Entscheidungsstichwort (Thema)
Tabaksteuer, Steuerzeichen für Zigaretten, Diebstahl vor Überführung in steuerrechtlich freien Verkehr
Leitsatz (amtlich)
Die Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 807/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (Einstimmigkeit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG steht der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegen, die die Erstattung des für den Bezug von Steuerzeichen, die von diesem Mitgliedstaat erteilt wurden, gezahlten Betrags ausschließt, wenn die Steuerzeichen auf verbrauchsteuerpflichtigen Waren vor deren in diesem Mitgliedstaat vorgesehenen Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr angebracht wurden, die Waren in einem anderen Mitgliedstaat gestohlen wurden, was zur Entrichtung der Verbrauchsteuer in dem anderen Mitgliedstaat geführt hat, und der Nachweis nicht erbracht wird, dass die gestohlenen Waren nicht im Mitgliedstaat der Erteilung der Steuerzeichen abgesetzt werden.
Normenkette
EWGRL 12/92
Beteiligte
BATIG Gesellschaft für Beteiligungen mbH |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Vorabentscheidungsersuchen ‐ Steuerrecht ‐ Harmonisierung ‐ Richtlinie 92/12/EWG ‐ Verbrauchsteuerpflichtige Waren ‐ Steuerzeichen ‐ Unrechtmäßige Entnahme aus dem Verfahren der Steueraussetzung ‐ Diebstahl ‐ Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr in dem Mitgliedstaat des Diebstahls ‐ Nichterstattung der auf den gestohlenen Waren bereits angebrachten Steuerzeichen eines anderen Mitgliedstaats“
In der Rechtssache C-374/06
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 6. September 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 14. September 2006, in dem Verfahren
BATIG Gesellschaft für Beteiligungen mbH
gegen
Hauptzollamt Bielefeld
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter A. Tizzano, A. Borg Barthet, M. Ilešič (Berichterstatter) und E. Levits,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: J. Swedenborg, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. September 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der BATIG Gesellschaft für Beteiligungen mbH, vertreten durch Rechtsanwalt M. Dettmeier,
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Blaschke als Bevollmächtigte,
‐ der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes und A. Simões als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Mölls als Bevollmächtigten,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. L 76, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 807/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (Einstimmigkeit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122, S. 36) (im Folgenden: Richtlinie 92/12).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der BATIG Gesellschaft für Beteiligungen mbH (im Folgenden: BATIG) und dem Hauptzollamt Bielefeld (im Folgenden: Hauptzollamt) über dessen Weigerung, den Betrag zu erstatten, der für den Erwerb von Steuerzeichen gezahlt worden war, die auf für den deutschen Markt bestimmten, aber in Irland während des Versands gestohlenen Zigarettenpäckchen angebracht worden waren.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Die Richtlinie 92/12 regelt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 die Verbrauchsteuern.
4
Nach ihrem Art. 3 Abs. 1 findet sie auf Gemeinschaftsebene Anwendung auf Tabakwaren.
5
Art. 6 der Richtlinie 92/12 bestimmt:
„(1) Die Verbrauchsteuer entsteht mit der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr oder mit der Feststellung von Fehlmengen gemäß Artikel 14 Absatz 3.
Als Überführung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr gelten:
a) jede ‐ auch unrechtmäßige ‐ Entnahme der Ware aus dem Verfahren der Steueraussetzung;
b) jede ‐ auch unrechtmäßige ‐ Herstellung dieser Erzeugnisse außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung;
c) jede ‐ auch unrechtmäßige ‐ Einfuhr dieser Waren, sofern sie nicht einem Verfahren der Steueraussetzung unt...