Entscheidungsstichwort (Thema)
Abziehbarkeit von Beiträgen zur berufsständischen Versorgungseinrichtung der Seelotsen
Leitsatz (amtlich)
Pflichtbeiträge eines Seelotsen in die "Gemeinsamen Ausgleichskassen im Seelotswesen der Seelotsreviere" werden, jedenfalls soweit sie die sogenannte Neulast betreffen, zur Sicherung seines Anspruchs auf Altersversorgung geleistet und sind nicht als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit abziehbar.
Ebenso wenig sind die vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes geleisteten Beiträge als vorab entstandene Werbungskosten bei den späteren sonstigen Einkünften abzuziehen. Das gilt trotz der durch das AltEinkG eingeführten nachträglichen Besteuerung. Die Beiträge sind vielmehr weiterhin im Rahmen der Höchstbetragsberechnung als Sonderausgaben zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 22 Nr. 1 S. 3
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Beiträge, die der Kläger in den Streitjahren an die Gemeinsamen Ausgleichskassen im Seelotswesen der Seelotsreviere (GAK) geleistet hat, als Betriebsausgaben abzuziehen sind.
Der am ...1960 geborene Kläger ist Seelotse und erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Er ermittelt seine Einkünfte durch Einnahmeüberschussrechnung. Der Kläger ist Mitglied der ... (Lotsenbrüderschaft). Er ist in der gesetzlichen Rentenversicherung rentenversichert und Mitglied einer durch die Lotsenbrüderschaft eingerichteten Pensionskasse. Des weiteren entrichtet der Kläger über die Lotsenbrüderschaft Pflichtbeiträge an die GAK. Insgesamt soll durch diese drei Säulen der Altersvorsorge sichergestellt werden, dass sich die Altersversorgung des Klägers, wie auch der anderen Seelotsen, auf ca. 63 % eines Kapitänsgehaltes beläuft.
Die Bundeslotsenkammer, der nach den §§ 34 und 35 Seelotsgesetz (SeeLG) die Selbstverwaltung der gemeinsamen Angelegenheiten des Seelotswesens in den Seelotsrevieren obliegt, hat die Trägerschaft für die GAK als zweckgebundenes Sondervermögen übernommen. Die Mitgliedersammlung der Bundeslotsenkammer hat mit Wirkung vom 01.07.1995 eine an die Stelle der bis dahin geltenden Satzung der GAK tretende Satzung beschlossen, die u.a. folgende Bestimmungen enthält:
"§ 1 Abs. 2: Es bestehen zwei Ausgleichskassen, und zwar die Ausgleichskasse 1 für Seelotsen, für die bis zum 31.12.1974 der Versorgungsfall eingetreten ist (§ 11a - Altlast), und die Ausgleichskasse II für Seelotsen, für die ab 01.01.1975 der Versorgungsfall eingetreten ist bzw. eintreten wird.
§ 2: Die GAK (...) haben den Zweck, eine Zusatzversorgung nach dieser Satzung zu gewähren, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Die Zusatzversorgung dient der Erfüllung der Aufgaben der Lotsenbrüderschaften gem. § 28 Abs. 1 Nr. 6 SeeLG. Zur Durchführung sind diese Aufgaben als gemeinsame Angelegenheit aller Lotsenbrüderschaften der dafür zuständigen Bundeslotsenkammer von allen Lotsenbrüderschaften übertragen worden.
...
§ 30: Über Änderungen dieser Satzung beschließt die Mitgliederversammlung der Bundeslotsenkammer gemäß § 4 Abs. 4 mit Zweidrittelmehrheit. Vor einer Änderung des § 9 Abs. 1 und 2 und des § 13 Abs. 1, Abs. 2 Buchstaben a bis c sowie des § 30 sind alle bestallten Seelotsen der Reviere zu hören.
§ 31: Zur Aufhebung einer oder beider Gemeinsamen Ausgleichskassen ist ein mit Zweidrittelmehrheit zu fassender Beschluss der Mitgliederversammlung der Bundeslotsenkammer erforderlich. § 30 Satz 2 gilt entsprechend."
Nach § 9 Abs. 1 der Satzung erhebt die GAK von jeder Lotsenbrüderschaft eine monatliche Umlage pro Mitglied, und zwar gesondert für jede Umlagekasse, in Höhe eines vom Bundesverkehrsministerium festgelegten Betrages, der von den Lotsenbrüderschaften vom Lotsgeld einbehalten und an die GAK abgeführt wird. Zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der GAK ist nach § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Satzung eine Rücklage in Höhe von mindestens sechs Monaten zu bilden, der für jedes Mitglied durch das Bundesverkehrsministerium festgelegte Beträge zuzuführen sind. Sinkt die Rücklage unter ihren Mindestbetrag, beschließt die Mitgliederversammlung der Bundeslotsenkammer eine Sonderumlage, die von den Lotsenbrüderschaften entsprechend der Zahl ihrer Mitglieder erbracht wird (§ 9 Abs. 2 Satz 4).
Der Ausgleichsfall (Versorgungsfall) tritt nach § 12 Abs. 2 der Satzung ein, wenn der Seelotse berufsunfähig wird, wenn seine Bestallung zum Seelotsen nach § 18 SeeLG erlischt, d.h. mit Beginn des Bezuges von Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung, und wenn er stirbt. Die Ausgleichsleistungen wegen Alters und Erwerbsunfähigkeit bemessen sich nach der nach Alter gestaffelten Gesamtversorgung (in Höhe eines festgelegten Prozentsatzes eines Kapitänsgehalts, § 12 Abs. 2 Buchst. b) abzüglich einer - fiktiven - anrechenbaren Rente (§ 12 Abs. 2 Buchst. a). In den §§ 14 ff. sind di...