Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Aufdeckung stiller Reserven nach Begründung einer Betriebsaufspaltung. Einkommensteuer 1997
Leitsatz (redaktionell)
Erwirbt eine dem bisherigen Einzelunternehmer nahestehende Person im Rahmen der Begründung einer Betriebsaufspaltung mit einer zuvor durch Bargründung errichteten GmbH Anteile dieser GmbH, ohne ein Aufgeld für die zuwachsenden stillen Reserven zu zahlen und werden diese Anteile im Privatvermögen gehalten, führt weder der Anteilserwerb noch die Übertragung der Wirtschaftsgüter vom Einzelunternehmen auf die Betriebs-GmbH zu Buchwerten zu einer Realisierung der anteiligen stillen Reserven, wenn der Anteilserwerb der nahestehenden Person deren wesentliche Beteiligung i.S. des § 17 EStG an der Betriebs-GmbH begründet.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4, §§ 17, 5, 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; UmwStG § 20
Nachgehend
Tenor
1. In Änderung des Einkommensteuerbescheids 1997 vom 2. März 2001 und unter Aufhebung der zugehörigen Einspruchsentscheidung vom 14. September 2001 wird die Einkommensteuer 1997 auf 15.002,33 EUR festgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist für den Kläger im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die durch die Sicherheitsleistung in Hohe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist die Gewinnrealisierung bei Begründung einer Betriebsaufspaltung.
Der Kläger errichtete durch Notarvertrag vom 27. Dezember 1996 zusammen mit seiner Tochter mittels Bargründung die A-Bau GmbH (GmbH). Am Stammkapital von 50.000 DM wurden er mit 51 % und seine Tochter mit 49 % beteiligt. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 21. April 1997.
Durch Gesellschafterbeschluss vom 1. Januar 1997 wurden der Kläger und seine Tochter zu den Geschäftsführern bestellt und die Übernahme der bis 1996 in der Form eines Einzelunternehmens geführten Baufirma des Klägers im Wege der Betriebsaufspaltung beschlossen. Dabei wurden die beweglichen Wirtschaftsgüter zum Buchwert an die GmbH (Betriebsunternehmen) übertragen, der Gegenwert als Forderung des Besitzunternehmens aktiviert und die Grundstücke einschließlich der aufstehenden Gebäude (wesentliche Betriebsgrundlagen) an die GmbH verpachtet. Ein Aufgeld hierfür war von der Tochter nicht zu zahlen, ihren GmbH-Anteil hält sie im Privatvermögen.
Die Einkommensteuer für das Streitjahr 1997 veranlagte das FA mit Einkommensteuerbescheid 1997 vom 17. Juni 1999 unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) zunächst gemäß der Einkommensteuererklärung.
Im Rahmen der folgenden Außenprüfung beim Kläger wurde die Auffassung vertreten, dass Anfang 1997 zwar eine steuerlich anzuerkennende Betriebsaufspaltung begründet worden sei, dabei aber stille Reserven auf den von der Tochter nicht im Betriebsvermögen gehaltenen GmbH-Anteil ohne Gegenleistung übergegangen seien; dies führe gemäß dem BMF-Schreiben vom 22. Januar 1985 IV B 2 – S 1909 – 2/85, BStBl I 1985, 97 i.V.m. der Verfügung der OFD Münster vom 16. August 1990 – S 1978–69 – St 11–31, DB 1990, 1797 zum Ansatz eines Entnahmegewinnes beim Kläger in Höhe von 85.260 DM, der sich unter Berücksichtigung stiller Reserven in Höhe von 174.000 DM im auf die GmbH übergegangenen beweglichen abnutzbaren Anlagevermögen, wovon 49% = 85.260 DM auf die Tochter entfielen, ergebe; eine Steuerverstrickung der auf die Anteile der Tochter übergegangenen stillen Reserven sei damit nicht mehr gegeben (s. Tz. 1.8 des Berichts über die Außenprüfung vom 26. Juli 2000).
Demzufolge erhöhte das FA mit Einkommensteueränderungsbescheid 1997 vom 2. März 2001 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung und Ansatz eines Entnahmegewinns in Höhe von 85.260 DM die Einkommensteuer 1997 des Klägers um 34.310 DM.
Den dagegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 14. September 2001 zurück. Im Streitfalle seien Anteile an der aus einer Betriebsaufspaltung hervorgegangenen GmbH an die Tochter, also eine nahestehende Person i. S. des § 15 AO, ohne Aufgeld übergegangen. Da der Kläger auf ein Aufgeld verzichtet habe und die von der Tochter übernommenen Anteile im Privatvermögen verblieben seien, sei gemäß dem BMF-Schreiben in BStBl I 1985, 97 ein Entnahmetatbestand verwirklicht worden. Das FA sei als nachgeordnete Behörde an Weisungen des Bundesministers der Finanzen gebunden. Die Entscheidung des BFH vom 12. Mai 1993 XI R 58, 59/92, DB 1993, 1802 (= HFR 1993, 565) stehe dieser Verwaltungsanweisung nicht entgegen, da der BFH über die Verwaltungsauffassung nicht zu befinden gehabt und dies auch ausdrücklich betont habe, und zudem im Urteilsfall – anders als im vorliegenden Streitfall – keine stillen Reserven festgestellt worden seien. Auch in der Literatur werde die Verwaltungsauffassung geteilt, wie...