BMF, Schreiben v. 21.12.2010, IV A 3 - S 0062/08/10007-09, BStBl I 2011, 2
Bezug: TOP 5.1. – 5.8 der Sitzung AO IV/2010
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 2.1.2008 (BStBl 2008 I S. 26), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 28.7.2010 (BStBl 2010 I S. 630) geändert worden ist, mit sofortiger Wirkung wie folgt geändert:
1. Die Regelung zu § 30 wird wie folgt geändert:
a) Die Nummern 8 und 8.1 werden wie folgt gefasst:
„8. |
Offenbarung aus zwingendem öffentlichen Interesse (§ 30 Abs. 4 Nr. 5) |
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Eine Offenbarung ist gem. § 30 Abs. 4 Nr. 5 zulässig, soweit für sie ein zwingendes öffentliches Interesse besteht. § 30 Abs. 4 Nr. 5 enthält eine beispielhafte Aufzählung von Fällen, in denen ein zwingendes öffentliches Interesse zu bejahen ist. Bei anderen Sachverhalten ist ein zwingendes öffentliches Interesse nur gegeben, wenn sie in ihrer Bedeutung einem der in § 30 Abs. 4 Nr. 5 erwähnten Fälle vergleichbar sind. Liegt ein zwingendes öffentliches Interesse vor, macht es für die Zulässigkeit der Offenbarung keinen Unterschied, ob die Finanzbehörde aufgrund eigener Erkenntnisse von Amts wegen die zuständige Behörde informiert oder ob die zuständige Behörde unter Schilderung der Umstände, die das Vorliegen eines zwingenden öffentlichen Interesses begründen, die Finanzbehörde um Auskunft ersucht. |
8.1 |
Die Gewerbebehörden können bei Vorliegen eines zwingenden öffentlichen Interesses für Zwecke eines Gewerbeuntersagungsverfahrens über die Verletzung steuerlicher Pflichten unterrichtet werden, die mit der Ausübung des Gewerbes, das untersagt werden soll, im Zusammenhang stehen (vgl. im Einzelnen BMF-Schreiben vom 14.12.2010, BStBl 2010 I S. …). |
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Zur Wahrung des Steuergeheimnisses gegenüber Parlamenten bzw. einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages vgl. BMF-Schreiben vom 13.5.1987 .” |
b) Die Nummer 8.4 wird wie folgt gefasst:
„8.4 |
§ 6 des Subventionsgesetzes, wonach Behörden von Bund und Ländern Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht eines Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) begründen, den Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen haben, stellt keine Ermächtigungsvorschrift i.S. des § 30 Abs. 4 Nr. 2 dar. Anzeigen an Strafverfolgungsbehörden wegen des Verdachts eines Subventionsbetrugs sind daher nur zulässig, wenn ein zwingendes öffentliches Interesse an der Offenbarung besteht (§ 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchstabe b) oder die Voraussetzungen des § 30 Abs. 5 vorliegen (vgl. Nr. 9). Betrifft der Subventionsbetrug allerdings Investitionszulagen, so sind entsprechende Tatsachen wie bei Steuerstraftaten den Bußgeld- und Strafsachenstellen zu melden (vgl. § 14 InvZulG 2010 i.V.m. § 30 Abs. 4 Nr. 1). Nach § 31a besteht daneben eine Offenbarungsbefugnis gegenüber den für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Erstattung, Weitergewährung oder für das Belassen einer Subvention zuständigen Behörden und Gerichten; vgl. im Einzelnen Nr. 4.3 zu § 31a.” |
2. Die Nummer 4 der Regelung zu § 31b wird aufgehoben.
3. Nummer 3 Absatz 3 der Regelung zu § 107 wird wie folgt gefasst:
„Ein Vorlageverlangen i.S. des § 97 gegenüber Dritten ist im Regelfall nur zulässig, wenn
- der Dritte eine von ihm zuvor geforderte Auskunft nicht erteilt hat,
- die Auskunft des Dritten unzureichend ist,
- Bedenken gegen die Richtigkeit der Auskunft bestehen oder
- das Vorliegen steuerrelevanter Tatsachen nur durch die Vorlage eines Schriftstückes beweisbar bzw. eine Auskunft zur Wahrheitsfindung untauglich ist
(vgl. BFH-Urteil vom 24.2.2010, II R 57/08, BStBl 2011 II S. …).”
4. Die Nummer 3.1.5.1 der Regelung zu § 122 wird wie folgt gefasst:
„3.1.5.1 |
Eine öffentliche Zustellung wegen eines unbekannten Aufenthaltsortes des Empfängers (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwZG) ist nicht bereits dann zulässig, wenn die Finanzbehörde die Anschrift nicht kennt oder Briefe als unzustellbar zurückkommen. Die Anschrift des Empfängers muss vielmehr allgemein unbekannt sein. Dies ist durch eine Erklärung der zuständigen Meldebehörde oder auf andere Weise zu belegen. Die bloße Feststellung, dass sich der Empfänger bei der Meldebehörde abgemeldet hat, ist nicht ausreichend. Die Finanzbehörde muss daher, bevor sie durch öffentliche Bekanntmachung zustellt, die nach Sachlage gebotenen und zumutbaren Ermittlungen anstellen. Dazu gehören insbesondere Nachforschungen bei der Meldebehörde, u. U. auch die Befragung von Angehörigen oder des bisherigen Vermieters des Empfängers. Auch Hinweisen auf den mutmaßlichen neuen Aufenthaltsort des Empfängers muss durch Rückfrage bei der dortigen Meldebehörde nachgegangen werden. Ist zu vermuten, dass sich der Steuerpflichtige in einem bestimmten anderen Land aufhält, sind die Ermittlungsmöglichkeiten des zwischenstaatlichen Auskunftsaustauschs nach dem BMF-Schreiben vom 25.1.2006, BStBl 2006 I S. 26 auszuschöpfen (BFH-Urteil vom 9.12.2009, X R 54/06, BStBl 2010 II S. 732). |
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Nicht zulässig ist es beispielsweise, eine öffentliche Zustellung bereits dan... |