Entscheidungsstichwort (Thema)
Überprüfung der Bewertung der Steuerberaterprüfung
Leitsatz (redaktionell)
Zur verwaltungsinternen und finanzgerichtlichen Überprüfung der Bewertung der Leistungen in einer Steuerberaterprüfung.
Normenkette
StBerG § 37a; DVStB § 24; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1
Beteiligte
Rechtsanwälte Dr. Peter-D. Schulte und Koll. |
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
1. Der Beschwerdeführer hat auch im dritten Versuch die Steuerberaterprüfung nicht bestanden. Das verwaltungsinterne Kontrollverfahren hat nicht zu einer Änderung der vom Beschwerdeführer angegriffenen Bewertungen geführt. Hieran hat allerdings der Zweitprüfer nicht teilgenommen; das hat sich aber erst im Revisionsverfahren herausgestellt.
Die Klage, mit der der Beschwerdeführer seine Zulassung zur mündlichen Prüfung erstrebte, wies das Finanzgericht ab. Die Revision hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof sah sich gehindert, den Verfahrensfehler zu berücksichtigen, weil er vom Finanzgericht nicht festgestellt worden sei. Neues tatsächliches Vorbringen könne in das Revisionsverfahren nicht eingeführt werden, auch wenn es dem Revisionskläger nicht möglich oder zumutbar gewesen sei, die Tatsachen geltend zu machen, nicht einmal, wenn sie aus dem Organisationsbereich des Prozessgegners stammten. Aus den unstreitig falsch festgestellten Tatsachen folge weder ein Verfahrensfehler noch ein Restitutionsgrund.
2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG sowie seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG durch die gerichtlichen Entscheidungen. Der Verfahrensfehler im Überdenkungsverfahren wirke fort, weil nicht auszuschließen sei, dass der Zweitkorrektor die Prüfungsleistungen besser bewertet hätte, wäre er beteiligt worden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.
1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bereits geklärt, dass aus Art. 12 Abs. 1 GG bei berufsbezogenen Prüfungen ein Anspruch des Prüflings auf effektiven Schutz seines Grundrechts der Berufsfreiheit durch eine entsprechende Gestaltung des Prüfungsverfahrens folgt (BVerfGE 84, 34 ≪45 ff.≫). Der Prüfling muss die Möglichkeit haben, Einwände gegen die Bewertungen seiner Prüfungsleistungen rechtzeitig und wirkungsvoll vorzubringen, um derart ein „Überdenken” dieser Bewertungen unter Berücksichtigung seiner Einwände zu erreichen (BVerfG, a.a.O., S. 48).
Ferner ist geklärt, dass Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Rechtsweg gewährleistet im Rahmen der jeweiligen einfachgesetzlichen Prozessordnungen. Der Weg zu den Gerichten, insbesondere auch zur inhaltlichen Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung, darf von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden (vgl. BVerfGE 9, 194 ≪199 f.≫; 10, 264 ≪267 f.≫; 27, 297 ≪310≫; 35, 65 ≪72 f.≫; 40, 272 ≪274≫; 77, 275 ≪284≫). Der Zugang zu den Gerichten und zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen darf aber nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 ≪274 f.≫; 78, 88 ≪99≫; 88, 118 ≪124≫). Insbesondere darf ein Gericht nicht durch übermäßig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar verkürzen (BVerfGE 84, 366 ≪369 f.≫).
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der vom Beschwerdeführer als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Nach den Grundsätzen der verfassungsrechtlichen Überprüfbarkeit fachgerichtlicher Entscheidungen (BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 85, 248 ≪257 f.≫; 97, 12 ≪27≫) sind die angegriffenen Entscheidungen nicht zu beanstanden. Für eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG sowie seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG ist nichts ersichtlich.
Zwar ist fraglich, ob nicht der Bundesfinanzhof den Anspruch des Beschwerdeführers auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar verkürzt, wenn er einen Fehler im Überdenkungsverfahren jeder gerichtlichen Kontrolle entzieht. Dennoch besteht vorliegend kein Anlass zum Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts ist davon auszugehen, dass das Begehren des Beschwerdeführers, zur mündlichen Prüfung zugelassen zu werden, im Ergebnis keinen Erfolg hätte.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Kühling, Jaeger, Hömig
Fundstellen
Haufe-Index 565184 |
HFR 2000, 601 |