Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbbauzinsen als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
Leitsatz (redaktionell)
Erbbauzinsen sind bei dem Zahlungsempfänger als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung steuerpflichtig. Die zu § 92 Abs. 5 BewG ergangene Entscheidung des BVerfG vom 17.07.1995 (BStBl II 1995, 810 ff) entfaltet für das Ertragsteuerrecht keine Bindungswirkung. Mangels Anschaffungskosten kommt für die laufenden Zahlungen keine Abschreibung auf eine Erbbauzinsforderung in Betracht
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Nr. 1 S. 3 Nr. 7; BewG § 92 Abs. 5
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob das beklagte Finanzamt (FA) zu Recht Erbbauzinsen als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (VuV) angesetzt hat.
Die im Jahre ... geborene Klägerin (Klin.) und der ... geborene Kläger (Kl.) sind verheiratet; sie wurden im Streitjahr 1995 zusammenveranlagt.
Die Klin. ist Eigentümerin des im Grundbuch von ... verzeichneten Grundvermögens. Dieses Grundstück war im Jahre 1991 im Wege der Erbfolge von ihrer Tante auf sie übergegangen. Das Grundstück war von der Tante mit Vertrag vom 29. März 1974 mit einem Erbbaurecht belastet worden. Die Eintragung des Erbbaurechts im Grundbuch war am 2. Mai 1975 erfolgt. Als Laufzeit waren 99 Jahre vereinbart worden; dem entsprechend endet das Erbbaurecht gem. § 1 des Erbbaurechtsvertrages am 31. Dezember 2074, es sei denn, dass entsprechend § 31 des Erbbaurechtsvertrages eine Verlängerung erfolgt. Im Gegenzug zur Bestellung dieses Erbbaurechts wurde in § 12 des Erbbaurechtsvertrages vereinbart, dass von dem Erbbauberechtigten ein vierteljährlich zu leistender Erbbauzins zu zahlen ist. Im Rahmen der Bebauung des Grundstücks wurde das Erbbaurecht alsbald in mehrere Erbbaurechte geteilt, was auch zur Teilung des einheitlichen Grundstücks führte.
Gegenüber der Klin. waren verschiedene Bescheide auf Grund des Vermögensteuergesetzes, soweit dieses noch in Kraft war, und des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes ergangen. Im Rahmen dieser Bescheide war nach dem Bewertungsgesetz die Erbbauzinsforderung der Klin. gegenüber dem Erbbauberechtigten mit dem Faktor 18 kapitalisiert und als Vermögen den genannten Steuerarten unterworfen worden.
In ihrer Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Streitjahr 1995 wurden aus dem genannten Grundstück Erbbauzinsen in Höhe von 68.208,29 DM und Pachteinnahmen in Höhe von 9.885 DM erklärt. Nach Abzug von Anwalts- und Gerichtskosten sowie sonstigen Kosten verblieb ein Überschuss in Höhe von 58.116,53 DM.
In dem ESt-Bescheid vom 7. Januar 1997 wurden die Besteuerungsgrundlagen entsprechend den Angaben in der Steuererklärung angesetzt.
Gegen diesen Bescheid legten die Kl. am 5. Februar 1997 Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie im Wesentlichen vor:
Zwar würden nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- (Urteile vom 19. Januar 1982, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1982, 533 und vom 17. April 1985, BStBl II 1985, 617) die jährlich gezahlten Erbbauzinsen als Einkünfte aus VuV beim Erbbauverpflichteten (Eigentümer) behandelt. Dies beruhe auf einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 1963 (Urteil vom 11. Oktober 1963, BStBl III 1963, 564). Diese Rechtsprechung sei indessen mit dem Gesetzeswortlaut, der Gesetzessystematik und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht vereinbar.
1. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 21 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) seien Einkünfte aus VuV die Einkünfte aus VuV von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken ... und Rechten, die den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterlägen (z.B. Erbbaurecht)... . Vorliegend gehe es ersichtlich zum einen nicht um die VuV eines Erbbaurechts; denn dies könne nur der Erbbauberechtigte, aber nicht der Eigentümer (Erbbauverpflichtete) bestellen. Bei den an sie geleisteten Erbbauzinsen handele es sich auch nicht um Einkünfte aus VuV. Denn die Grundstücke würden weder nach §§ 535 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vermietet noch nach § 581 BGB verpachtet. Vielmehr sei nach § 1 Abs. 1 Erbbaurechtsverordnung (ErbbauVO) die Bestellung eines Erbbaurechts vom Eigentümer zu Gunsten des Erbbauberechtigten erfolgt, wobei nach § 9 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO für dessen Bestellung ein Erbbauzins zu leisten sei. Diese rechtliche Konstruktion unterscheide sich zumindest in zwei wesentlichen Punkten von der einer VuV. Während bei der VuV der Miet- und Pachtzins dem Gebrauch der Sache pro rata temporis gegenüber stehe, werde nach § 9 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO der Erbbauzins für die "Bestellung" des Erbbaurechts geleistet und nicht etwa für einen wiederkehrenden Gebrauch des Grundstücks durch den Erbbauberechtigten. Darüber hinaus entfalle bei der VuV bei Nichtleistung des Miet- und Pachtzinses die Pflicht zur Gebrauchsüberlassung; bei dem Erbbaurecht sei das nicht der Fall, weil nach § 2 ErbbauVO der Erbbauzins nicht Inhalt des Erbbaurechts selbst sei.
2. Nach der im Steuerrecht gelt...