Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff des privaten Veräußerungsgeschäftes hinsichtlich eines Grundstücks
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff des privaten Veräußerungsgeschäftes hinsichtlich eines Grundstücks gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG.
- Als Veräußerung gilt nur die entgeltliche Übertragung eines WG auf einen Dritten.
- Die Einlage in ein BV ist keine Veräußerung i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Mangels Rechtsträgerwechsels gilt das gleichermaßen für eine Entnahme.
- Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG gilt als Anschaffung auch die Überführung eines WG in das PV des Stpfl. durch Entnahme.
- Da die Entnahme lediglich als Anschaffung „gilt”, handelt es sich um eine Fiktion, welche die tatsächliche Anschaffung als Tatbestandsmerkmal nicht verdrängt, sondern den gesetzlichen Tatbestand erneut, aber mit einem alternativen Anschaffungszeitpunkt auslöst.
Normenkette
EStG § 23
Streitjahr(e)
2006
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist der steuerliche Ansatz aus einem privaten Veräußerungsgeschäft.
Die Kläger sind Ehegatten, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden.
Der Kläger erwarb mit Vertrag vom 20. Mai 1997 die mit zwei Häusern bebauten Grundstücke A 32 und 33 in H zu einem Gesamtkaufpreis von 400.000 DM.
Von dem Kaufpreis entfielen 46,32 % (= 185.280 DM) auf das Grundstück A 32. Der Gebäudeanteil dieses Grundstücks betrug 46,67 % (= 86.470,18 DM). Auf den Gebäudeanteil entfielen Anschaffungsnebenkosten in Höhe von 4.070,76 DM. Daher betrugen die gesamten Anschaffungskosten für das Gebäude 90.540,94 DM (= 46.292 €). Die Anschaffungskosten für den Grund und Boden betrugen 103.475,40 DM (= 51.199 €).
Dem Kläger entstanden nach § 7i EStG begünstigte Herstellungskosten für die Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal in Höhe von 89.421,77 DM. Im Jahr 1999 hatte er Anschaffungskosten für Einstellplätze in Höhe von 3.480 DM zu tragen.
Mit notariellem Vertrag vom 29. März 2000 übertrug der Kläger das Grundstück unentgeltlich auf die Klägerin.
Der Klägerin entstanden weitere Herstellungskosten nach § 7i EStG in Höhe von 20.844,74 DM.
Das Gebäude des Objekts A 32 verfügte über ein Erdgeschoss (50,52 %), welches selbst genutzt wurde, und ein Obergeschoss (49,48 %) welches zum 1. Mai 2003 von der Klägerin in ihr Betriebsvermögen eingelegt wurde. Ihr steuerlicher Berater ermittelte einen unstreitigen Einlagewert in Höhe von 173.180 €.
Zum 30. November 2004 entnahm die Klägerin das Grundstück wieder ihrem Betriebsvermögen und überführte es in ihr Privatvermögen. Ihr steuerlicher Berater ermittelte einen unstreitigen Entnahmewert in Höhe von 167.696 €:
Einlagewert 01.05.2003 |
173.180 € |
AfA 2003 (173.180 € x 2 % x 8/12) |
2.309 € |
31.12.2003 |
170.871 € |
AfA 2004 (173.180 € x 2 % x 11/12) |
3.175 € |
01.12.2004 |
167.696 € |
Mit Vertrag vom 3. November 2006 wurde das Grundstück für 168.000 € veräußert.
In der Steuererklärung erklärten die Kläger einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft in Höhe von 3.605 €, der wie folgt berechnet wurde:
Veräußerungspreis |
168.000 € |
abzgl. Entnahmewert |
./. 167.696 € |
abzgl. WK im Zusammenhang mit der Veräußerung |
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Amtsgericht H, Eintragung Eigentümer |
./. 109 € |
Amtsgericht H, Eintragung Löschung |
./. 200 € |
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zzgl. in Anspruch genommene AfA: |
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AfA 2004 |
+ 485 € |
AfA 2005 |
+ 1.608 € |
AfA 2006 (zeitanteilig 11 Mo) |
+ 1.517 € |
Ansatz |
3.605 € |
Dagegen ermittelte der Beklagte den Veräußerungsgewinn wie folgt:
Veräußerungspreis |
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168.000 € |
abzgl. Anschaffungskosten: |
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Anschaffungskosten Gebäude |
90.541 DM |
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Anschaffungskosten Grund u. Boden |
103.475 DM |
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Herstellungskosten § 7i EStG |
89.422 DM |
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weitere Herstellungskosten § 7i EStG |
20.844 DM |
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Einstellplätze |
3.480 DM |
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Summe |
307.762 DM |
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auf die Obergeschosswohnung entfällt 49,48 % |
152.281 DM |
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in Euro |
77.860 € |
77.860 € |
abzgl. Werbungskosten |
|
308 € |
zzgl. AfA: |
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§ 7 Abs. 4 EStG (1997 bis 30.11.2006) |
13.262 € |
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§ 7i EStG (1997 bis 31.03.2000) |
14.859 € |
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§ 7i EStG |
4.707 € |
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Einstellplätze § 7 Abs. 1 EStG |
1.304 € |
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Summe |
34.133 € |
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davon 49,48 % |
16.889 € |
+ 16.889 € |
zzgl. Teilwert Einlage |
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+ 173.180 € |
abzgl. Teilwert Entnahme |
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./. 167.696 € |
Ansatz |
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112.205 € |
Dementsprechend erging der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 4. September 2008. Gegen diesen Bescheid richtete sich der am 10. September 2008 erhobene Einspruch, der zu dem Änderungsbescheid vom 16. Oktober 2008 führte. Nach Erlass des Änderungsbescheids führten die Kläger den Einspruch mit der Begründung fort, dass der Wortlaut des § 23 EStG für den Fall eine Lücke enthalte, dass der Steuerpflichtige das in das Betriebsvermögen eingelegte Grundstück wieder entnehme und anschließend veräußere. Die im Zeitpunkt der Einlage aufgedeckten stillen Reserven würden in diesem Fall unversteuert bleiben. Dagegen habe das Finanzamt die vom Zeitpunkt der Anschaffung bis zur Einlage in das Betriebsvermögen entstandenen stillen Reserven besteuert. § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG setze zwingend voraus, dass die Veräußerung „aus dem Betriebsvermögen” erfolge. Nur in diesem Fall fingiere der Gesetzgeber eine Veräu...