Leitsatz
Für die Qualifikation als Finanzunternehmen im Sinne des § 8b Abs. 7 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes 2011 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 des Kreditwesengesetzes 2011 ist die Rechtsform unerheblich. Auch eine privatrechtliche Familienstiftung kann grundsätzlich ein Finanzunternehmen sein. Ob sie eine finanzunternehmerische Haupttätigkeit ausübt, richtet sich nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls.
Normenkette
§ 8b Abs. 2, Abs. 7 Satz 2 KStG 2011, § 1 Abs. 3 Satz 1, Abs. 11 Sätze 1 und 2 KWG 2011, § 89 Abs. 2 AO
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts, die mit notarieller Urkunde vom … 2011 durch die Stifter X und Y gegründet wurde. Stiftungszweck ist nach der Satzung die angemessene Versorgung der Stifter und ihrer Abkömmlinge, die angemessene Unterhaltung und Pflege der Familiengrabstätte sowie das Halten von Beteiligungen an Unternehmen und die Ausübung von Beteiligungsrechten an Unternehmen, die mit ihren Beschäftigungsmöglichkeiten und Erträgen zur sozialen Sicherung der Stifter und ihrer Abkömmlinge beitragen sollen (privatnützige Familienstiftung). Als Stiftungsvorstand sind die Stifter X und Y berufen. Das Stiftungsvermögen ("Grundstock") besteht nach der Satzung aus 250.000 Stückaktien der A‐AG und 10.000 EUR Geldvermögen. Hiervon stammen 225.000 Stückaktien aus dem Privatvermögen des X sowie 25.000 Stückaktien und das Geldvermögen aus dem Privatvermögen der Y. Das Grundstockvermögen ist nach der Satzung ungeschmälert in seinem realen Wert zu erhalten. Vermögensumschichtungen sind nach der Satzung zulässig, soweit wirtschaftlich sinnvoll oder dem Stiftungszweck dienlich, was unter anderem Maßnahmen zur Verfolgung strategischer Ziele (unter unternehmerischer Abwägung strategischer Belange und Risikofaktoren), selbst wenn die Umschichtung zu einem höheren Verlustrisiko führen sollte, einschließt.
Die Stifter hatten vor Gründung der Klägerin am … 2011 die finanzbehördliche verbindliche Auskunft erhalten, dass es sich bei der Übertragung der Aktien auf die noch zu gründende Klägerin nicht um eine entgeltliche Veräußerung handele und kein Tatbestand des § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG vorliege.
Am … 2011 übertrug die Klägerin die 250.000 Aktien der A‐AG im Rahmen eines Aktientauschvertrags an die in der Schweiz ansässige B‐AG gegen 175.167 Namensaktien der B‐AG, die auf Basis des Schlusskurses am … 2011 einen Wert von 5.500.000 EUR hatten. Diese Aktien wurden am … 2011 in das bei der … Bank geführte Depot der Klägerin eingebucht. An diesem Tag betrug der niedrigste Börsenkurs 26,84 EUR pro Aktie der B‐AG. In einer Lock-up-Vereinbarung vom … 2011 verpflichtete sich die Klägerin, die Hälfte der Aktien der B‐AG innerhalb von sechs Monaten und die andere Hälfte innerhalb von zwölf Monaten weder zu verkaufen noch auf sonstige Weise zu veräußern.
Zur Absicherung der Aktien der B‐AG gegen einen Kursverfall schloss die Klägerin mit der Bank am … 2011 eine OTC "Equity Collar" Transaktion (Optionsgeschäft) und überließ die Aktien im Wege einer Wertpapierleihe der Bank. Der Kurs der Aktien betrug zu diesem Zeitpunkt 18,75 EUR. Nach dem Ende der Wertpapierleihe wurden die Aktien der B‐AG am … 2012 verkauft.
Mit der (berichtigten) KSt-Erklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin einen Steuerbilanzgewinn von 2.801.073 EUR; hinsichtlich der Aktien der A‐AG liege ein nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreier Veräußerungsgewinn von 5.437.501 EUR (5.500.001 EUR abzüglich Anschaffungskosten von 62.500 EUR) vor, den sie i. H. v. 5 % (271.875 EUR) als nicht abziehbare Betriebsausgaben behandelte (§ 8b Abs. 3 Satz 1 KStG), hinsichtlich der Aktien der B‐AG ein nach § 8b Abs. 3 Satz 3 bis 7 KStG nicht zu berücksichtigender Veräußerungsverlust von 2.556.032 EUR (Veräußerungserlös 3.010.878 EUR abzüglich Anschaffungskosten 5.500.001 EUR und Veräußerungskosten 66.908 EUR).
In einer Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Veräußerung der Aktien der A‐AG im Zeitpunkt der Gründung der Stiftung bereits geplant und die Verkaufsverhandlungen schon abgeschlossen waren. Darüber hinaus stellte er fest, dass die Klägerin sowohl die Aktien der A‐AG als auch die Aktien der B‐AG dem Umlaufvermögen zugeordnet hatte.
Das FA erließ daraufhin einen geänderten KSt-Bescheid 2011, in dem er von einer Anwendung des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG ausging. Deshalb wurden sowohl der Veräußerungsgewinn hinsichtlich der Aktien der A‐AG (korrigiert um den zuvor als nicht abziehbare Betriebsausgaben behandelten Teilbetrag) als auch die Verluste hinsichtlich der Aktien der B‐AG steuerwirksam berücksichtigt (per Saldo Einkommenserhöhung von insgesamt 2.609.594 EUR).
Einspruch und Klage gegen diese Beurteilung hatten keinen Erfolg (Sächsisches FG, Gerichtsbescheid vom 21.10.2020, 5 K 117/18, Haufe-Index XXXXXX).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. Es wird auf die Praxis-Hinweise Bezug genommen.
Hinweis
1. Die Entscheidung betrifft die Altfassung des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG (a...