Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Kapitalertragsteuer für ein Vorfälligkeitsentgelt nach vorzeitiger Beendigung einer typisch stillen Gesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Ablehnung eines Änderungsantrags ist mit Einspruch und Verpflichtungsklage anzugreifen.
2. Besondere Entgelte i.S. von § 20 Abs. 3 EStG sind auch Vorfälligkeitsentschädigungen für die vorzeitige Beendigung einer typisch stillen Gesellschaft.
3. Für ein Vorfälligkeitsentgelt als Teil des Veräußerungsentgelts im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer stillen Gesellschaft sieht das Gesetz keinen Abzug von Kapitalertragsteuer vor.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, S. 2, Abs. 4, § 24 Nr. 1, § 43 Abs. 1 S. 2, § 44a Abs. 4 S. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 4
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Kapitalertragsteuern für ein Vorfälligkeitsentgelt nach vorzeitiger Beendigung einer typisch stillen Gesellschaft.
Die Klägerin ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts und ein Kreditinstitut im Sinne von § 1 Abs. 3d KWG. Im Zeitraum zwischen 2009 bis 2014 schloss die Klägerin mit ihrem Träger, dem Zweckverband XY-Bank (einem Zusammenschluss der Städte X und Y), … Verträge über die Erbringung stiller Einlagen, durch die sich der Zweckverband an der Klägerin mit insgesamt … EUR beteiligte. Dem Zweckverband stand nach § 3 Abs. 2 des Vertrages vom ….2009 für die stille Beteiligung bis zur Beendigung des Vertrages eine gewinnabhängige Verzinsung in Höhe des jeweiligen 12-Monats-Euribor zzgl. 725 Basispunkten zu.
Durch die Einlagen wurden zunächst aufsichtsrechtliche Voraussetzungen im Hinblick auf Kernkapital erfüllt. Aufgrund der Änderung der Vorschriften zum Kernkapital „Basel III”) ergab sich jedoch die Notwendigkeit, die Einlagen des Zweckverbandes vertraglich bis zum Ende des Übergangszeitraums am ….2017 neu zu regeln. In diesem Zusammenhang wurde ein anwaltliches Gutachten zu der Frage eingeholt, wie die bisherigen Verträge über die stille Beteiligung beendet werden könnten. In dem Gutachten wurde aufgrund rechtlicher Unsicherheiten zur Frage von Kündigungsrechten eine einvernehmliche Vertragsaufhebung empfohlen (Bl. 112 GA). Hinsichtlich der Frage, ob eine Verpflichtung zur Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts bestand, war es nach dem anwaltlichen Gutachten unklar, ob hierzu eine rechtliche Pflicht bestand. Jedenfalls ließe sich laut Gutachten eine einvernehmliche Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts vertreten, dessen Höhe im Ergebnis frei ausgehandelt werden könne. Ein Vorfälligkeitsentgelt erscheine aus beihilferechtlichen Gesichtspunkten geboten (Bl. 112 GA).
Vor diesem Hintergrund verständigten sich der Träger und die Klägerin im Rahmen einer Aufhebung der Verträge über die Stillen Gesellschaften darauf, die bisherigen stillen Einlagen in voller Höhe zurückzuzahlen. Mit dem Vertrag vom ….2017 verpflichtete sich die Klägerin in diesem Zusammenhang in § 2 Abs. 4 zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentgelt i.H.v. … EUR (Bl. 88 GA).
§ 2 Abs. 4 lautet:
„Durch die vorzeitigen Vertragsaufhebungen entfallen die Ansprüche des Stillen Gesellschafters auf Gewinnbeteiligung ab dem Beendigungstag. Die XY-Bank zahlt daher dem Stillen Gesellschafter aufgrund unterschiedlicher Vertragsinhalte der Alten Stillen Einlagen bezogen auf die Stillen Einlagen aus 2009 über EUR … für unter diesen aufgehobenen Verträgen bestehende Ansprüche, die sich auf die Zeit vom Beendigungstag bis zum jeweiligen erstmöglichen Kündigungstermin für die XY-Bank beziehen, ein Vorfälligkeitsentgelt in Höhe von EUR … auf Basis der bestehenden vertraglichen Regelungen nach banküblichen Mechanismen.”
Bereits am ….2016 schlossen die Klägerin und der Zweckverband im Hinblick auf die neuen aufsichtsrechtlichen Erfordernisse einen Vertrag über die Ersetzung der alten stillen Einlage durch eine neue stille Einlage, die von der Rückzahlung der alten Einlage abhängig gemacht wurde. § 3 des neuen Vertrages regelt die Teilnahme des Zweckverbandes am Gewinn und Verlust der Klägerin. Anstelle der bislang vertraglich vereinbarten Zinszahlungen trat eine Ausschüttung, die im Ermessen der XY-Bank liegt (vgl. insoweit auch das Schreiben der Klägerin an die BaFin vom 31.05.2017, Bl. 83 ff. Verwaltungsakte).
Das Vorfälligkeitsentgelt i.H.v. … EUR wurde am ….2017 durch die Klägerin an den Träger gezahlt.
Dem Träger der Klägerin wurde gemäß Bescheid des Finanzamts Y vom 21.09.2016 für den Zeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2019 und gemäß Bescheid vom 17.07.2019 für den Zeitraum 01.01.2020 bis 31.12.2022 bescheinigt, dass er eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne von § 44a Abs. 4 EStG sowie § 44a Abs. 8 EStG ist.
Am 09.01.2018 reichte die Klägerin für den Zeitraum Dezember 2017 eine Kapitalertragsteueranmeldung ein, in der sie das Vorfälligkeitsentgelt nicht der Kapitalertragsteuer unterwarf.
Der Beklagte erließ unter dem Datum des 11.04.2018 (Eingang bei der Klägerin am 16.04.2018) unter Berücksichtigung einer teilweisen Abstandnahme vom Steue...