Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der sog. 1 %-Regelung für ausländisches Kfz ohne inländischen Bruttolistenpreis
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der sog. 1 %-Regelung.
- Der Bruttolistenpreis ist eine generalisierende Bemessungsgrundlage, die aus typisierten Neu-Anschaffungskosten den Nutzungsvorteil insgesamt zu gewinnen sucht.
- Existiert kein inländischer Bruttolistenpreis, und ist das Fahrzeug auch nicht mit einem Modell bau- oder typengleich, für das ein inländischer Bruttolistenpreis existiert, muss der inländische Bruttolistenpreis zu geschätzt werden.
- Bei einer solchen Schätzung gibt bei einem ausländischen Kfz (hier: Ford Mustang Shelby GT500 Coupé), welches nach Deutschland importiert wurde, der Kaufpreis des Importeurs die Bemessungsgrundlage für die 1 %-Regelung realitätsnah wieder.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2; AO § 162
Streitjahr(e)
2013
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs unter Anwendung der sogenannten 1%-Regelung.
Der Kläger erzielte im Streitjahr unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dem Betrieb eines Großhandels. Dieser wurde zunächst durch die oHG, deren Gesellschafter der Kläger war, betrieben. Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 10. Juni 2013 übernahm der Kläger den Betrieb als Gesamtrechtsnachfolger der oHG und führte diesen als Einzelunternehmer fort.
Im Betriebsvermögen des Klägers befand sich ein Kraftfahrzeug der Marke Ford Mustang Shelby GT 500 Coupé, welches mit Vertrag vom 12. Juli 2013 durch den Kläger zu einem Bruttopreis in Höhe von 78.900,00 Euro von der Autohaus GmbH angeschafft worden war. Das Fahrzeug war am 2. Juli 2013 erstmals zugelassen worden. Ausweislich des Kaufvertrages verfügt das Fahrzeug über folgende Sonderausstattung:
SVT Performance Package
SVT Track Pack
Electronics Package
Recaro Leder Sportsitze
Europa Navigation in Deutsch
Shaker Pro Audio-System
Die Autohaus GmbH hatte ihrerseits das Kraftfahrzeug von dem Importeur mit Rechnung vom 29. Juni 2013 zulassungsfertig und mit 24 Monaten Garantie zum Preis von 75.999 Euro brutto erworben. Ausweislich dieser Rechnung war ein Umbau des Navigationssystems von USA auf Europa erfolgt. Ferner verfügt das Kraftfahrzeug zusätzlich noch über Hohlraum- und Unterbodenschutz.
Die private Nutzung dieses Kraftfahrzeugs ermittelte der Kläger durch Anwendung der sogenannten 1%-Regelung. Ein inländischer Bruttolistenpreis existierte für das Kraftfahrzeug Ford Mustang Shelby GT 500 Coupé nicht. Das Kraftfahrzeug war auch nicht mit einem bau- und typengleichen inländischen Kraftfahrzeug vergleichbar. Der Kläger legte daher den mit Tageswechselkurs vom 30. Juni 2013 in Euro umgerechneten amerikanischen Listenpreis für ein solches Kraftfahrzeug in Höhe von 53.977,00 Euro als Bemessungsgrundlage zugrunde und ermittelte einen Bruttoentnahmewert in Höhe von 3.725,57 Euro sowie eine außerbilanzielle Hinzurechnung zur Versteuerung des geldwerten Vorteils für die Nutzung des Fahrzeugs zwischen Wohnung und Betriebsstätte in Höhe von 420,12 Euro.
Am 10. September 2014 reichte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau die gemeinsame Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2013 ein. Darin erklärte er einen Verlust aus dem Einzelunternehmen, in welchem auch der von ihm in vorgenannter Weise ermittelte Bruttoentnahmewert für die private Nutzung des Ford Mustang Shelby GT 500 Coupé enthalten war.
Im Rahmen einer in der Zeit vom 18. Februar bis 26. März 2015 bei dem Kläger durchgeführten Außenprüfung ermittelte der Betriebsprüfer den Bruttoentnahmewert des Ford Mustang Shelby GT 500 Coupé mit 5.453,57 Euro und die außerbilanzielle Hinzurechnung für die Nutzung des Fahrzeugs für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte in Höhe von 690,12 Euro, indem er den Listenpreis des Fahrzeugs auf die tatsächlichen Anschaffungskosten des Klägers in Höhe von 78.900,00 Euro (brutto) schätzte und als Bemessungsgrundlage für die 1%-Regelung heranzog:
inländischer Bruttolistenpreis geschätzt: |
78.900,00 Euro |
davon 1%: |
789,00 Euro |
für 6 Monate: |
4.734,00 Euro |
Umsatzsteuer (19% auf 4.734 x 80%): |
719,57 Euro |
Entnahmewert brutto: |
5.453,57 Euro |
Der Beklagte folgte der Rechtsauffassung des Betriebsprüfers und berücksichtigte diesen Ansatz bei der mit Bescheid vom 6. Mai 2015 erstmalig erfolgten Festsetzung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags für das Jahr 2013.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 11. Mai 2015 Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2013 nach
§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO aufgrund eines geänderten Schlussberichts der Außenprüfung. Die Berechnung des Bruttoentnahmewertes für die private Nutzung des Kraftfahrzeugs blieb dabei unverändert. Der am 5. August 2015 ergangene geänderte Bescheid über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2013 wurde Gegenstand des Einspruchsverfahrens...