Entscheidungsstichwort (Thema)
Europarechtswidrigkeit des § 8b Abs. 7 KStG a.F.
Leitsatz (amtlich)
§ 8b Abs. 7 KStG verstößt gegen die im Lichte der Niederlassungsfreiheit ausgelegte Mutter-Tochter- Richtlinie
Normenkette
KStG § 8b Abs. 7 a.F.; EGV Art. 52 a.F., Art. 43 n.F.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Hinzurechnung fiktiver Betriebsausgaben gem. § 8b Abs. 7 KStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 vom 22.12.1999 (BStBl. I 1999, 2601).
Die Klägerin ist einzige Gesellschafterin der ... Beteiligungsgesellschaft mbH (im folgenden: Beteiligungsgesellschaft), die ebenfalls ihren Sitz in Hamburg hat. Zwischen beiden Gesellschaften besteht eine körperschaftsteuerliche Organschaft. Die Beteiligungsgesellschaft ist ihrerseits einzige Gesellschafterin der ... Nederland BV (im Folgenden: BV), einer Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts.
Die Beteiligung an der BV hatte die Beteiligungsgesellschaft 1993 von der Klägerin erworben. Dazu war sie von der Klägerin mit dem entsprechendem Eigenkapital ausgestattet worden.
Im Streitjahr (1999) schüttete die BV an die Beteiligungsgesellschaft Dividenden i.H.v. ... Mio. DM aus.
Bei der Ermittlung des aufgrund der Organschaft der Klägerin zuzurechnenden Einkommens der Beteiligungsgesellschaft berücksichtigte der Beklagte die Ergebnisübernahme von ... Mio. DM und eine Minderabführung von ... DM (Summe ... Mio. DM). Die Ausschüttungen der BV an die Beteiligungsgesellschaft von ... Mio. DM nahm er bei der Klägerin aufgrund des sog. internationalen Schachtelprivilegs nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 3, Art. 13 Abs. 2 und 4 DBA Deutschland/Niederlande i.d.F. des 2. Zusatzprotokolls vom 21.05.1991 (BGBl. II 1992, 170) zu 95 %, d.h. (... Mio. x 95% =) ... Mio. DM von der deutschen Besteuerung aus. Als der Klägerin zuzurechnendes Einkommen der Beteiligungsgesellschaft erfasste er unter Hinweis auf § 8b Abs. 7 KStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 nicht abziehbare Betriebsausgaben i.H.v. ... DM, d.h. 5% der von der BV an die Beteiligungsgesellschaft ausgeschütteten Dividende.
Das steuerliche Ergebnis der Beteiligungsgesellschaft wurde im Streitjahr nicht durch Betriebsausgaben gemindert, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der von der BV gewährten Dividende stehen. Etwaige Aufwendungen dieser Art trug die Klägerin; sie wurden jedoch weder nach Art noch Höhe von der Betriebsprüfung oder vom erkennenden Senat festgestellt. Eine Rückbelastung auf die Beteiligungsgesellschaft erfolgte nicht. Beispielsweise entstanden der Beteiligungsgesellschaft keine Aufwendungen hinsichtlich etwaiger Bankgebühren, weil die Gesellschaft ein kostenfrei geführtes Verrechnungskonto im Konzern nutzte.
Der Beklagte stellte im Bescheid vom 18.04.2001 über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Feststellungen nach § 47 Abs. 2 KStG a.F. das zu versteuernde Einkommen der Klägerin unter Einbeziehung von gem. § 8b Abs. 7 KStG a.F. nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben von ... DM auf ... Mio. DM fest. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 16.05.2001 am 18.5.2001 Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 05.02.2002 wurde der Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Mit der am 08.03.2002 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Am 28. August 2003 wurde der Körperschaftsteuerbescheid aus hier nicht interessierenden Gründen gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Tatbestand des § 8b Abs. 7 KStG a.F. sei nicht erfüllt. Die Vorschrift greife nur ein, wenn überhaupt Betriebsausgaben vorlägen. Eine Fiktion von Betriebsausgaben dem Grunde und der Höhe nach sei der Norm nicht zu entnehmen. Eine außerbilanzielle Hinzurechnung von Aufwendungen könne nur erfolgen, wenn zuvor auch ein innerbilanzieller Abzug vorgenommen worden sei. Daher sprächen systematische Erwägungen für eine teleologische Reduktion. Auch die Einbeziehung der von der Klägerin getragenen Aufwendungen käme nicht in Betracht, weil die außerbilanzielle Hinzurechnung trotz der bestehenden Organschaft allein auf der Ebene der Beteiligungsgesellschaft als Organgesellschaft zu erfolgen habe.
Ferner macht die Klägerin geltend, § 8b Abs. 7 KStG a.F. verstoße gegen den im DBA Deutschland/Niederlande festgelegten Grundsatz der Steuerfreiheit von Schachteldividenden. Das Doppelbesteuerungsabkommen gehe nach § 2 AO in Verbindung mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit der hier streitigen späteren Norm vor, weil der ausdrückliche Wille zur Verletzung des DBA aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht hervorgehe. Zur Derogation des DBA durch eine Regelung nationalen Rechts müsse die abzubedingende Norm ausdrücklich zitiert werden und der Wille des Gesetzgebers zur Derogation ausdrücklich aus dem Normtext hervorgehen. Dies sei beispielsweise in den §§ 50d Abs. 1 Satz 1 EStG, 20 Abs. 1 AStG geschehen. Bei der Formulierung des § 8b Abs. 7 KStG a.F. habe d...