Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuervorauszahlung 1994
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die in der Schweiz bezogenen Lohneinkünfte des Klägers der deutschen Einkommensteuer unterliegen.
Die Kläger wohnen in …. Der Kläger war im Jahr 1994 als Heimerzieher im Kinderheim … in der Schweiz beschäftigt. Seine normale Arbeitszeit dauerte von 12.00 h bis 21.00 h. An 62 Tagen im Jahr schloß sich hieran der Schichtdienst (…) zur Beaufsichtigung der Kinder von 21.00 h bis 8.00 h am folgenden Tag an. Dabei übernachtete er im Kinderheim.
Die Kläger meinen, daß die Einkünfte des Klägers aus dieser Tätigkeit nach Art. 15 a des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz (DBA/Schweiz) nicht der deutschen Einkommensteuer unterlägen, da der Kläger an mehr als 60 Tagen aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnort zurückgekehrt sei. Das beklagte Finanzamt (FA) ging dagegen im an die Kläger gerichteten Bescheid über die Vorauszahlungen für 1994 (und 1995) vom 1. Dezember 1994 von der deutschen Einkommensteuerpflicht aus.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, den das FA mit der an die Kläger gerichteten Einspruchsentscheidung vom 29. Februar 1996 zurückwies. Zur Begründung führte das FA aus, die Arbeitszeit des Klägers habe sich im Jahr 1994 aufgrund der 62 … über mehr als einen Kalendertag erstreckt. Dies sei nach Tz. 12 des Einführungserlasses unbeachtlich, weil spezifische Arbeitszeiten keine Ausnahme von der Grenzgängerregelungen gestatteten. Es sei daher von einer ganzjährigen regelmäßigen Rückkehr an den deutschen Wohnsitz auszugehen.
Mit der Klage vertreten die Kläger weiterhin die Auffassung, nach § 15 a Abs. 2 des DBA/Schweiz stehe das Besteuerungsrecht der Schweiz zu. Dies werde durch Tz. 12 des Einführungsschreibens des Bundesministers der Finanzen zur Neuregelung der Grenzgängerbesteuerung bestätigt. Der Kläger dürfte nicht zu der dort genannten Personengruppe zählen. Grundsätzlich hätten 3 bis 4 Arbeitskräfte für den … zur Verfügung gestanden. Der Plan für die … werde für ca. 4 Wochen vorausbestimmt. Federführend für die Aufstellung des Planes sei der Kläger.
Die Kläger beantragen.
den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid vom 1. Dezember 1994 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluß des Senats vom 10. November 1997 wurde die Streitsache auf den Einzelrichter übertragen.
Entscheidungsgründe
Die Klage kann keinen Erfolg haben.
Das FA hat zu Recht den Kläger als Grenzgänger im Sinne des Art. 15 a DBA/Schweiz behandelt.
Der Kläger hatte in den Streitjahren seinen Wohnsitz im Inland und seinen Arbeitsort in der Schweiz. Er ist von dort regelmäßig an seinen Wohnsitz zurückgekehrt (Art. 15 a Abs. 2 Satz 1 DBA/Schweiz). Seiner Auffassung, er sei wegen der Ausnahmeregelung des Art. 15 a Abs. 2 Satz 2 DBA/Schweiz nicht Grenzgänger, kann nicht gefolgt werden. Nach dieser Vorschrift entfällt die Grenzgängereigenschaft einer Person, die nicht jeweils nach Arbeitsende an ihren Wohnsitz zurückkehrt, nur dann, wenn die Person bei einer Beschäftigung während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen aufgrund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt. Bei Auslegung dieser Vorschrift ist das Verhandlungsprotokoll vom 18. Dezember 1991, Abschn.
„II. Zu Art. 15 a Abs. 2”, zu beachten. Dieses Verhandlungsprotokoll hat Gesetzescharakter, da das Zustimmungsgesetz vom 30. September 1993 (BStBl I 1993, 927), mit dem das DBA/Schweiz in der neuen Fassung Gesetz wurde, in Art. 1 das Verhandlungsprotokoll vom 18. Dezember 1991 besonders erwähnt und ihm ausdrücklich zustimmt (vgl. Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann. Kommentar zum DBA/Schweiz, § 15 a, Rdnr. 8). Dort heißt es unter 1.:
„Die Annahme einer regelmäßigen Rückkehr an den Wohnsitz im Sinne des Art. 15 a Abs. 2 Satz 1 wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß sich die Arbeitsausübung bedingt durch betriebliche Umstände, wie z. B. bei Schichtarbeiten oder Krankenhauspersonal mit Bereitschaftsdienst, über mehrere Tage erstreckt.”
Die Aufzählung dieser im Verhandlungsprotokoll beispielhaft genannten Berufsgruppen ist nicht abschließend. Zu ihnen rechnen all diejenigen Berufstätigen, bei denen sich die Arbeitszeit aus betrieblichen Gründen über mehrere Arbeitstage erstreckt. Die beispielhafte Aufzählung der Berufsgruppen „Schichtarbeiten” und „Krankenhauspersonal mit Bereitschaftsdienst” dient der Veranschaulichung und Verdeutlichung des Begriffs der sich bedingt durch betriebliche Umstände über mehrere Tage erstreckenden Arbeitsausübung.
Unter diesen Begriff fällt auch die Arbeitsausübung des Klägers, soweit er den … von 21.00 h bis 8.00 h am folgenden Tag verrichtet hat. Dieser … war zweifellos durch betriebliche Umstände bedingt und erstreckte sich über 2 und damit „mehrere” Arbeitstage. Daß der … des Klägers der Art. nach, wie er behauptet, nicht mit einer „Schichtarbeit” oder mit dem „Bereitschaftsdienst des Kran...