Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Neubeginn der Monatsfrist bei Verfassungsbeschwerde gegen Gegenvorstellung. Wirksamkeit einer Gegenvorstellung
Leitsatz (redaktionell)
Erhebt ein Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren Gegenvorstellung – die mangels Devolutiveffekt kein Rechtsmittel im verfahrensrechtlichen Sinn ist – gegen die Zurückweisung seiner Revision als unzulässig, wird die Monatsfrist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde nur dann erneut in Lauf gesetzt, wenn das Rechtsmittel nicht offensichtlich unzulässig war (die Gegenvorstellung gegen die Revision gemäß § 126 Abs. 1 FGO verwerfende Beschlüsse ist unstatthaft). Soweit hiervon abweichend und weitergehend auf Gegenvorstellung hin eine Abänderung für zulässig gehalten wird, geschieht das nur in Fällen, in denen die Entscheidung auf Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder unter Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters ergangen ist
Normenkette
BVerfGG § 93 Abs. 1; FGO § 126 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1, Art. 101 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Gründe
Die Verfassungsbeschwerden gegen die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 2. November 1983 sind unzulässig, weil mit ihren Eingang beim Bundesverfassungsgericht am 6. Februar 1984 die Monatsfrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG, welche angesichts der Zustellung vom 20. Dezember 1983 bereits am 20. Januar 1984 endete, nicht gewahrt ist.
Diese Frist ist auch nicht durch das auf Gegenvorstellung vom 30. Dezember 1983 ergangene Schreiben des Vorsitzenden des II. Senats des Bundesfinanzhofs vom 5. Januar 1984 neu in Lauf gesetzt worden. Abgesehen davon, daß mit seinem Eingang bei den Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführer am 18. Januar 1984 die Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG noch nicht abgelaufen war und angesichts seines Inhalts Veranlassung bestanden hätte, noch bis zum 20. Januar 1984 gegen die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs Verfassungsbeschwerden zu erheben, sollten diese nicht bereits aus Gründen der Fristversäumnis scheitern, entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, daß eine gerichtliche Entscheidung, die ein Rechtsmittel als unzulässig verwirft, die Monatsfrist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde nur dann neu in Lauf setzt, wenn das Rechtsmittel nicht offensichtlich unzulässig war (BVerfGE 5, 17 ≪19 f.≫; 48, 341 ≪344 f.≫). Setzt man zugunsten der Beschwerdeführer die Gegenvorstellung, bei der es sich mangels Devolutiveffekt nicht um ein Rechtsmittel im verfahrensrechtlichen Sinne handelt, dennoch diesem gleich, so konnte kein Zweifel daran bestehen, daß sie nicht statthaft war. Das hätte sich der Verfassungsbeschwerden bei auch nur flüchtigem Studium einschlägiger Kommentierungen unschwer erschlossen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 42. Aufl., 1984, Übersicht § 567 1 C a unter Hinweis auf BFH BStBl. II 1979 S. 574, wonach die Gegenvorstellung gegen die Revision gemäß § 126 Abs. 1 FGO verwerfende Beschlüsse unstatthaft ist). Soweit hiervon abweichend und weitergehend auf Gegenvorstellung hin eine Abänderung für zulässig gehalten wird, geschieht das nur in Fällen, in denen die Entscheidung auf Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder unter Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist (so für das Strafverfahren BVerfGE 42, 243 ≪250≫; 63, 77 79≫). Von alledem kann keine Rede sein; die Verfassungsbeschwerden zeigen auch nichts derartiges auf. Vielmehr lassen die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs erkennen, daß sie sich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer auseinandergesetzt und dieses erwogen haben. In Wahrheit wollen die Beschwerdeführer nur ihre eigene – aus einfachrechtlicher Sicht nicht unbedenkliche – Auffassung über die Anforderungen an Fristenkontrollen anstelle derjenigen des Fachgerichts setzen. Wenn der Bundesfinanzhof es bei dieser Sachlage abgelehnt hat, nochmals in eine erneute Prüfung einzutreten, so kommt darin ein Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 GG nicht zum Ausdruck.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen