Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 23 Abs. 2 Satz 2 EStG; Zurechnung von Einkünften aus Gewinnausschüttungen einer GmbH an eine Domizilgesellschaft; Aussetzung der Vollziehung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 23 Abs. 2 Satz 2 EStG, wonach § 23 EStG der Vorschrift des § 17 EStG vorgeht, ist nicht ernstlich zweifelhaft. Die Vorschrift verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz noch gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip.
2. Kapitaleinkünfte aus der Beteiligung an einer GmbH erzielt der Anteilseigner, also derjenige, dem nach § 39 AO 1977 die Anteile der GmbH im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind, unabhängig von dessen formalen Gesellschafterstellung. Ergibt sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise, dass ein anderer als der formale Gesellschafter die tatsächliche Herrschaft über die Anteile ausübt, weil er den formalen Gesellschafter --hier: eine Domizilgesellschaft-- im Regelfall von der Ausübung seiner Gesellschafterrechte, insbesondere des Rechtes auf Gewinnbezug aus § 29 Abs. 1 GmbHG ausschließen kann, sind die Gewinnausschüttungen nicht dem formalen Gesellschafter zuzurechnen.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 4, § 20 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1; EStG § 20 Abs. 2a; GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 17; GmbHG § 29; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2
Gründe
I.
Die Antragsteller waren bis zum Jahr 1996 miteinander verheiratet und wurden letztmalig im Jahr 1995 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Jahr 1996, dem Jahr der Trennung, hat der Antragsgegner auf den Antrag des Antragstellers eine getrennte Veranlagung durchgeführt.
In der Zeit vom 9. August 1999 bis 23. November 1999 wurde beim Antragsteller eine Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 1995 bis 1998 durchgeführt. Dabei hat der Prüfer festgestellt, dass der Antragsteller seit Februar 1994 an der A. GmbH mit einem Anteil von 50 v. H. des Stammkapitals (dies entsprach einem Betrag von 25.000 DM) beteiligt ist. Im August 1996 hat er den 50-v.-H.-Anteil seines Mitgesellschafters erworben. Die Anschaffungskosten betrugen insgesamt 63.625,49 DM. Den hinzu erworbenen Anteil hat der Antragsteller in drei neue Gesellschaftsanteile zu 2.500 DM, zu 10.000 DM und zu 12.500 DM aufgeteilt. Am 13. November 1996 hat der Antragsteller den Anteil von 10.000 DM an einen Herrn S. und den Anteil von 12.500 DM an die schweizerische S. AG veräußert. Aus der Veräußerung entstand dem Antragsteller ein Verlust in Höhe von insgesamt 304.762,95 DM.
Des Weiteren war der Antragsteller nach den Feststellungen der Betriebsprüfung außer an der A. GmbH auch an der I. GmbH beteiligt. Außer ihm war an diesen Gesellschaften zeitweise auch die S. AG beteiligt. Nach Mitteilungen des Bundesamtes für Finanzen handelt es sich bei der S. AG um eine so genannte Domizilgesellschaft.
Nach Auswertung des Betriebsprüfungsberichtes hat der Antragsgegner am 26. September 2000 geänderte Bescheide über Einkommensteuer für die Jahre 1994 bis 1996 erlassen. Dem Antragsteller wurde dabei im Anschluss an die Ergebnisse der Außenprüfung der Abzug des Veräußerungsverlustes einschließlich der Feststellung eines Verlustrücktrages unter Berufung auf § 23 Abs. 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz – EStG – in der für die Streitjahre geltenden Fassung versagt. Außerdem wurden dem Antragsteller die von der S. AG gehaltenen Anteile an der A. GmbH und an der I. GmbH zugerechnet, so dass die Einkünfte des Antragstellers um die Gewinnausschüttung, welche die I. GmbH im Jahre 1995 an die S. AG vorgenommen hat, erhöht worden sind.
Am 20. Oktober 2000 hat der Antragsteller dagegen jeweils Einspruch eingelegt. Am 17. November 2000 hat der Antragsgegner den Bescheid über Einkommensteuer für 1995 und am 18. Dezember 2000 den Bescheid über Einkommensteuer für 1996 geändert und dadurch den Einsprüchen teilweise abgeholfen, ohne über sie im Übrigen zu entscheiden.
Den gleichzeitig mit den Einsprüchen gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 14. November 2000 abgelehnt.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem gerichtlichen Aussetzungsantrag vom 6. Dezember 2000.
Er trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, die Regelung des § 23 Abs. 2 Satz 2 EStG sei verfassungswidrig. Die von dieser Vorschrift angeordnete Beschränkung des Verlustabzugs betreffe ausschließlich die Einkünfte aus § 17 EStG, die für die übrigen Einkunftsarten nicht gelte. Darin sieht der Antragsteller einen Verstoß gegen das Gebot einer gleichmäßigen Besteuerung. Im Übrigen habe der Antragsgegner ihm zu Unrecht die von der S. AG gehaltenen Anteile an der I. GmbH zugerechnet. Er sei zu keinem Zeitpunkt an dieser AG beteiligt gewesen.
Er beantragt sinngemäß,
die Vollziehung des Bescheides über Einkommensteuer für 1994 vom 26. September 2000, des Bescheides über Einkommensteuer für 1995 vom 17. November 2000 und des Bescheides über Einkommensteuer für 1996 vom 18. De...