Entscheidungsstichwort (Thema)
Grenzgänger trotz mehr als 60-tägiger Nichtrückkehr. Einkommensteuer 1998
Leitsatz (redaktionell)
Kehrt ein im Inland wohnender und in der Schweiz nichtselbstständig tätiger Arbeitnehmer deshalb an mehr als 60 Tagen im Kalenderjahr nicht in das Inland zurück, weil die verbleibende Zeit zwischen Arbeitsende und erneutem Arbeitsbeginn aufgrund von Überstunden eine Rückkehr an den Wohnort nicht zulässt, scheitert die Annahme der Grenzgängereigenschaft nicht an der Regelung des § 15 a Abs. 2 Satz 2 DBA Schweiz.
Normenkette
DBA Schweiz Art. 15a Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Veranlagungszeitraum 1998, ob der Kläger mit seinen als Grenzgänger nach der Schweiz erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der deutschen Besteuerung unterliegt.
Der Kläger ist seit dem 1. Februar 1996 bei der schweizerischen Firma M AG mit dem Betriebssitz in G als SAP-Berater nichtselbständig tätig. In seiner zusammen mit der Ehefrau, der Klägerin, erstellten Einkommensteuererklärung beantragte er für das Streitjahr die Freistellung seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit von der deutschen Besteuerung, da er an mehr als 60 Tagen nicht von seiner Arbeit in der Schweiz nach Deutschland habe zurückkehren können. Zum Beweise hierfür legte er eine vom Arbeitgeber nicht unterschriebene Aufstellung über 68 Nichtrückkehrtage vor. Darin waren die normalen Arbeitszeiten an diesen Übernachtungstagen, die ungeplanten Arbeitszeiten, der entsprechende Kunde und das System des Kunden aufgeführt, sowie die Überzeit und der Freizeitausgleich. Wegen aller Einzelheiten wird hierauf verwiesen.
Mit Einkommensteuerbescheid für 1998 führte das beklagten Finanzamt (FA) die Einkommensteuerveranlagung für die Kläger durch. Dabei wurde der schweizer Arbeitslohn in voller Höhe der deutschen Besteuerung unterworfen. Das FA ging davon aus, dass der Kläger der Grenzgängerregelung des Artikel 15 a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vor Einkommen und vom Vermögen vom 1. August 1971 (BStBl I 1972, 519) – DBA-Schweiz – unterliegt. Die schweizerische Quellensteuer i.H.v. 7.309 Sfr. wurde angerechnet.
Hiergegen wandten sich die Kläger nach vorangegangenem erfolglosem Rechtsbehelfsverfahren mit ihrer Klage, in deren Verlauf sie im Wesentlichen folgendes vortragen lassen: Der Kläger sei als Diplom-Betriebswirt Mitarbeiter der Firma M AG in G. Diese sei Logopartner der SAP für die Schweiz und damit offizielle Vertretung der SAP-AG in der Schweiz. Kunden seien mittelständische Firmen, Großbetriebe und Weltkonzerne. Das Aufgabengebiet des Klägers umfasse die SAP R/3 Basisberatung, d.h. den Verkauf, die Beratung und die Betreuung der Kunden in der gesamten Schweiz für die Produkte der Firma SAP. Dieses Tätigkeitsfeld, insbesondere die Erstellung von Lösungen und deren Installation, die Upgrates und die Instandhaltungen der Kundensysteme brächten es mit sich, dass derartige Ablaufprozesse nicht nach den täglichen Arbeitszeiten bemessen werden könnten, sondern diese Ablaufprozesse oft über die jeweiligen regulären Arbeitstage hinaus andauerten. Da diese Prozesse nicht unterbrochen oder abgebrochen werden könnten, verlagere sich das Ende des jeweiligen Arbeitstages oft in die Abend- und Nachtstunden hinein.
Die überlangen Arbeitszeiten an bestimmten Arbeitstagen und die relativ große Entfernung des Arbeitsplatzes von der Wohnung hätten zur Folge, dass der Kläger an mehr als 60 Tagen von der Arbeit nicht an seinen Wohnort habe zurückkehren können. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz in G vom früheren Wohnsitz W 125 km und vom jetzigen Wohnsitz in L 127 km betrage. Die Fahrzeit für eine einfache Strecke betrage somit zwischen 1 Stunde 35 Minuten und bis 1 Stunde 50 Minuten, da große Teile der Wegstrecke nicht auf der Autobahn zurückgelegt werden könnten.
Da die Arbeitszeit an diesen in der Aufstellung im Einzelnen angeführten Tagen oft erst nach 23.00 Uhr ende, lägen zwischen dem jeweiligen Arbeitsende und dem nächsten Arbeitsbeginn nur 6 bis 8 Stunden. Die dem Kläger somit verbleibende Zeit, um von G zu seinem Wohnort zurückzufahren, zu schlafen und wieder nach G zurückzukehren, sei so gering, dass eine Rückkehr an diesen Tagen alleine aus zeitlichen Gründen ausgeschlossen gewesen sei. Der Kläger unterscheide sich daher von jenen Fällen, in denen sich jeweils die Zeit vom Arbeitsbeginn bis Arbeitsende eventuell über zwei oder mehrere Kalendertage erstrecke wie z.B. bei einem Schichtarbeiter oder bei den Bereitschaftsdiensten von Krankenhauspersonal, wo sich die zusammenhängende Zeit von Arbeitsbeginn bis Arbeitsende auf mehrere ...