Leitsatz (amtlich)
a) Die Mängelanzeige nach § 377 HGB ist empfangsbedürftig. Die Verlustgefahr trägt der Käufer; lediglich das Verzögerungsrisiko ist ihm bei rechtzeitiger Absendung gemäß § 377 Abs. 4 HGB abgenommen.
b) Den Käufer trifft die Beweislast für den Zugang der Mängelanzeige.
Normenkette
HGB § 377
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 19.02.1986) |
LG München |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Februar 1986 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin stellt Profilbleche und Profilteile her. Die Beklagte betreibt ein Dachdeckerunternehmen. Mit Fernschreiben vom 31. Juli 1984 bestellte die Beklagte verschiedene Dachelemente für ein Bauvorhaben in München. Die Klägerin bestätigte den Auftrag mit Schreiben vom selben Tage.
Im August 1984 ließ die Beklagte die Dachelemente durch eine Spedition bei der Klägerin abholen. Die Klägerin stellte sie der Beklagten am 10. und 13. August 1984 mit 67.156,83 DM in Rechnung und mahnte diesen Betrag am 24. August, 12. und 28. September 1984 an. Die Beklagte zahlte nicht. Am 23. Oktober 1984 erschien ein Angestellter der Klägerin in der Wohnung des Zeugen Franz R., des Vaters des Geschäftsführers der Beklagten, und forderte dessen allein anwesende Ehefrau zur Kaufpreiszahlung auf. Daraufhin setzte sich die Beklagte mit der Klägerin in Verbindung und vereinbarte eine gemeinsame Besichtigung der Baustelle, auf der sie die gelieferten Dachelemente verwendet hatte. Bei dieser Besichtigung am 25. Oktober 1984 stellten die Parteien eine „Schüsselung” – d.h. ein Hochbiegen der Ecken – der Elemente fest, über deren Umfang sie streiten. Mit Anwaltsschreiben vom 29. Oktober 1984 ließ die Beklagte die Schüsselung der Dachelemente rügen. Die Klägerin wies die Reklamation zurück.
Mit der Klage macht die Klägerin den Kaufpreis für die Dachelemente – und einen weiteren, durch rechtskräftiges Teilurteil des Landgerichts erledigten Betrag – geltend. Die Beklagte hat sich im zweiten Rechtszug nur noch auf die Mängeleinrede nach § 478 BGB berufen und vorgetragen, sie habe die jetzt vorliegenden Mängel der Dachelemente erst bei einer Nachkontrolle Ende September 1984 festgestellt, nachdem sie die bereits kurz nach der am 20. September 1984 beendeten Montage bemerkte leichte Schüsselung noch durch Nachziehen der Montageschrauben zu beheben gehofft habe; sie habe die Mängel sofort durch Schreiben vom 29. September 1984 – von dem eine Durchschrift bei ihr nicht mehr auffindbar sei, dessen Absendung aber der Zeuge R. bestätigen könne – der Klägerin mitgeteilt. Die Klägerin bestreitet einen Mangel der Dachelemente bei Auslieferung, führt die bei der gemeinsamen Besichtigung festgestellte leichte Schüsselung auf eine unsachgemäße Behandlung bei dem Transport, der Lagerung oder der Montage der Elemente zurück und behauptet, ein Schreiben der Beklagten vom 29. September 1984 nicht erhalten zu haben.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 67.156,83 DM verurteilt. Deren Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Es komme nicht darauf an, ob ein Mangel der Dachelemente vorgelegen habe. Denn die Beklagte könne sich auf eine Mangelhaftigkeit nicht mehr berufen, weil die Elemente gemäß § 377 Abs. 3 HGB als genehmigt gälten. Sie habe nicht nachgewiesen, daß sie der Klägerin die Mängel unverzüglich nach ihrer Entdeckung angezeigt habe. Nach ihren eigenen Angaben habe sie die Mängel spätestens am 29. September 1984 entdeckt. Ob sie an diesem Tage eine Mängelanzeige abgesandt habe, sei unerheblich, weil sie den Zugang dieses Schreibens bei der Klägerin nicht nachzuweisen vermöge. Auch aus der Vorschrift des § 377 Abs. 4 HGB, die nur die Verzögerungs-, nicht aber die Verlustgefahr betreffe, folge nicht, daß die rechtzeitige Absendung der Anzeige den Zugang beim Verkäufer ersetze. Eine am 23. Oktober 1984 telephonisch erfolgte Mängelrüge sei verspätet, nämlich von der Beklagten schuldhaft verzögert, gewesen. Sie hätte den Umstand, daß zu dem von ihr nach ihrem Vortrag im Schreiben vom 29. September 1984 festgesetzten Besichtigungstermin kein Vertreter der Klägerin erschienen sei, zum Anlaß einer Nachfrage bei der Klägerin nehmen müssen. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin den Verspätungseinwand rechtsmißbräuchlich erhoben habe, seien nicht gegeben.
II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision stand. Die Beklagte kann sich auf eine Mangelhaftigkeit der ihr gelieferten Dachelemente nicht mehr mit Erfolg berufen. Denn der Beklagten steht ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 478 BGB nicht zu, weil die Ware gemäß § 377 Abs. 3 HGB als genehmigt gilt und dies die Beklagte daran hindert, aus ihrer angeblichen Mangelhaftigkeit kaufvertragliche Rechte herzuleiten.
1. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte habe den Nachteil zu tragen, daß der Zugang ihres Schreibens vom 29. September 1984 streitig und unbewiesen sei.
a) Auf die Beweislastverteilung käme es allerdings nicht an, wenn die Ansicht der Revision zuträfe, daß die Mängelanzeige im Sinne des § 377 HGB nicht empfangsbedürftig sei. Diese Auffassung wird in der älteren Judikatur (ROHG 19, 153; RG ZHR 26, 571) und von Teilen des Schrifttums vertreten (Düringer/Hachenburg/Hoeniger, HGB, 3. Aufl., § 377 Anm. 69; von Gierke, Handelsrecht und Schiffahrtsrecht, 8. Aufl., S. 480; Heymann/Kötter, HGB, 4. Aufl., § 377 Anm. 4; Bandasch, Gemeinschaftskommentar zum HGB, 3. Aufl., § 377 Rdn. 10; Capelle/Canaris, Handelsrecht, 19. Aufl., S. 185; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 130 Rdn. 17; Glaser JR 1955, 281, 283; im Ergebnis auch MünchKomm-Förschler, BGB, 2. Aufl., § 130 Rdn. 7). Demgegenüber hält das neuere Schrifttum die Mängelanzeige überwiegend für eine empfangsbedürftige Erklärung (z.B. Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 27. Aufl., § 377 Anm. 4 C; Staub/Brüggemann, HGB, 4. Aufl., § 377 Rdn. 142; Renkl in: Glanegger/Niedner/Renkl/Ruß, HGB, 1987, § 377 Rdn. 10; Schlegelberger/Hefermehl, HGB, 5. Aufl., § 377 Rdn. 76; Soergel/Hefermehl, BGB, 11. Aufl., § 130 Rdn. 3; Staudinger/Honseil, BGB, 12. Aufl., § 478 Rdn. 5; Erman/Brox, BGB, 7. Aufl., § 130 Rdn. 26; Schneider MDR 1977, 537, 539; Meeske, Die Mängelrüge, 1965, S. 128). Der erkennende Senat teilt diese Ansicht.
aa) Es ist einzuräumen, daß der Wortlaut des § 377 Abs. 4 HGB, wonach zur Erhaltung der Rechte des Käufers die rechtzeitige Absendung der Anzeige genügt, die Auslegung zuläßt, für die Wirkung der Mängelanzeige komme es nur auf ihre Absendung und nicht auf den Zugang an. Es mag auch sein, daß bei Schaffung der Vorschrift des § 377 HGB von dieser Vorstellung ausgegangen wurde (vgl. Denkschrift zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuches und eines Einführungsgesetzes, 1896/97, S. 224, zu § 369 Abs. 4 der Kommissionsvorlage, zitiert nach Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 6. Bd. 1897, S. 376; zur Entstehungsgeschichte vgl. im übrigen Raisch, Geschichtliche Voraussetzungen, dogmatische Grundlagen und Sinnwandlung des Handelsrechts, 1965, S. 277 ff.; Lehmann WM 1980, 1162). Sie ist gleichwohl im Wortlaut der Bestimmung nicht in einer Weise zum Ausdruck gekommen, die zu einem derartigen Verständnis zwingt. Über das Zugangserfordernis der Mängelanzeige besagt § 377 Abs. 4 HGB unmittelbar – anders als etwa Art. 39 Abs. 3 EKG – nichts. Auch bei den gesetzestechnisch ähnlich angelegten Bestimmungen der §§ 121 Abs. 1 Satz 2 BGB und 478 Abs. 1 Satz 1 BGB entspricht es der heute einhelligen bzw. überwiegenden Ansicht, daß der Zugang der Anfechtungserklärung und der Mängelanzeige Wirksamkeitserfordernis ist (zu § 478 BGB z.B. Staudinger/Honsell a.a.O. § 478 Rdn. 5; MünchKomm-H.P. Westermann, BGB, § 478 Rdn. 4; Soergel/Hefermehl a.a.O. § 130 Rdn. 3; Erman/Brox a.a.O. § 130 Rdn. 26; Erman/Weitnauer a.a.O. § 478 Rdn. 3; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Bd. I, § 478 Fußn. 2; wohl auch Krüger-Nieland in: RGRK-BGB, 12. Aufl., § 130 Rdn. 3 i.V.m. Rdn. 13 vor § 104; hier allerdings anders Palandt/Putzo, BGB, 46. Aufl., § 478 Anm. 2 a aa; Staudinger/Dilcher a.a.O. § 130 Rdn. 17; Soergel/Huber a.a.O. § 478 Rdn. 10).
bb) Die Vorschrift des § 377 Abs. 1 HGB geht davon aus, daß die unverzügliche Anzeige den Verkäufer erreicht (so auch Schneider a.a.O. S. 538). Das legt bereits das Wort „Anzeige” nahe. Absatz 4 der Bestimmung hat demgegenüber nur die Bedeutung, daß für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit nicht auf den Zugang, sondern auf die Absendung der Mängelanzeige abzustellen ist (ebenso z.B. Fabricius JZ 1965, 271, 274; Hüffer JA 1981, 70, 73; Schlegelberger/Hefermehl a.a.O. § 377 Rdn. 76). Daraus folgt, daß dem Käufer lediglich das Verzögerungsrisiko (Senatsurteil BGHZ 93/338, 349), nicht aber die Verlustgefahr abgenommen ist (ebenso z.B. Schlegelberger/Hefermehl aaO; Staub/Brüggemann aaO).
Für dieses Verständnis der Vorschrift des § 377 HGB spricht entscheidend der Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Die den Käufer treffende Obliegenheit zur unverzüglichen Mängelrüge dient nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 91, 293, 299 f m.Nachw.; Urteil vom 27. März 1985 – VIII ZR 75/84 = WM 1985, 834 unter 3 b cc ß) nicht nur dem allgemeinen Interesse des Handelsverkehrs an einer raschen und endgültigen Abwicklung von Rechtsgeschäften, sondern in erster Linie den Belangen des Verkäufers, der in die Lage versetzt werden soll, entsprechende Feststellungen und notwendige Dispositionen – vor allem zur Schadensabwendung – zu treffen, und davor bewahrt werden soll, sich noch längere Zeit nach der Ablieferung Ansprüchen wegen etwaiger, mit zunehmendem Zeitablauf nur unsicher feststellbarer Mängel ausgesetzt zu sehen. Diesen Zweck kann eine zwar abgesandte, den Verkäufer aber nicht erreichende Anzeige schlechterdings nicht erfüllen (ebenso z.B. Schneider a.a.O. S. 539; Meeske a.a.O. S. 128).
Der Auffassung, das Interesse des Verkäufers, von der Mängelanzeige Kenntnis zu erhalten, genüge nicht, um dem Käufer die Gefahr für die ordnungsgemäß abgesendete Anzeige aufzuerlegen, weil der Verkäufer seine Pflicht, vertragsmäßige Ware zu liefern, nicht erfüllt und er deshalb den Käufer zu besonderen Maßnahmen genötigt habe (ROHG 19, 153, 155), vermag der Senat nicht zu folgen. Sie berücksichtigt nicht, daß die Mängelanzeige den Verkäufer gerade in die Lage versetzen soll, eigene Feststellungen darüber zu treffen, ob ein Mangel vorliegt – und nur wenn dies der Fall ist, kann dem Verkäufer der Vorwurf der Vertragswidrigkeit gemacht werden –, und daß der Verkäufer – wiewohl den Käufer in der Regel die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels treffen wird – mit zunehmendem Zeitablauf auch selbst in Beweisnot geraten kann (Senatsurteil vom 21. Juni 1978 – VIII ZR 91/77 = WM 1978, 1052 unter 1 d cc) und sich Unsicherheiten und Schwierigkeiten späterer Ermittlungen auch zu seinem Nachteil auswirken können.
b) Die Frage, wer den Zugang bzw. Nichtzugang der Mängelanzeige zu beweisen hat, ist vom Bundesgerichtshof bisher, soweit ersichtlich, nicht entschieden worden. Das von der Revisionserwiderung zitierte Urteil des I. Zivilsenats vom 18. März 1952 (I ZR 77/51 = LM HGB § 377 Nr. 1) sagt hierüber nichts. In dem Senatsurteil vom 20. November 1961 (VIII ZR 167/60 = LM HGB § 377 Nr. 8) ging es allein um das Risiko des rechtzeitigen Empfangs und nicht um einen Streit darüber, ob die Rüge den Verkäufer erreicht hat. Der erkennende Senat entscheidet die Frage nunmehr dahin, daß den Käufer die Beweislast für den Zugang der Mangelanzeige trifft.
aa) Dafür spricht bereits die Empfangsbedürftigkeit der Mängelanzeige (ebenso Schneider a.a.O. S. 539). Der gegenteiligen Ansicht, nach der die Empfangsbedürftigkeit mit der Frage der Verlustgefahr – und der Beweislast – nichts zu tun habe (Meeske a.a.O. S. 128; Brüggemann in: RGRK-HGB, 2. Aufl., § 377 Anm. 26; anders wollen Staub/Brüggemann a.a.O. den Käufer zwar die Verlustgefahr tragen lassen – vgl. § 377 Rdn. 142 –, dem Verkäufer aber den Beweis dafür auferlegen, daß die Anzeige nicht zugegangen sei – a.a.O. Rdn. 206 –), kann nicht zugestimmt werden. Denn wenn – wie ausgeführt (oben II 1 a) – der Zugang der Mängelanzeige Wirksamkeitserfordernis ist, wäre es widersprüchlich, ihre Absendung zum Nachteil des Verkäufers auch dann Rechtswirkungen entfalten zu lassen, wenn die Frage des Zugangs offen bleibt.
bb) Daß der Käufer den Zugang der Mängelanzeige beweisen muß, entspricht auch den zur – jedenfalls entsprechend anwendbaren – Vorschrift des § 130 BGB entwickelten Beweislastregeln (z.B. BGHZ 70, 232, 234; BGH Urteil vom 17. Februar 1964 – II ZR 87/61 = WM 1964, 452; Rosenberg, Die Beweislast, 3. Aufl., S. 251). Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Beweislast stets den Erklärenden (so z.B. MünchKomm-Förschler a.a.O. § 130 Rdn. 34; Palandt/Heinrichs a.a.O. § 130 Anm. 8; Krüger-Nieland a.a.O. § 130 Rdn. 41) oder denjenigen trifft, der sich auf den Zugang beruft (so z.B. Baumgärtel/Laumen a.a.O. § 130 Rdn. 1; Soergel/Hefermehl a.a.O. § 130 Rdn. 23; Erman/Brox a.a.O. § 130 Rdn. 27); denn beides ist hier die Beklagte. Auch im Falle des § 478 BGB (dazu Baumgärtel a.a.O. § 478 Rdn. 1) und ebenso dem des § 121 BGB hat der Käufer bzw. der Anfechtende den Zugang seiner Erklärung zu beweisen.
cc) Es ist schließlich auch sachgerecht, den Käufer mit der Pflicht zu belasten, den Zugang der Mängelanzeige zu beweisen. Anderenfalls wäre der Verkäufer gezwungen, ihren Nichtzugang nachzuweisen. Zwar ist es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, einer Partei den Beweis einer negativen Tatsache aufzubürden (z.B. BGH Urteil vom 16. Oktober 1984 – VI ZR 304/82 = NJW 1985, 264 unter II 4 a m.Nachw.; Rosenberg a.a.O. S. 326 ff.). In der Regel vermeidet es das Gesetz aber schon mit Rücksicht auf die Schwierigkeit der Beweisführung bei negativen Tatsachen, mit ihnen Rechtswirkungen zu verbinden (BGHZ 16, 307, 310; Rosenberg a.a.O. S. 329 ff.). Von dem Verkäufer den Beweis des Nichteingangs der Mängelanzeige zu verlangen, müßte ihn – wenn die Beweisführung überhaupt möglich ist – mit so genauen und umfassenden Eingangskontrollen belasten, daß sie auch einen Kaufmann in aller Regel überfordern würden. Der Käufer hingegen hat es selbst in der Hand, mit relativ einfachen Mitteln den Zugang seiner Anzeige nachzuprüfen, sei es, daß er eine besondere Versendungsform (z.B. Einschreiben gegen Rückschein) wählt, sei es, daß er sich nach Verstreichen der üblichen Postlaufzeit nach dem Eingang beim Verkäufer erkundigt.
2. Eine nach dem Besuch des Angestellten der Klägerin vom 23. Oktober 1984 von der Beklagten mündlich und die am 29. Oktober 1984 durch Anwaltsschreiben geltend gemachte Mängelrüge sind verspätet. Daß eine mehr als drei Wochen nach Entdeckung des Mangels erstattete Anzeige in aller Regel nicht mehr „unverzüglich” im Sinne des § 377 Abs. 1, 3 HGB erfolgt ist, bedarf im Ausgangspunkt keiner näheren Darlegung (zu einem zweiwöchigen Zeitablauf vgl. Senatsurteil BGHZ 93, 338, 348). Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen – und hat dies im übrigen auch nicht getan –, daß sie entschuldbar (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf den Zugang ihres – angeblichen – Schreibens vom 29. September 1984 vertrauen durfte. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, sie habe das Ausbleiben eines Vertreters der Klägerin an dem von ihr selbst festgesetzten Ortstermin zum Anlaß nehmen müssen, bei der Klägerin – die zudem den ausstehenden Kaufpreis mehrfach in immer drängenderer Form und zuletzt unter Androhung gerichtlicher Schritte angemahnt hatte – nachzufragen, werden von der Revision nicht angegriffen und lassen Rechtsfehler nicht erkennen (vgl. auch Schneider a.a.O. S. 540).
3. Soweit die Revision einen Verzicht der Klägerin auf den Verspätungseinwand geltend machen, auf den früher erhobenen Einwand rechtsmißbräuchlichen Verhaltens der Klägerin zurückkommen oder sich auf ein arglistiges Verschweigen des Mangels (§ 377 Abs. 5 HGB) berufen will, sind ihre Angriffe ebenfalls unbegründet. Daraus, daß sich die Klägerin auf den Besichtigungstermin vom 25. Oktober 1984 eingelassen hat, kann allein ein Verzicht auf die Rechtsfolgen der verspäteten Rüge nicht entnommen werden, zumal sie wenig später auf der Begleichung der Kaufpreisforderung beharrt hat (vgl. Senatsurteile vom 26. Februar 1964 – VIII ZR 176/62 = LM HGB § 377 Nr. 9 und vom 29. März 1978 – VIII ZR 245/76 = WM 1978, 725 unter IV). Ein – vom Berufungsgericht verneintes – rechtsmißbräuchliches Verhalten der Klägerin ist nicht ersichtlich und wird von der Revision auch nicht substantiiert aufgezeigt. Daß die Klägerin Mängel der Dachelemente arglistig verschwiegen habe, hat schon das Landgericht nach Beweisaufnahme für nicht bewiesen gehalten. Darauf hat das Berufungsgericht offensichtlich Bezug nehmen wollen. Eine ausgeführte Verfahrensrüge richtet die Beklagte, die schon im zweiten Rechtszug auf ihre Behauptung nicht mehr zurückgekommen war, hiergegen nicht.
Unterschriften
Braxmaier, Wolf, Dr. Skibbe, Dr. Brunotte, Dr. Paulusch
Fundstellen