Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine offensichtlich verkehrsgünstigere Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei Fahrzeitersparnis von 5 Minuten laut „Google Maps”. Zuordnung von Fahrtkosten bei an der Arbeitsstätte ausgeübter selbstständiger Nebentätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Fahrzeitersparnis von 5 Minuten (1 Stunde und 36 Minuten gegenüber 1 Stunde und 41 Minuten) laut „Google Maps” führt nicht dazu, dass die längere Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als offentlichtlich verkehrsgünstiger angesehen und daher der Entfernungspauschale zugrunde gelegt werden könnte.
2. Erzielt ein Arbeitnehmer geringfügige Nebeneinnahmen aus einer an seiner Arbeitsstätte ausgeübten selbstständigen Nebentätigkeit, so führen Fahrten zur Arbeitsstätte nicht zu Betriebsausgaben, wenn er aufgrund seiner hauptberuflichen nichtselbständigen Tätigkeit ohnehin dort anwesend war.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, § 4 Abs. 4, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Einkünfte des Sohnes des Klägers im Streitjahr den Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz 2008 – EStG – überstiegen haben.
Der am 26.10.1985 geborene Sohn des Klägers Sn. lebte im Streitjahr mit seiner Lebensgefährtin und einem gemeinsamen Kind in der A.-Str. in L.. Er studierte an der Universität L. und war nebenbei für den L.Rundfunk tätig. Für die vom Regionalstudio in B., P.-STr., am Montagabend von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr gesendete sorbische Hörfunksendung „S.” wirkte er als Moderator, als redaktioneller Mitarbeiter sowie als Beitragsautor. Die Themen und Beiträge der Sendung wurden jeweils am Freitagabend im Rahmen einer sogenannten Planungssitzung festgelegt. Die Teilnahme an der Planungssitzung wurde nicht vergütet. Wer aber für die Montagsendung als Moderator oder redaktioneller Mitarbeiter tätig sein oder einen vergüteten Beitrag abliefern wollte, musste an der vorbereitenden Planungssitzung teilnehmen. Dort wurde vom Chef vom Dienst festgelegt, wer Moderations- bzw. Redaktionsaufgaben übernimmt und welche der vorgeschlagenen Beiträge ins Programm genommen werden. Zu den Planungssitzungen am Freitagabend fuhr Sn. jeweils über R., um zuvor seine Eltern zu besuchen. Vereinzelt fertigte Sn. im Regionalstudio B. auch Beiträge für andere Sendungen des sorbischen Rundfunks. Ab September 2008 war Sn. desweiteren für das sorbische Fernsehmagazin „W.” tätig, das im MDR-Funkhaus in D., Kb.-Str., produziert wurde. Auf Zuruf des dortigen Chefs vom Dienst fertigte er Fernsehbeiträge. Hierfür begleitete ihn ein Kamerateam an die Drehorte, um die Beiträge abzudrehen, die dann mit dem Cutter im Funkhaus nachbereitet wurden. Für seine Nebentätigkeit fuhr Sn. im Streitjahr 2008 87 mal zum Regionalstudio B. und 9 mal zum Funkhaus in D.. Gemäß den Vergütungsmitteilungen des L.Rundfunks erhielt Sn. 2008 für seine Tätigkeit als Redaktionsassistent und Moderator in B. Lohnzahlungen in Höhe von insgesamt 15.093 Euro sowie für seine Hörfunk- und Fernsehbeiträge Honorare in Höhe von 732,75 Euro. An besonderen Ausbildungskosten entstanden Sn. Absetzungen für die Abnutzung eines Computers in Höhe von 16,24 Euro und an 208 Tagen Fahrtkosten zur 2 km von seiner Wohnung entfernt liegenden Universität. An Sozialversicherungsbeiträgen führte Sn. 2.938,19 Euro ab.
Mit Bescheid vom 06.10.2009 hob der Beklagte die Kindergeldfestsetzung für Sn. für das Jahr 2008 wegen des Überschreitens des Jahresgrenzbetrages auf. Den dagegen am 09.11.2009 eingelegten Einspruch des Klägers wies er mit Einspruchsentscheidung vom 08.04.2011, zugestellt am 09.04.2011, als unbegründet zurück.
Am 09.05.2011 hat der Kläger Klage erhoben.
Er ist weiterhin der Auffassung, der Jahresgrenzbetrag sei nicht überschritten. Die Fahrten nach D. seien nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen. Die einfache Entfernung betrage 122 km. Die kürzeste Strecke zur Arbeitsstätte in B. betrage 174 km. Auch die Aufwendungen für die Hinfahrten nach B. am Freitagabend, bei denen Sn. seine Eltern besucht habe, seien vollumfänglich als Werbungskosten abziehbar. Eine Aufteilung wegen privater Mitveranlassung sei nicht vorzunehmen.
Der Kläger beantragt,
den Aufhebungsbescheid vom 06.10.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.04.2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Aufhebungsbescheid vom 06.10.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 44 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO). Das Kind Sn. ist im Streitjahr kindergeldrechtlich nicht zu berücksichtigen, weil es das 18. Lebensjahr vollendet hatte und seine Einkünfte den Jahresgrenzbetrag in Höhe von 7.680 Euro überstiegen (§...