Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergang von Arbeitsverhältnissen
Leitsatz (amtlich)
1. § 613 a BGB findet auf den durch Verwaltungsvereinbarung geregelten Übergang einer Schule von einem öffentlichen Träger auf einen anderen öffentlichen Träger Anwendung.
2. Dem steht die damit verbundene, nach den Schulgesetzen vorgegebene Änderung der Schulform nicht entgegen.
Normenkette
BGB § 613a; SächsSchulG § 16 Abs. 3; BetrVG §§ 118, 130; BPersVG § 6 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten zu 2 gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 21. Juli 1993 – 2 (1) Sa 73/93 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte zu 2 hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin und die Beklagte zu 2 streiten noch darüber, ob zwischen ihnen ab dem 1. August 1992 ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die im Jahre 1940 geborene Klägerin war seit Februar 1988 bei der Fachschule für Bauwesen Potsdam als Raumpflegerin beschäftigt. Diese Einrichtung unterstand als ganztägige Vollzeitschule für die Ingenieurswissenschaft dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen der DDR. Mit Inkrafttreten des Einigungsvertrages kam sie in die Trägerschaft des Beklagten zu 1, mit dem das Arbeitsverhältnis der Klägerin fortgeführt wurde.
Die Fachschule (Ingenieurschule) für Bauwesen wurde nach der Verabschiedung des Ersten Schulreformgesetzes für das Land Brandenburg vom 28. Mai 1991 (GVBl. S. 116, künftig: 1. SRG) Bestandteil des Oberstufenzentrums I, das in die Rechtsträgerschaft der Beklagten zu 2 überging. Die Ausbildung der Ingenieurschule lief aus, die Schule wurde nicht als Fachhochschule im Sinne der Hochschulstruktur der alten Bundesländer weitergeführt. Sie ist nunmehr Schule (Sekundarstufe II) im Sinne des 1. SRG und gehört zum Oberstufenzentrum I, welches eine gymnasiale Oberstufe, eine Berufsschule für technische Berufe und eine Fachschule zur beruflichen Qualifikation in technischen Berufen umfaßt.
Zu den Aufgaben des Schulträgers und zur Schulfinanzierung ist im 1. SRG u.a. folgendes bestimmt:
§ 48
Aufgaben des Schulträgers
Der Schulträger errichtet, unterhält und verwaltet die Schulen als eigene Aufgabe. Er stellt die Schulanlagen, Gebäude, Einrichtungen, Lehrmittel und das für die Schulverwaltung notwendige Personal.
§ 50
Errichtung, Änderung und Auflösung von Schulen
(1) Über Errichtung, Änderung und Auflösung einer Schule beschließt der Schulträger. Als Errichtung sind auch die Teilung und die Zusammenlegung von Schulen, als Änderung sind der Aus- und Abbau einer Schule, der Wechsel des Schulträgers sowie die Änderung der Schulform zu behandeln.
(2) Der Beschluß des Schulträgers bedarf der Genehmigung durch die oberste Schulaufsichtsbehörde. Die Genehmigung wird erteilt, wenn der Beschluß nicht gegen dieses Gesetz oder gegen Vorschriften verstößt, die aufgrund dieses Gesetzes erlassen worden sind und die damit verbundenen sächlichen und personellen Erfordernisse erfüllt werden können.
§ 51
Schulträgerschaft
(1) Die Gemeinden oder gemeindliche Schulverbände sind Träger der Schulen, soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist.
…
(2) Die Kreise und kreisfreien Städte sind Träger der Schulen und Bildungsgänge der Sekundarstufe II einschließlich der Fachschulen …
…
(8) Soweit nach diesem Gesetz die Kreise gemeindliche Schulen in eigener Trägerschaft fortführen, geht die Befugnis zur Nutzung von Grund und Boden sowie der Gebäude der Schule unentgeltlich auf den Kreis über. Bei einem sonstigen Wechsel der Schulträgerschaft zwischen öffentlichen Trägern gilt entsprechendes
§ 57
Kostenträger
…
(2) Die Personalkosten für die Lehrerinnen und Lehrer sowie das sonstige pädagogische Personal trägt das Land. Die Kosten für das Verwaltungspersonal und für die nicht pädagogisch tätigen Bediensteten an den Schulen trägt der Schulträger.
…
Ferner regelt § 46 Abs. 3 des 1. SRG:
Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen und das weitere pädagogische Personal stehen im Dienst des Landes.
§ 4 Abs. 3 des 1. SRG lautet:
Der zuständige Schulträger tritt am 1. Juli 1991
in die Rechte und Pflichten aus bestehenden Arbeitsverhältnissen der im Hort beschäftigten Personen ein.
Der Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 schlossen am 10. Juli 1992 eine „Verwaltungsvereinbarung”, wonach der Beklagten zu 2 „gemäß § 51 (2) und (8) Erstes Schulreformgesetz folgende Gebäude/Flächen/Ausstattungen (Inventar) der Landeseinrichtung … Ingenieurschule für Bauwesen Potsdam … zur kostenlosen Nutzung” überlassen wurden. In der Anlage hierzu heißt es: „Das Inventar wird wie vorhanden übergeben, da dieses für die Durchführung der Bildungsgänge erforderlich ist. Als Grundlage dafür dienen die übergebenen Inventarlisten.” Die „Verwaltungsvereinbarung” regelt ferner u.a. folgendes:
„2. Die Nutzungsüberlassung ist gebunden an die unterrichtliche Nutzung im Rahmen öffentlicher Schulen.
Einnahmen aus Vermietungen im Rahmen der schulischen Nutzung (z.B. Internate/Mensa) verbleiben dem Nutzer. Anfallende Verluste aus solchen Vermietungen trägt der Nutzer.
3. Die bestehenden Eigentumsverhältnisse an den überlassenen Gebäuden/Flächen/Austattungen bleiben unberührt. Zur Zeit gehen die Vertragsparteien aufgrund der Nutzung von einer Verfügungsberechtigung des Landes aus …
…
5. Vermietung/Verpachtung oder anderweitige Drittnutzung außerhalb unterrichtlicher Nutzung bedarf in jedem Fall der ausdrücklichen Zustimmung des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport in Abstimmung mit dem Ministerium der Finanzen.
…
6. Die Liegenschaft wird zum 01.08.1992 übergeben.
…
7. Stichtag für den Lastenwechsel: 01.08.1992
8. Sachkosten für die laufende Nutzung und die laufende Instandsetzung/Instandhaltung der überlassenen Gebäude/Flächen sind durch den Nutzer zu finanzieren.
…
11. Dem Nutzer obliegt vom Zeitpunkt des Lastenwechsels an die Sorge für die Verkehrssicherheit der zur Nutzung abgegebenen Liegenschaft und der auf dem Gelände befindlichen Gebäude sowie seiner Zuwendungen. Im Rahmen der ordnungsbehördlichen Anordnung sind seine Beauftragten der Ordnungsbehörde gegenüber unmittelbar verantwortlich.
Der Nutzer hat für die Reinigung der angrenzenden Straßen und Wege zu sorgen, sofern diese nicht von der Gemeinde gereinigt werden. Insbesondere hat er bei Frost und Glatteis die Fußwege von Schnee und Eis nach den ordnungsbehördlichen Vorschriften auf seine Kosten zu befreien und mit abstumpfenden Stoffen ausreichend zu bestreuen. Schadenersatzansprüche, die durch das Versäumnis dieser Verpflichtung entstehen, gehen zu Lasten des Nutzers.
…
13. Durch den Nutzer sind die auslaufenden Studiengänge der vormaligen Fachschule/Landeseinrichtung ab Vollzug des Lastenwechsels uneingeschränkt zu gewährleisten.”
Der Beklagte zu 1 kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 10. Juli 1992 zum 17. August 1992. Zur Begründung der Kündigung wurde auf Organisations- und Strukturveränderungen und die damit verbundene Änderung der Zuständigkeiten verwiesen. Die Beklagte zu 2 besetzte den bisher von der Klägerin ausgefüllten Arbeitsplatz ab dem 1. September 1992 mit einer anderen Arbeitnehmerin.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Kündigung sei mangels eines Kündigungsgrundes unwirksam. Die Beklagte zu 2 sei gemäß § 613 a BGB in das Arbeitsverhältnis eingetreten. Es habe ein Wechsel der Schulträgerschaft bei weiterbestehenden Arbeitsaufgaben stattgefunden. Das heutige Oberstufenzentrum I sei Nachfolgeeinrichtung der ehemaligen Fachschule für Bauwesen.
Die Klägerin hat beantragt
- festzustellen, daß ihr Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zu 1 durch dessen Kündigung vom 10. Juli 1992 nicht aufgelöst worden sei,
- festzustellen, daß zwischen ihr und der Beklagten zu 2 ab dem 1. August 1992 ein Arbeitsverhältnis bestehe.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 2 hat vorgetragen, ein Betriebsübergang durch Rechtsgeschäft liege nicht vor. Die ehemalige Ingenieurschule für Bauwesen sei aufgelöst worden. Das Oberstufenzentrum I sei nicht deren Nachfolgeeinrichtung. Die Übernahme der Trägerschaft habe sich unmittelbar aus dem 1. SRG ergeben, was den Übergang des Arbeitsverhältnisses ausschließe. Die Gemeinden hätten das Recht, das Verwaltungspersonal in eigener Verantwortung zu stellen, ohne durch den Übergang von Arbeitsverhältnissen gebunden zu sein. Für eine entsprechende Anwendung der Regelungen zum Betriebsübergang fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke.
Das Arbeitsgericht hat nach den Klaganträgen erkannt. Hiergegen hat nur die Beklagte zu 2 Berufung eingelegt und Abweisung des Klagantrags zu 2 beantragt. Der Beklagte zu 1 hat kein Rechtsmittel eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu 2 zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt diese ihren Klagabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei in entsprechender Anwendung von § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB zum 1. August 1992 auf die Beklagte zu 2 übergegangen. Eine unmittelbare Anwendung dieser Norm auf den Wechsel der Trägerschaft einer öffentlichen Einrichtung zur Gewährleistung des Rechts auf Bildung scheide aus. Weder der Bundesgesetzgeber noch der Landesgesetzgeber hätten die Rechtsfolgen für die Arbeitsverhältnisse im Falle der Übertragung öffentlicher Aufgaben von einem Träger der Verwaltung auf einen anderen ausdrücklich geregelt. Es liege eine planwidrige Regelungslücke vor, da auf den nach Inkrafttreten des § 613 a BGB vielfach entstandenen Regelungsbedarf nicht legislativ reagiert worden sei. Diese Lücke sei jedenfalls dann durch entsprechende Anwendung des § 613 a BGB zu schließen, wenn der Wechsel der Trägerschaft auf einer gesetzliche Vorgaben erfüllenden verwaltungsinternen Vereinbarung beruhe. Es liege eine öffentlich-rechtliche Funktionsnachfolge bei gleichzeitigem Übergang des betrieblichen Substrats vor. An dem Bedarf nach der Tätigkeit der Klägerin habe sich nichts geändert. Die Verwaltungsvereinbarung vom Juli 1992 stelle ein „Rechtsgeschäft” dar. Dessen Inkrafttreten habe den Trägerwechsel bewirkt, der nicht schon unmittelbar mit Inkrafttreten des 1. SRG erfolgt sei, denn das Gesetz habe eines Umsetzungsaktes durch den alten und den neuen Träger bedurft. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden stehe dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht entgegen, da die Personalhoheit erst nach der Übernahme des Verwaltungsobjektes einsetze.
B. Dem ist im Ergebnis, wenn auch nicht in allen Teilen der Begründung zu folgen.
I. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hat nicht bereits im Jahre 1991 geendet. Soweit die Revision geltend macht, die Ingenieurschule für Bauwesen sei durch den Beklagten zu 1 nach Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 2, 3 Einigungsvertrag abgewickelt worden, handelt es sich um in der Revision unzulässigen neuen Tatsachenvortrag (§ 561 Abs. 1 ZPO). Zudem wurde das Arbeitsverhältnis nach dem unstreitigen Parteivortrag einverständlich unbefristet fortgesetzt, so daß im Abwicklungsfall der Tatbestand der Weiterverwendung anzunehmen wäre (vgl. Senatsurteil vom 21. Juli 1994 – 8 AZR 293/92 – AP Nr. 9 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B III 2 der Gründe).
II. Der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, das Arbeitsverhältnis sei nicht schon mit Inkrafttreten des 1. SRG am 14. Juni 1991 auf die Beklagte zu 2 übergegangen, ist zuzustimmen.
1. Das 1. SRG enthält eine Regelung zum Eintritt des Schulträgers in bestehende Arbeitsverhältnisse nur für die im Hort beschäftigten Personen (§ 4 Abs. 3). Daraus läßt sich schließen, daß die Arbeitsverhältnisse des Verwaltungspersonals nicht zu einem bestimmten Stichtag übergehen sollten.
2. Das 1. SRG regelt auch nicht verbindlich, wer Arbeitgeber des Verwaltungspersonals ist. Eine entsprechende Bestimmung findet sich nur in § 46 Abs. 3, wonach Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen und das weitere pädagogische Personal im Dienst des Landes stehen. Nach § 48 Satz 2 stellt der Schulträger das für die Schulverwaltung notwendige Personal; er trägt nach § 57 Satz 2 die Kosten für das Verwaltungspersonal und für die nicht pädagogisch tätigen Bediensteten an den Schulen. Für das bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits vorhandene Verwaltungspersonal ergibt sich hieraus nichts. Für dieses fehlt es an einer hinreichend klaren Regelung über die Arbeitgeberstellung. Insoweit ist die Fallgestaltung bei § 16 Abs. 3 des Sächsischen SchulG nicht vergleichbar (hierzu Senatsurteil vom 16. März 1994 – 8 AZR 639/92 – AP Nr. 10 zu § 419 BGB Funktionsnachfolge, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 2 der Gründe).
3. Die gesetzliche Festlegung der Schulträgerschaft (§ 48 Satz 1, § 51 Abs. 1 und 2 des 1. SRG) genügt als solche nicht, um einen Wechsel des Arbeitgebers herbeizuführen. Für eine solche Rechtsfolge bestehen keine Anhaltspunkte. Die Schulträgerschaft begründet lediglich die rechtliche Zuordnung von bestimmten Aufgaben und Rechten. Das Landesarbeitsgericht spricht daher zu Recht davon, § 51 1. SRG bedürfe im einzelnen eines Umsetzungsaktes (vgl. auch Senatsurteil vom 16. März 1994 – 8 AZR 576/92 – AP Nr. 11 zu § 419 BGB Funktionsnachfolge, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B III 1 der Gründe). Nach § 51 Abs. 8 des 1. SRG geht die Nutzungsbefugnis an Grundstücken und Gebäuden der Schule dann über, wenn diese in eigener Trägerschaft (tatsächlich) fortgeführt wird.
III. Der Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin folgt unmittelbar aus § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB.
1. Die Einrichtung, an der die Klägerin beschäftigt war, erfüllt die Kriterien des Betriebsbegriffs, wie sie in ständiger Rechtsprechung vom Bundesarbeitsgericht vertreten werden. Danach ist Betrieb eine organisatorische Einheit, in der Personen mit Hilfe persönlicher, sächlicher oder immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgen. Um welche arbeitstechnischen Zwecke es sich im einzelnen handelt, ist ohne Belang, so daß etwa auch Ausbildung und Erziehung genügen (vgl. nur KR-Wolf, 3. Aufl., § 613 a BGB Rz 16 ff., m.w.N.). Maßgebend ist, daß der Inhaber durch eine entsprechend organisierte Einheit von sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln arbeitstechnische Zwecke eigensubstratnutzend verfolgen kann (vgl. RGRK-Ascheid, 12. Aufl., § 613 a BGB Rz 39). In einer Schule sind solche Mittel organisatorisch zusammengefaßt, um die Ausbildung und Erziehung der Schüler zu gewährleisten. Das gilt nicht nur für Privatschulen. Inhaber des Betriebs kann auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein. Die betriebsverfassungsrechtlichen Einschränkungen der §§ 118 und 130 BetrVG gelten für § 613 a BGB nicht (KR-Wolf, aaO, § 613 a BGB Rz 8; Erman/Hanau, BGB, 9. Aufl., § 613 a Rz 6, 21 f.; Staudinger/Richardi, BGB, 12. Aufl., § 613 a Rz 22, 50; RGRK-Ascheid, aaO, § 613 a BGB Rz 17 f.; MünchKomm-Schaub, 2. Aufl., § 613 a BGB Rz 14; vgl. aus der Rechtsprechung BAG Urteil vom 6. September 1978 – 4 AZR 162/77 – AP Nr. 13 zu § 613 a BGB). Der Zweck der Vorschrift, bestehende Arbeitsverhältnisse bei einem Wechsel des Betriebsinhabers zu schützen, ist von der Rechtsform des Betriebs unabhängig. Dementsprechend fallen unter § 6 Abs. 1 BPersVG auch Betriebe als Bestandteil einer Verwaltung (vgl. Lorenzen/Haas/Schmitt, Bundespersonalvertretungsgesetz, Stand Juli 1995, § 6 Rz 5; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 8. Aufl., § 6 Rz 8; Dietz/Richardi, Bundespersonalvertretungsgesetz, 2. Aufl., § 6 Rz 10 f., § 78 Rz 21).
2. Die Beklagte zu 2 hat die organisatorische Einheit „Schule” durch Rechtsgeschäft übernommen.
a) Rechtsgeschäft kann auch eine öffentlich-rechtliche Verwaltungsvereinbarung sein. § 613 a BGB verlangt nicht eine privatrechtliche Willensäußerung. Lediglich der auf Gesetz oder sonstigem Hoheitsakt beruhende Übergang, insbesondere in den Fällen der sog. Gesamtrechtsnachfolge, fällt nicht unter § 613 a BGB (vgl. BAG Urteil vom 18. Februar 1976 – 5 AZR 616/74 – AP Nr. 1 zu Saarland UniversitätsG, zu I 3 der Gründe; BAGE 50, 92 = AP Nr. 61 zu § 611 BGB Dienstordnungs-Angestellte). Ein Übergang der organisatorisch zusammengefaßten Betriebsmittel ist nicht schon durch das 1. SRG herbeigeführt worden; dieses Gesetz hat – wie ausgeführt – lediglich die Schulträgerschaft (normativ) festgelegt. Der Anwendung von § 613 a BGB steht nicht entgegen, daß das Rechtsgeschäft im Gefolge der §§ 48, 51 1. SRG geschlossen wird.
b) Die Auslegung der Verwaltungsvereinbarung vom 10. Juli 1992 ergibt, daß nicht nur einzelne Betriebsmittel, z.B. Grundstück und Schulgebäude, zur Nutzung überlassen werden sollten. Vielmehr ging es um die Übernahme der wesentlichen Betriebsmittel für die schulische Unterrichtung. Diese Auslegung ist entgegen der Auffassung der Revision gesetzeskonform. Die verschiedenen Zuständigkeiten des Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 stehen nicht entgegen, denn die Übertragung eines Betriebs ist von dessen Fortführung in bestimmter Art und Weise zu trennen.
Die Beklagte zu 2 hat nie bestritten, eine funktionsfähige Schule erhalten zu haben. Ihre Behauptung, die Ingenieurschule für Bauwesen sei aufgelöst worden, bezieht sich allein auf die gesetzliche Änderung der Zuständigkeiten. Daß eine Fortführung „der Schule” in geänderter Trägerschaft möglich ist, zeigt dagegen schon § 51 Abs. 8 1. SRG. Es kann dahingestellt bleiben, ob die rechtzeitige Zweckänderung eine Abwicklung dargestellt hätte. Sie wäre jedenfalls mit der Gründung einer neuen Einrichtung verbunden gewesen, welche nach § 613 a BGB auf den neuen Träger übergehen konnte.
c) Der Einwand der Revision, die Beklagte zu 2 habe die Ingenieurschule für Bauwesen nicht unverändert fortgeführt und auch gar nicht fortführen können, greift nicht durch. Der Übergang des Arbeitsverhältnisses ergibt sich gerade nicht aus einer bloßen Funktionsnachfolge. Die verschiedenen Aufgaben der früheren Fachschule und der heutigen berufsbildenden Schulen stehen dem Betriebsübergang nicht entgegen. Maßgebend ist, daß die Beklagte zu 2 die für die Fortführung der Schule wesentlichen Mittel, Grundstück, Gebäude und bewegliche Sachmittel, übernommen hat. Dagegen ist unerheblich, daß sie kraft Gesetzes einen anderen Schultypus betreibt und damit einen geänderten Betriebszweck verfolgt (vgl. nur MünchArbR-Wank, § 120 Rz 37; Soergel/Kraft, BGB, 11. Aufl., § 613 a Rz 10; Staudinger/Richardi, aaO, § 613 a Rz 39, m.w.N.).
d) Maßgeblicher Zeitpunkt für den Übergang des Arbeitsverhältnisses war die rechtsgeschäftliche Übernahme am 1. August 1992. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, die Beklagte zu 2 habe die Schule schon vorher im Sinne von § 51 Abs. 8 1. SRG „fortgeführt” und damit die Nutzungsbefugnis erworben. Im übrigen bezieht sich diese Nutzungsbefugnis nicht auf den Schulbetrieb insgesamt.
3. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde ist durch die Anwendung des § 613 a BGB nicht verletzt. Gerade der Arbeitsplatz der Klägerin ist eng an die Nutzung des Gebäudes gebunden (vgl. Senatsurteil vom 16. März 1994 – 8 AZR 639/92 – aaO, zu II 3 der Gründe). Die Beklagte zu 2 ist nicht gehindert, erforderliche Kündigungen auszusprechen.
IV. Das Arbeitsverhältnis hat nicht aufgrund der Kündigung des Beklagten zu 1 vom 10. Juli 1992 geendet. Die Beklagte zu 2 beruft sich auf diese Kündigung auch nicht mehr. Das Arbeitsgericht hat rechtskräftig festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist.
C. Die Beklagte zu 2 hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Ascheid, Müller-Glöge, Mikosch, Scholz B., Hennecke
Fundstellen
Haufe-Index 441744 |
JR 1996, 308 |
NZA 1996, 424 |