rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Abzug von lebenslänglichen Versorgungsleistungen als dauernde Last bei Übertragung von Geld- oder Wertpapiervermögen
Leitsatz (redaktionell)
Die Übertragung von Geld- und Wertpapiervermögen an Angehörige der nachfolgenden Generation gegen Eingehung einer der Versorgung dienenden Zahlungsverpflichtung stellt nach der maßgebenden historischen Inhaltsbestimmung keine steuerlich privilegierte Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen dar, die bezüglich der erbrachten Zahlungen zu einer als Sonderausgabe abziehbaren dauernden Last führen könnte.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a
Streitjahr(e)
1996
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Zahlungen der Klägerin an ihre Mutter als dauernde Lasten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Einkommensteuergesetz - EStG - anzuerkennen sind.
Der Vater der Klägerin war jüdischen Glaubens und stammte aus dem Sudetenland, wo er über Grundbesitz und einen Gewerbebetrieb verfügte. Während der nationalsozialistischen Herrschaft sah sich der Vater der Klägerin gezwungen, das Sudetenland unter Zurücklassung seines Grund- und Betriebsvermögens zu verlassen. Er emigrierte nach England, wo er sich in London niederließ und sich schließlich in Form eines Restaurationsbetriebes mit Grundbesitz eine neue Existenz aufbaute. Für den Schaden in seinem beruflichen Fortkommen hatte der Vater der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 10.000 DM erhalten. Außerdem bezog er eine sogenannte Elternrente, weil sein Sohn B in einem Konzentrationslager umgekommen war.
Nachdem der Vater der Klägerin im Jahre 1985 verstorben war, beschloß ihre Mutter, die bis dahin ebenfalls in A-Stadt lebte und nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin alleinige Vorerbin des väterlichen Vermögens war, nach Deutschland umzuziehen. Im Zuge dessen veräußerte sie den britischen Besitz.
Anschließend übertrug die Mutter der Klägerin dieser mit notariell beurkundetem Vertrag vom 06.08.1986 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge einen Geldbetrag in Höhe von 100.000 DM. Im Gegenzug verpflichtete die Klägerin sich unter Vereinbarung einer Wertsicherung, beginnend mit dem 01.09.1986, einen Betrag von monatlich 650 DM an ihre Mutter auf deren Lebenszeit zu zahlen. Ferner vereinbarten die Vertragsparteien, daß sie eine Erhöhung oder Herabsetzung der Zahlungsverpflichtungen entsprechend § 323 Zivilprozeßordnung - ZPO - verlangen können.
Mit einem weiteren notariell nicht beurkundeten Schenkungsvertrag vom 22.11.1987, der keinen Hinweis auf eine vorweggenommene Erbfolge enthält, übertrug die Mutter der Klägerin dieser ein Wertpapierdepot mit einem Gesamtwert von 200.000 DM. Auch insoweit verpflichtete sich die Klägerin unter Vereinbarung einer Wertsicherungs- und Anpassungsklausel, beginnend mit dem 15.12.1987, einen Betrag von 1.600 DM monatlich an ihre Mutter für die Dauer von 10 Jahren zu zahlen.
Nach der mündlichen Verhandlung vom 12.12.1996 im finanzgerichtlichen Verfahren wegen Einkommensteuer 1987 (15 K 2630/94), in der über die nämliche Streitfrage zu entscheiden war, legten die Kläger hinsichtlich des Wertpapiervermögens einen weiteren Vertrag vom 16.09.1987 vor, in dem vereinbart worden war, daß das Vermögen ebenfalls im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen werde und die Versorgungsleistungen der Klägerin an ihre Mutter auf Lebenszeit zu leisten seien.
Nach mehrfachen Änderungen der Verpflichtungen zahlte die Klägerin ihrer Mutter im Streitjahr 1996 einen Betrag von insgesamt 26.909 DM. Diesen Betrag machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung 1996 als dauernde Lasten geltend. Der Beklagte ließ die Zahlungen im Bescheid vom 31.10.1997 jedoch unberücksichtigt, weil er der Auffassung war, daß es sich bei den Verpflichtungen nicht - wie nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlich - um eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen handele.
Dagegen haben die Kläger nach dem ebenfalls erfolglosen Einspruchsverfahren mit im wesentlichen folgender Begründung Klage erhoben: Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes - BFH - zu den dauernden Lasten, auf der die Auffassung des Beklagten fuße, beruhe auf der irrigen Annahme, daß der Gesetzgeber bei einer vorweggenommenen Erbfolge ausschließlich die steuerliche Privilegierung von Hof- und/ oder Betriebsübergaben im Sinn gehabt habe. Es gebe aber keine Vorschrift und keine Gesetzesmaterialien, aus denen sich dieses Dogma herleiten ließe. Vielmehr seien in der Literatur mehrfach Bedenken - auch verfassungsrechtlicher Art - geäußert worden. So folge insbesondere aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Grundgesetz - GG - die Notwendigkeit einer Gleichbehandlung von Sach- und Geldvermögen. Dem deutschen Einkommensteuerrecht sei eine Familienbesteuerung im Generationenverbund fremd. Eine Differenzierung nach der Herkunft der Vermögens- und Einkunftsquellen würde Familien benachteilige...