Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Körperschaftsteuerbefreiung für eine im Inland beschränkt steuerpflichtige Stiftung mit Sitz in der Schweiz. Rechtsschutzbedürfnis bei Klage gegen Nullbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zur Darlegung einer Rechtsverletzung bei einer Klage gegen einen Nullbescheid reicht es aus, wenn geltend gemacht wird, dass eine Befreiung von der Körperschaftsteuer vorliegt.

2. Eine im Inland beschränkt steuerpflichtige Stiftung, die nach schweizerischem Recht gegründet wurde, ist von der Körperschaftsteuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG ausgenommen.

3. Dies verstößt weder gegen die Kapitalverkehrs- noch gegen die Niederlassungsfreiheit.

4. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil Art. 19 Abs. 3 GG eine Anwendung von Grundrechten nur für inländische juristische Personen vorsieht.

5. Art. 6 EMRK gewährleistet ein Recht auf ein faires Verfahren nur für Streitigkeiten über zivilrechtliche Ansprüche oder über eine strafrechtliche Anklage, schützt jedoch nicht vor einer Diskriminierung im Besteuerungsverfahren.

 

Normenkette

KStG 2009 § 5 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2 Nr. 2, § 34 Abs. 5a, § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1; EStG § 46 Abs. 1 Nrn. 6, 2f; AO §§ 52, 60, 57 Abs. 1 S. 2; AEUV Art. 63-64; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3; EMRK Art. 6, 14

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.11.2017; Aktenzeichen I R 39/15)

BFH (Urteil vom 15.11.2017; Aktenzeichen I R 39/15)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin für ihre inländischen Einkünfte für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008 (Streitjahre) nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2, § 34 Abs. 5a KStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008 (KStG 2009) von der Körperschaftsteuer befreit ist.

Die Klägerin ist eine im Jahr 1989 gegründete Stiftung schweizerischen Rechts mit Sitz in X/Schweiz. Sie untersteht der Aufsicht des Eidgenössischen Departement des Inneren (EDI), Bern (vgl. HReg. Auszug des Kantons X – Gerichtsakte Bl. 141 –), und ist in der Schweiz nach § 61 Buchst. f des Steuergesetzes des Kantons X (StG) sowie Art. 56 Buchst. g des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke von der Staatssteuer, der Gemeindesteuer und der direkten Bundessteuer befreit (vgl. Verfügung des kantonalen Steueramtes vom 16. Januar 2002, Anl. K 4, Gerichtsakte Bl. 59; vgl. Erläuterungen zur Erfolgsrechnung Ziff. 5.1 in den jeweiligen Jahresberichten der Streitjahre).

Nach Schweizer Recht hängt die Steuerbefreiung von juristischen Personen nach Art. 56 Buchst. g DBG sowie § 61 Buchst. f StG (vgl. Gerichtsakte Bl. 143, 144) u.a. davon ab, dass Allgemeininteressen bzw. das Gemeinwohl gefördert werden, beispielsweise durch Tätigkeiten in karitativen, humanitären, erzieherischen oder wissenschaftlichen Bereichen. Der Kreis der Destinatäre, denen die Förderung bzw. Unterstützung zukommt, muss grundsätzlich offen sein. Die Tätigkeit muss uneigennützig erfolgen, d.h. es dürfen keine Erwerbs- oder Selbsthilfezwecke verfolgt werden. Des Weiteren wird verlangt, dass die juristische Person ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt und die vorgegebene Zwecksetzung tatsächlich verwirklicht. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Kreisschreiben Nr. 12 vom 8. Juli 1994 zu den Voraussetzungen der Steuerbefreiung bei juristischen Personen mit gemeinnütziger Zwecksetzung (Gerichtsakte Bl. 84) Bezug genommen.

Rechtsgrundlage für die staatliche Stiftungsaufsicht in der Schweiz ist Art. 84 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB). Nach Abs. 2 dieser Vorschrift hat die Aufsichtsbehörde dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäß verwendet wird. Die Aufsicht dient sowohl privaten (Schutz des Stifterwillens) wie auch öffentlichen Interessen. Sie ist umfassend und erstreckt sich auf die gesamte Stiftungstätigkeit. Im Vordergrund steht die Anlage und die Verwendung des Stiftungsvermögens unter Einbezug von Organisationsfragen. Die Aufsichtsbehörde hat darüber zu wachen, dass sich die Organe der Stiftung an das Gesetz, die guten Sitten, die Stiftungsurkunde und die Reglemente halten. Sie ist gegenüber den Steuerbehörden amtshilfeverpflichtet. Die Überwachung der Einhaltung der Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfolgt durch die Steuerbehörden (im Einzelnen: Grüninger in Honsel/Voigt/Geiser, Basler Kommentar Zivilgesetzbuch I, 3. Aufl., Art. 84 Rz. 9 ff.). Um die gesetzliche Kontrolle ausüben zu können, verlangt das EDI eine jährliche Berichterstattung unter Vorlage des Tätigkeitsberichts, der Jahresrechnung, des Berichts der Revisionsstelle, der Genehmigung der Rechenschaftsablage durch den Stiftungsrat (vgl. EDI, Leitfaden für Stiftungen gemäß Art. 80 ff. ZGB, Ziff. 13 – Gerichtsakte Bl. 90 ff. –). Nach Art. 88 ZGB erfolgt die Aufhebung der Stiftung durch eine kon...

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