rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des Familienleistungsausgleichs in den Veranlagungszeiträumen von 1997 bis 2000. Einkommensteuer 1997 bis 2000
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Höhe der Kinderfreibeträge in den Jahren 1997 bis 2000 reicht aus, um das Existenzminimum der Kinder von der Steuer freizustellen, und ist verfassungskonform.
2. Es besteht kein Anlass, von den vom sozialhilferechtlichen Existenzminimum ausgehenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 10.11.1998 2 BvL 42/93 (BStBl II 1999, 174) zur Berechnung des Existenzminimums abzuweichen und höhere, etwa die in § 33a Abs. 1 EStG für nicht nach § 32 EStG berücksichtigungsfähige Kinder abziehbaren Beträge (in den Streitjahren: zwischen 12000 und 13500 DM), zum Abzug zuzulassen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 6, §§ 31, 33a Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In den für die Streitjahre abgegebenen Einkommensteuererklärungen beantragten die Kläger die Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen für die am 12.09.1992 und am 28.09.1994 geborenen Kinder. Dies lehnte der Beklagte zunächst für alle Streitjahre ab. Zur Begründung führte er an, dass die Freistellung des Existenzminimums der Kinder bereits durch das ausgezahlte Kindergeld bewirkt worden sei. In dem geänderten Einkommensteuerbescheid 2000 vom 17.06.2002 berücksichtigte der Beklagte dann für jedes Kind einen Kinderfreibetrag in Höhe von 9.936,00 DM. Im Übrigen blieben die gegen die Einkommensteuerbescheide 1997 bis 2000 eingelegten Einsprüche hinsichtlich der nunmehr noch streitigen Rechtsfragen ohne Erfolg.
Mit der Klage begehren die Kläger die Berücksichtigung angemessener Kinderfreibeträge. Das Bundesverfassungsgericht habe, so führen sie aus, in seinem Beschluss vom 10.11.1998 (2 BvL 42/93, Bundessteuerblatt –BStBl. –II 1999, 174) die Kinderfreibeträge an das Sozialhilfeniveau gekoppelt. Es sei fraglich, ob dies der richtige Mindestmaßstab sei. Sozialhilfe solle als „unterstes Netz sozialer Sicherung” individuelle Notlagen absichern. Kinder sollten aber gerade keine soziale Notlage verursachen. Hinzu komme, dass sich die Sozialhilferegelsätze an den Rentenerhöhungen orientierten und damit mindestens um 30 % unter der Inflationsrate lägen.
Selbst wenn man eine Koppelung an das Sozialhilfeniveau für zulässig erachte, verstieße die in den Streitjahren geltende Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz –GG –, weil Sozialhilfe empfangende Eltern für ihre Kinder deutlich mehr Sozialhilfe erhielten, als bei Eltern steuerlich freigestellt werde, die Einkünfte erzielten. Dies ergebe sich aus der mit der Klageschrift eingereichten Berechnung (Bl. 3 der Gerichtsakte). In dieser Berechnung seien weitere Positionen berücksichtigt, die in der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 10.11.1998 aufgestellten Berechnung nicht enthalten seien. Dies beruhe darauf, dass Sozialhilfeempfänger weitaus mehr Zuschüsse erhalten könnten, als diejenigen, die das Bundesverfassungsgericht angesetzt habe. Dies müsse ebenso berücksichtigt werden, wie die Tatsache, dass Steuerzahler deutlich höhere Aufwendungen hätten als Sozialhilfeempfänger, die keiner Tätigkeit nachgingen. Die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen Anknüpfung der Kinderfreibeträge an die Sozialhilfesätze sei damit unzulässig. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse daher korrigiert werden.
Dass die im Einkommensteuergesetz vorgesehenen Kinderfreibeträge nicht ausreichten, um das Existenzminimum von Kindern von der Steuer freizustellen, bestätige sich auch durch den Familienbericht der Familienwissenschaftlichen Forschungsstelle im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg für das Jahr 1998. Darin sei angegeben, dass eine Familie mit zwei Kindern für jedes Kind jährlich einen Mehrverbrauch in Höhe von 7.788 DM kalkulieren müsse.
Nach ihrer, der Kläger, Auffassung böten die in § 33 a Abs. 1 Einkommensteuergesetz –EStG –angegebenen Beträge einen Anhaltspunkt für eine sachgerechte Bemessung der Höhe der Kinderfreibeträge. Denn diese Regelung sehe für Kinder, die nicht nach § 32 EStG zu berücksichtigen seien, Höchstbeträge von 12.000,00 DM für die Kalenderjahre 1997 und 1998, 13.020,00 DM für das Kalenderjahr 1999 und 13.500,00 DM für das Kalenderjahr 2000 je Kind vor. Damit erfolge eine fast doppelt so hohe Berücksichtigung von Aufwendungen für die von dieser Regelung erfassten Kinder im Vergleich zum Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG.
Die Regelungen der Streitjahre verstießen darüber hinaus gegen Art. 6 GG. Durch die in § 32 EStG vorgesehene Begrenzung der verfügbaren Einkünfte werde gegen den besonderen Schutz der Familie verstoßen. Es müsse den Eltern ein Mindestwert verbleiben, damit den Kindern nicht nur das bloße Überlebe...