Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Begründung einer atypisch stillen Gesellschaft zwischen nahen Angehörigen hat keine steuerrechtliche Rückwirkung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine atypisch stille Gesellschaft zwischen nahen Angehörigen muss im Voraus klar und rechtswirksam vereinbart sein und tatsächlich durchgeführt werden.
2. Ein nachträglich begründetes stilles Gesellschaftsverhältnis kann den bereits verwirklichten Sachverhalt nicht mit steuerrechtlicher (Rück-)Wirkung gestalten.
3. Der Umstand, dass die Beteiligten im Gründungsfragebogen nicht auf die Existenz einer atypisch stillen Gesellschaft hingewiesen haben, ist ein Beweisanzeichen dafür, dass der Vertrag zu dem behaupteten Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war.
4. Der Umstand, dass Zahlungen der Zusatz „Darlehen” beifügt und nicht darauf hingewiesen wird, dass es sich um die Leistung der Einlage eines stillen Gesellschafters handeln soll, spricht dafür, dass der Vertrag über die atypisch stille Gesellschaft (noch) nicht abgeschlossen wurde und die Zahlungen daher (auch) nach der Vorstellung der Beteiligten ihren Rechtsgrund nicht in einem Gesellschaftsverhältnis, sondern in einem Darlehensverhältnis hatten.
Normenkette
AO § 38; EStG §§ 15, 20
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 16.09.2014; Aktenzeichen IV B 141/13) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger an einer GmbH atypisch still beteiligt war mit der Folge, dass die Einkünfte der atypisch stillen Gesellschaft einheitlich und gesondert festzustellen und dem Kläger Verluste zuzuweisen sind.
Die X GmbH (GmbH) mit Sitz in Y wurde durch notariellen Vertrag vom 3. August 2006 errichtet. Auf den Gesellschaftsvertrag wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen (s. Vertragsakten –Einlegestreifen „Gründungsvertrag”–). Gegenstand des Unternehmens war der Betrieb eines Restaurants in Y. Das Stammkapital der GmbH betrug 25.000 EUR und war als Bareinlage sofort in voller Höhe zu leisten. Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der GmbH war N (N). N ist die Tochter des Klägers. N (geb. *) hatte nach dem Abitur zunächst studiert und danach ein (anderes) Restaurant in Y geführt. Der Kläger ist von Beruf … und Gesellschafter-Geschäftsführer einer … in Z. Der Kläger hat den Umbau des Restaurants maßgeblich (mit-) finanziert und in den Streitjahren (allein) nach den von ihm vorgelegten Belegen Zahlungen in Höhe von xxx.xxx EUR auf das Konto der GmbH geleistet; bei Überweisungen in Höhe von xxx EUR, von xxx EUR und von xxx EUR (jeweils 2006) und xxx EUR (2007) wurde der Zusatz „Darlehen” beigefügt. Auf die vom Kläger für die GmbH mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 vorgelegte Aufstellung „Darlehen atypisch stiller Gesellschafter” und die vorgelegten Kontoauszüge wird Bezug genommen (s. Feststellungsakten). Der Kläger und seine Ehefrau haben der GmbH nach der vorgelegten Aufstellung im Streitjahr 2006 insgesamt xxx EUR und im Streitjahr 2007 insgesamt xxx EUR zur Verfügung gestellt.
Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) forderte N mit Schreiben vom 24. August 2006 auf, den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung bei Gründung einer Kapitalgesellschaft (sog. Gründungsfragebogen für die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit) beim FA einzureichen. Der Fragebogen wurde am 19. Oktober 2006 beim FA vorgelegt (s. Vertragsakten –Einlegestreifen „Gründungsfragebogen”–). Als steuerlicher Berater der GmbH ist der Kläger eingetragen. In dem Gründungsfragebogen wird unter Textziffer –Tz.– 17 –„An der Gesellschaft besteht eine atypische stille Beteiligung”– nach dem Bestehen einer atypisch stillen Beteiligung gefragt. Das –für die Bejahung der Frage– vorgesehene Kästchen wurde nicht angekreuzt (s. Vertragsakten).
Die GmbH geriet in der Folge in wirtschaftliche Schwierigkeiten und N stellte am 4. August 2008 beim Amtsgericht Y einen (Eigen-) Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit. Das Amtsgericht Y bestellte Rechtsanwalt B aus K zum (vorläufigen) Insolvenzverwalter. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 25. September 2008 und den Bericht des Insolvenzverwalters vom 2. Dezember 2008 Bezug genommen (s. Feststellungsakten Bl. 75; Insolvenzakten Bl. 245). Das Restaurant wurde in der Folge von dem Lebensgefährten der N im Rahmen einer sog. übertragenden Sanierung übernommen und fortgeführt, wobei N weiterhin in dem Restaurant tätig ist.
Der Insolvenzverwalter forderte N im Insolvenzverfahren wiederholt auf, den Nachweis zu erbringen, dass die Stammeinlage vollständig erbracht wurde (s. Insolvenzakten Bl. 331, 351). Der Insolvenzverwalter erwirkte in der Folge einen Vollstreckungstitel und betrieb daraus gegen N (erfolglos) die Zwangsvollstreckung.
Der (neue) steuerliche Berater der GmbH und nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers reichte beim FA am 9. April 2008 und am 5. Augu...