagten für den ganzen Betrag zu Recht angenommen hat. Der von der Revision hervorgehobene Umstand, daß die Beklagten nach ihrer Behauptung aus dem Gesellschaftsvermögen niemals irgendwelche Zahlungen erhalten haben, spricht nicht gegen ihre Inanspruchnahme, weil es gerade der Zweck des § 427 BGB ist, den Gläubiger einer Schuldnermehrheit davor zu bewahren, sich um deren innere Verhältnisse kümmern zu müssen (BGHZ 61, 338, 343). Es kommt auch nicht darauf an, daß die Beklagten zu 1 und 2 später ihre Gesellschaftsanteile dem Beklagten zu 4 übertragen haben; denn die einmal entstandene Gesellschafterhaftung bleibt auch nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft bestehen.
b) Ohne Erfolg machen die Beklagten geltend, nicht mehr bereichert zu sein, weil die Halle, die sie mit Hilfe des Darlehns für die Zwecke der Diskothek umgebaut und eingerichtet hätten, eingestürzt und wertlos geworden sei. Die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB, mit deren Hilfe sie ihre Rückzahlungspflicht ausschließen möchten, greift nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht ein, wenn es sich um die Rückzahlung einer rechtsgrundlos erworbenen Darlehns summe handelt. Denn der Empfänger eines Darlehns weiß, auch wenn er den Mangel des Rechtsgrundes beim Empfang des Darlehns nicht kennt, daß er das Darlehnskapital auf Dauer nicht behalten kann. Das reicht für die Anwendung des § 819 BGB aus, der dem Empfänger einer rechtsgrundlos erhaltenen Leistung nicht gestattet, sich darauf zu berufen, nicht mehr bereichert zu sein (BGHZ 83, 293, 295; Urt. v. 14.4.1969 – III ZR 65/68 = WM 1969, 857, 858). Im vorliegenden Falle war zwar nach Ziffer 2 des Vertrages vom 9. August 1979 vorgesehen, daß das Darlehn bei korrekter Vertragserfüllung nicht zurückzuzahlen war. Das kam aber wegen der Laufzeit des Vertrages frühestens nach 5 Jahren in Betracht. Im frühen Stadium des Vertrages, um das es sich hier handelt, wußten die Beklagten, daß es sich vorläufig noch für weitere Jahre um ein zurückzuzahlendes Darlehnskapital handelte. Gesellschaft und Gesellschafter sind daher, da der nach §§ 812, 818 Abs. 4, 819 BGB haftende Bereicherungsschuldner nach § 279 BGB auch für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen hat (BGHZ aaO), zur Rückzahlung verpflichtet.
c) Zu Unrecht vertritt die Revision auch die Auffassung, die Rückforderung der 250.000 DM sei nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift könnte die Klägerin das Darlehnskapital nur dann nicht zurückverlangen, wenn sie das Darlehn zu einem verbotenen oder sittenwidrigen Zweck hingegeben hätte.
Das war nicht der Fall. Kredite, die mit Getränkelieferungsverträgen zusammenhängen, sind selbstverständlich nicht verboten; der Vertrag der Parteien war nur deshalb nichtig, weil die Schriftform des § 34 GWB nicht vollständig eingehalten war. Ebensowenig war die Hingabe des Darlehns sittenwidrig. Es kann dahingestellt bleiben, ob Nr. 6 des Lieferungsvertrages wegen der darin enthaltenen Vertragsverlängerungsklausel als sittenwidrige Knebelung der Beklagten anzusehen ist, wie die Revision meint. Denn das hat mit der Darlehnsgewährung als solcher nichts zu tun. Das Darlehn war nach seinem unmittelbaren Zwecke dazu bestimmt, den Abschluß des Getränkelieferungsvertrages zu erleichtern und auf Seiten der Beklagten die Voraussetzungen zu schaffen, um die Diskothek einrichten und die Getränke abnehmen zu können. Für einen Fall des § 817 Satz 2 BGB gibt der Sachverhalt nichts her.
d) Der Senat hat allerdings noch erwogen, ob sich die Klägerin einen Abzug von der zurückzuzahlenden Darlehnssumme gefallen lassen muß, weil das Darlehn nach ordnungsgemäßem Ablauf des Vertrages nicht mehr hätte zurückgezahlt werden müssen und der Getränkelieferungsvertrag wenigstens zu einem Teil der vorgesehenen Laufzeit von 5 Jahren vollzogen worden ist. Die Klägerin hatte aber nach § 2 Abs. 2 des Vertrages auf die Rückzahlung des Darlehns nur für den Fall „korrekter Vertragserfüllung” verzichtet. Auf eine auch nur einigermaßen korrekte Vertragserfüllung können sich die Beklagten aber auch für die verhältnismäßig kurze tatsächliche Laufzeit des Vertrages nicht berufen. Sie haben schon im Jahre 1980 bei weitem die versprochene Menge von 2.000 Hektoliter Getränke nicht abgenommen und auch die für diesen Fall vorgesehene Ersatzleistung nicht gezahlt. Im Jahre 1981 im vorgesehenen Umfange Getränke abgenommen zu haben, haben sie nicht behauptet; sie haben aber jedenfalls die laufenden Rechnungen nur schleppend bezahlt, so daß die Klägerin – nachdem die Beklagten mit 28.215,24 DM im Rückstand waren – nur noch gegen bar zu liefern genötigt war. Der Zweck des Rückzahlungsverzichts, den Beklagten einen Anreiz zu einwandfreier Vertragserfüllung zu geben, hat sich daher zugunsten der Klägerin auch für den Zeitraum nicht erfüllt, in dem für die Diskothek Getränke geliefert worden sind. Infolgedessen ist auch für eine Kürzung der zurückzuzahlenden Darlehnssumme kein Raum.
e) Die Behauptung des Beklagten zu 1, bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages und des Vertrages mit der Klägerin geschäftsunfähig gewesen zu sein, hat das Berufungsgericht nicht für bewiesen erachtet. Die Rüge der Revision, damit Beweisanträge des Beklagten übergangen zu haben, ist unbegründet. Das Berufungsgericht hatte durch Beschluß vom 13. Dezember 1983 das in einem anderen Rechtsstreit erstattete Gutachten des Sachverständigen Professor Dr. R. beigezogen, auf den sich der Beklagte schon im ersten Rechtszug des vorliegenden Rechtsstreits bezogen hatte. Nach den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils hat der Beklagte die Richtigkeit dieses Gutachtens nicht bezweifelt. Daß er dies in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht dennoch getan oder die Einholung eines Ergänzungsgutachtens beantragt hätte, macht die Revision nicht geltend. Bei dieser Sachlage durfte das Berufungsgericht die früheren Beweisanträge des Beklagten als erledigt ansehen. Damit, daß der Sachverständige in einem erst während des Revisionsverfahrens erstatteten Gutachten zu dem Ergebnis gelangt ist, der Beklagte sei während des ganzen Jahres 1979 geschäftsunfähig gewesen, kann die Revision mit Rücksicht auf § 561 ZPO nicht gehört werden.
f) Gegen die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung von 250.000 DM läßt sich nach alledem revisionsrechtlich nichts einwenden.
2. Dagegen bedarf die weitere Frage, ob die Beklagten auch für die Bezahlung der Getränkelieferungen zum vollen Rechnungsbetrage von 21.026,59 DM einzustehen haben, noch der Prüfung. Die Klägerin hat ihre Restforderung nach dem Stande von Ende Dezember 1981 berechnet. Zu dieser Zeit waren die Beklagten zu 1 und 2 aus der Gesellschaft bereits aus geschieden. Für eine etwaige Bereicherung des Gesellschaftsvermögens haften sie in der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft nicht, soweit diese durch Getränke eingetreten ist, die erst nach ihrem Ausscheiden geliefert worden sind. Die Rechtslage ist nicht viel anders, wenn die einzelnen Lieferungsabsprachen, wofür die Umstände sprechen könnten, unabhängig von der Nichtigkeit des Grundvertrages wirksame Einzelverträge gewesen sind, und die restliche Abwicklung nicht nach Bereicherungsgrundsätzen vorzunehmen ist. Dann haften die Beklagten (nur) für die Zahlungsverpflichtungen, die vor ihrem Ausscheidenbegründet worden sind. In beiden Fällen wird möglicherweise noch zu berücksichtigen sein, daß die Diskothek seit Juni 1980 an Uwe S. verpachtet gewesen und bisher von der Klägerin nicht dargetan worden ist, daß ihre Abrechnung von Ende 1981 nicht auch Lieferungen an den Pächter betrifft, die die Beklagten nichts angehen würden. Sollte zwischen den Beklagten keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern eine offene Handelsgesellschaft bestanden haben, dann haften die Beklagten allerdings nach § 128 HGB für den vollen Betrag, weil ihr Ausscheiden aus dieser Gesellschaft nicht im Handelsregister eingetragen worden ist.
Damit die Parteien Gelegenheit haben, unter diesen Gesichtspunkten ihr Vorbringen zu ergänzen, und das Berufungsgericht insoweit noch die erforderlichen Feststellungen treffen kann, ist die Sache wegen der Getränkerechnung von 21.026,59 DM nebst Zinsen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Stimpel, Dr. Schulze, Dr. Kellermann, Bundschuh, Dr. Seidl
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 12.11.1984 durch Kaufmann Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 650050 |
NJW 1985, 1828 |