Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Weinkontrolleurs
Leitsatz (amtlich)
- Die Eingruppierung eines staatlichen Weinkontrolleurs richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen für Angestellte im Gartenbau, in der Landwirtschaft und im Weinbau.
- Die nach Vergütungsgruppe IVa zu bewertende Tätigkeit hebt sich aus der VergGr. IVb dadurch heraus, daß besondere Leistungen zu erbringen sind.
- Besondere Leistungen können sich nicht nur aus der Betrachtung einzelner Arbeitsvorgänge, sondern auch aus der Summierung sämtlicher Arbeitsvorgänge eines Angestellten ergeben (Fortführung der Rspr. des Senats (BAGE 30, 32, 41 f = AP Nr. 5 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil v. 6. Juni 1984 – 4 AZR 218/82 – AP Nr. 19 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 288, 307 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23; BAT Anlage 1a Teil II Abschn. E Unterabschn. I, VergGr. IV b, IV a
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 28.03.1990; Aktenzeichen 3 Sa 5/90) |
ArbG Ulm (Urteil vom 12.12.1989; Aktenzeichen 5 Ca 276/89) |
Tenor
- Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. März 1990 – 3 Sa 5/90 – aufgehoben.
- Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger, der Diplomingenieur (FH) für Weinbau ist, wird seit dem 15. Januar 1973 vom beklagten Land als Weinkontrolleur beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Der Kläger erhält Vergütung nach VergGr. IVb BAT.
Der Kläger ist bei der Chemischen Landesuntersuchungsanstalt S… tätig und ist einziger Weinkontrolleur für den Bereich des Regierungsbezirks T…. In diesem Bezirk sind die Weinbaugebiete, was in der Bundesrepublik einmalig ist, in zwei Zonen aufgeteilt, für die jeweils unterschiedliche Bestimmungen und Richtlinien gelten.
Dem Kläger obliegen im einzelnen folgende Tätigkeiten mit prozentualen Anteilen an seiner Gesamtarbeitszeit:
Teilbereich (30 % der Gesamttätigkeit):
Überwachung der im Amtsbereich ansässigen weinbautreibenden Betriebe, Weinimporteure, Weingroß- und Einzelhandelsgeschäfte im Rahmen des § 58 WeinG einschließlich der Überprüfung der Weinbuchführung, der Begleitdokumente usw. sowie der Entnahme von Proben.
Hierunter fallen im einzelnen:
- die Überwachung der Beschaffenheit von Behältnissen und Räumen gem. §§ 22 WeinVO, 18 Schaumwein-, BrandweinVO und Art. 40 EWG-Verordnung 355/79, einschließlich sachverständiger Mitwirkung bei Straßen- und Autobahnkontrollen der Verkehrspolizei zur Aufdeckung von verbotenen Wechseltransporten.
- die Überwachung der Wein- und Analysen-Buchführung nach §§ 1 und 2 WeinÜVO.
- Stellungnahme zur Weinbuchführung nach § 1 Abs. 7 und 8 der WeinÜVO.
- Überprüfung der Begleitdokumente gem. der EWG-Verordnung 1153/75 und Prüfen der Dokumente im Rahmen der Einfuhrüberwachung nach § 2a Abs. 4a der WeinÜVO.
- Durchführung von Überwachungsmaßnahmen der önologischen Verfahren gem. der EWG-Verordnung 1972/78.
- Sachverständige Beratung bei der Durchführung von Kontrollen des Wirtschaftskontrolldienstes in Lebensmittelhandlungen, SB-Märkten und Auswahl der dabei zu entnehmenden Proben.
- Durchführung der Probenahme allein oder mit dem Wirtschaftskontrolldienst.
- Mitwirkung als Sachverständiger bei der Überwachung der Gaststätten durch den Wirtschaftskontrolldienst i. S. d. Überwachungserlasses vom 14. Januar 1988.
- Anordnung und Durchführung einer vorläufigen Sicherstellung gem. § 58 Abs. 1 Nr. 4 WeinG.
Teilbereich (50 % der Gesamttätigkeit):
Erstellung von Gutachten in Beanstandungsfällen und für die Erteilung von Auflagen, Schriftwechsel mit Staatsanwaltschaften und anderen Organen der Weinüberwachung; Erteilung von Auskünften bei Anfragen des einschlägigen Handels.
Hierunter fallen im einzelnen:
- Anfertigung von Berichten und Gutachten an den Wirtschaftskontrolldienst über festgestellte Mängel und Beanstandungen bei den Betriebsbesichtigungen zum Zwecke der Weiterverfolgung.
- Gutachten über bezeichnungsrechtliche Mängel bei den vom Wirtschaftskontrolldienst eingereichten Planproben von Erzeugnissen des Weinrechtes.
- Erstellung von gutachterlichen Äußerungen zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach § 54 WeinG, bei Abweichungen der Aufmachung und Kennzeichen, zur Anfrage von Gerichten und anderen Dienststellen, zur Beanstandung durch andere Untersuchungsämter, zu Anfragen aus Handelskreisen, zu Anfragen von Verbrauchern, zu Gesetz- und Verordnungsentwürfen, zur Beratung der mit der Lebensmittelaufsicht beauftragten Stelle und zur Beratung der zuständigen Behörde.
- Vertretung der erstellten Gutachten als Sachverständiger im Gerichtsverfahren.
Teilbereich (20 % der Gesamttätigkeit):
Sinnenprüfung aller in der Untersuchungsanstalt eintreffenden Weine, Schaumweine, Branntweine aus Wein, weinhaltigen Getränken, Likörweine, weinähnlichen und schaumweinähnlichen Getränke.
Hierunter fallen im einzelnen:
- sensorische Prüfung der eingereichten Plan- und Beschwerdeproben zur Vorbereitung und Stützung von analytischen Untersuchungen bei allen Erzeugnissen des Weinrechts und Spirituosen.
- Mitwirkung bei der sensorischen Beurteilung der Fraktionen aus der Destillation nach Micko und Beurteilung nach Wüstenfeld (Abschnitt V, Nr. 26 und 27 AVV 1960).
- Sensorische Beurteilung im Rahmen von Qualitätsprüfungen nach § 14 Abs. 5 Weingesetz i. V. m. § 5 Abs. 3 WeinVO.
Darüber hinaus wirkt der Kläger bei der Aus- und Fortbildung von Beamten des Wirtschaftskontrolldienstes und der Praktikanten mit.
Der Kläger machte erstmals mit Schreiben vom 23. März 1984 gegenüber dem beklagten Land einen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT geltend, den das beklagte Land mit Schreiben vom 14. Mai 1984 ablehnte.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seine Tätigkeit erfülle die Anforderungen der VergGr. IVa BAT. Da er über eine abgeschlossene technische Ausbildung als Weinbauingenieur verfüge, seien die Tätigkeitsmerkmale für technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen anwendbar. Seine Arbeit befasse sich fast ausschließlich mit Weinbautechnik, so daß er auch eine der technischen Ausbildung entsprechende Tätigkeit ausübe. Die ausgeübte Tätigkeit erfülle das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IVa BAT Fallgruppe 10, da er mindestens zur Hälfte seiner Gesamtarbeitszeit “besondere Leistungen” erbringe, die sich aus der VergGr. IVb BAT Fallgruppe 21 herausheben würden. Seine selbständige Tätigkeit erfordere einen hohen Erfahrungs- und Wissensstand. Aufgrund der zunehmenden Zahl von Betrieben, der Komplexität moderner Großkellereien sowie zahlreicher neuer kellertechnischer Verfahren sei seine Arbeit immer umfangreicher und schwieriger geworden. Er müsse den gesamten Rechtsstoff des Weinrechts beherrschen, der infolge der Regelungsbefugnis der Europäischen Gemeinschaft außerordentlich unübersichtlich und in ständiger Veränderung begriffen sei. Ein hohes Maß an Verantwortung treffe ihn auch im Bereich des Verbraucherschutzes, weil er häufig vor Ort selbständig weitreichende und rasche Entscheidungen treffen müsse. Bei den von ihm anzufertigenden Gutachten handele er selbständig und eigenverantwortlich.
Die von ihm im zweiten Teilbereich mit einem Anteil von 50 % an der Gesamtarbeitszeit zusammengefaßten Aufgaben stellten aufgrund ihrer besonderen Schwierigkeit und Bedeutung besondere Leistungen dar. Auch die im dritten Teilbereich zusammengefaßten sensorischen Prüfungen seien nur zu einem Teil Prüfungen, wie sie jeder Weinkontrolleur beherrschen müsse. Zu einem Anteil von mindestens 10 % nehme er schwierige Sinnesprüfungen vor, die erhöhtes Wissen und Können erforderten und damit von besonderer Bedeutung seien. Schließlich seien auch 15 % der dem ersten Teilbereich zugeordneten Tätigkeiten von besonderer Bedeutung, wozu u. a. die sachverständige Beratung bei der Durchführung von Kontrollen des Wirtschaftskontrolldienstes sowie die Anordnung und Durchführung von vorläufigen Sicherstellungen gehöre. Er führe damit zu mindestens 75 % seiner Gesamtarbeitszeit Tätigkeiten aus, die den Merkmalen der VergGr. IVa BAT entsprächen.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger seit 1. Januar 1987 nach VergGr. IVa BAT zu bezahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe Vergütung nach VergGr. IVa BAT nicht zu. Die Klage sei schon deshalb unschlüssig, weil der Sachvortrag des Klägers die Bildung von Arbeitsvorgängen im Tarifsinne nicht ermögliche. Im übrigen erfordere seine Tätigkeit keine besonderen Leistungen im Tarifsinne. Die Kenntnis der einschlägigen Rechtsvorschriften, die der Kläger bei der Weinkontrolle nach § 58 WeinG und bei der Erstellung seiner Gutachten benötige, sei von jedem Weinkontrolleur zu erwarten. Auch die sensorischen Prüfungen müsse ein Weinkontrolleur üblicherweise vornehmen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht. Mit der von ihm gegebenen Begründung konnte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllende Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal der von ihm für sich beanspruchten VergGr. IVa BAT entsprechen (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen, nach der darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (BAGE 51, 59, 65; 282, 287; 356, 360 = AP Nrn. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß der Sachvortrag des Klägers die Bildung von Arbeitsvorgängen nicht ermögliche, so daß die Klage deshalb unschlüssig sei (vgl. BAGE 34, 158 = AP Nr. 36 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht insoweit aus, daß weder die Gesamttätigkeit des Klägers als ein Arbeitsvorgang im Tarifsinne angesehen werden kann, noch die vom Kläger in den drei Teilbereichen dargestellten Aufgaben zu Arbeitsvorgängen im Tarifsinne zusammengefaßt werden können. Dies liegt in erster Linie daran, daß die Gesamttätigkeit des Klägers nicht zu einem einheitlichen Arbeitsergebnis führt und der Kläger in den von ihm dargestellten Teilbereichen Tätigkeiten zusammenfaßt, die schon nach seinem eigenen Sachvortrag unterschiedlich tariflich zu bewerten sind.
Gleichwohl ist die Klage nicht unschlüssig, weil die Entscheidung des Rechtsstreits davon abhängt, ob die tarifliche Anforderung der “besonderen Leistungen” erfüllt ist, wenn eine zusammenfassende Betrachtungsweise aller Arbeitsvorgänge vorgenommen wird. In diesem Falle kommt es auf den Zuschnitt der Arbeitsvorgänge nicht an.
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit des Klägers weder die Tätigkeitsmerkmale für technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen des Teils I der Anlage 1a zum BAT noch die Tätigkeitsmerkmale für gartenbau-, landwirtschafts- und weinbautechnische Angestellte des Teils II Abschnitt E Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT heranzuziehen seien, sondern die Tätigkeit des Klägers nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen für Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst des Teils I der Anlage 1a zu beurteilen sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
Das Landesarbeitsgericht nimmt zu Unrecht an, daß die Tätigkeit des Klägers nicht nach den speziellen Tätigkeitsmerkmalen für gartenbau-, landwirtschafts- und weinbautechnische Angestellte des Teils II Abschnitt E Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT tariflich zu bewerten sei. Diese haben folgenden Wortlaut:
Vergütungsgruppe IV b
- Gartenbau-, landwirtschafts- und weinbautechnische Angestellte aller Fachrichtungen mit Abschlußprüfung einer sechssemestrigen höheren Fachschule und entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach Ablegung der Prüfung sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, nach sechsmonatiger Ausübung dieser Tätigkeiten.
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 7)
Vergütungsgruppe IV a
- Gartenbau-, landwirtschafts- und weinbautechnische Angestellte aller Fachrichtungen mit Abschlußprüfung einer sechssemestrigen höheren Fachschule, die sich durch besondere Leistungen aus der VergGr. IVb Fallgruppe 1 herausheben, sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 u. 6).
Die Tätigkeit des Klägers erfüllt nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien die Anforderungen der VergGr. IVb Fallgruppe 1. Der Kläger hat ein Ingenieurstudium an der höheren Weinbauschule Bad Kreuznach abgeschlossen und ist berechtigt, die Bezeichnung Diplomingenieur (FH) für Weinbau zu führen. Er übt auch eine “entsprechende Tätigkeit” im Tarifsinne länger als sechs Monate aus. Mit der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit verlangen die Tarifvertragsparteien eine Tätigkeit, die objektiv die einschlägige Ausbildung erfordert. Diese tarifliche Anforderung wird durch die Tätigkeit des Klägers als Weinkontrolleur erfüllt. Durch die Ausbildung zum Diplomingenieur für Weinbau und Kellerwirtschaft werden diejenigen Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt, die zur Ausübung der Tätigkeit eines Weinkontrolleurs erforderlich sind (Blätter für Berufskunde, Band 2 – I H 30, S. 6). Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger nicht in einem Weinbaubetrieb, sondern im Bereich der chemischen Landesuntersuchungsanstalt tätig ist. Die Tätigkeitsmerkmale für gartenbau-, landwirtschafts- und weinbautechnische Angestellte gelten nicht nur für solche Angestellte, die unmittelbar in entsprechenden Betrieben der öffentlichen Hand tätig sind, sondern auch für Angestellte, die derartige Aufgaben in damit befaßten Behörden erledigen (BAGE 46, 292 = AP Nr. 93 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 55, 18 = AP Nr. 130 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Zu diesen Angestellten ist der Kläger als Weinkontrolleur zu rechnen. Allein daraus, daß er wie Lebensmittelkontrolleure und Handelsklassenprüfer behördliche Kontrollmaßnahmen vornimmt, kann nicht mit dem Landesarbeitsgericht geschlossen werden, daß die speziellen Tätigkeitsmerkmale des Teils II Abschnitt E Unterabschnitt 1 der Anlage 1a seine Tätigkeit nicht erfassen. Auf Lebensmittelkontrolleure und Handelsklassenprüfer hat der Senat nur deshalb die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst angewendet, weil für diese Angestellten keine speziellen Tätigkeitsmerkmale bestehen.
Erfüllt die Tätigkeit des Klägers die Anforderungen der VergGr. IVb BAT Fallgruppe 1, so kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf an, ob sie sich durch besondere Leistungen aus VergGr. IVb BAT Fallgruppe 1 heraushebt und damit die Anforderungen der VergGr. IVa BAT Fallgruppe 1 erfüllt. Mit besonderen Leistungen fordern die Tarifvertragsparteien eine an den in der Protokollnotiz Nr. 6 vorgesehenen Beispielstätigkeiten orientierte, gegenüber den Anforderungen der VergGr. IVb BAT Fallgruppe 1 deutlich wahrnehmbar erhöhte Qualität der Arbeit, die ein insoweit erhöhtes Wissen und Können oder eine sonstige gleichwertige Qualifikation erfordert. Besondere Leistungen im Tarifsinne können sich damit aus besonderen Fachkenntnissen und Erfahrungen, der Wahrnehmung von Leitungsfunktionen, besonderem Geschick oder besonderer Sorgfalt oder der Notwendigkeit außerordentlicher Entschlußfähigkeit ergeben. Im Einzelfalle kann auch die Schwierigkeit der Tätigkeit den Schluß zulassen, daß diese besondere Leistungen im Tarifsinne erfordert (vgl. BAGE 51, 59 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Erhöhte Fachkenntnisse oder eine diesen entsprechende gleichwertige Qualifikation können bezogen auf einzelne Arbeitsvorgänge feststellbar sein oder sich auch erst bei Betrachtung mehrerer oder aller Arbeitsvorgänge ergeben. Dem haben die Tarifvertragsparteien in § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT Rechnung getragen, wobei die tarifliche Bestimmung nicht auf die Feststellung vielseitiger Fachkenntnisse beschränkt ist (vgl. BAGE 30, 32, 42 f. = AP Nr. 5 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 36, 261, 273 = AP Nr. 50 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 25. November 1981 – 4 AZR 305/79 – AP Nr. 51 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 38, 7, 16 = AP Nr. 57 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 42, 29, 41 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Beschluß vom 20. Juli 1983 – 4 AZN 271/83 – AP Nr. 75 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 6. Juni 1984 – 4 AZR 218/82 – AP Nr. 90 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 24. Oktober 1984 – 4 AZR 518/82 – AP Nr. 97 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 59, 102; 282, 307 = AP Nrn. 115 und 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 2. Dezember 1987 – 4 AZR 408/87 – ZTR 1988, 177, 178). Daher können sich besondere Leistungen im Tarifsinne auch erst bei einer zusammenfassenden Betrachtung aller Arbeitsvorgänge ergeben. Eine Eingruppierungsfeststellungsklage kann demgemäß unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt auch dann schlüssig sein, wenn der Sachvortrag des Klägers die Bildung einzelner Arbeitsvorgänge nicht ermöglicht.
Dies ist vorliegend der Fall. Der Kläger hat insbesondere darauf verwiesen, daß das in seinen Zuständigkeitsbereich fallende Weinbaugebiet als einziges in der Bundesrepublik in die Zonen A und B aufgeteilt sei und für diese unterschiedliche Rechtsvorschriften anzuwenden seien. Insoweit liegt es sehr nahe, daß damit das Qualifizierungsmerkmal der besonderen Leistungen in VergGr. IVa BAT Fallgruppe 1 erfüllt ist.
Für eine abschließende Beurteilung kommt jedoch dem Landesarbeitsgericht ein Beurteilungsspielraum zu, in den der Senat als Revisionsgericht nicht eingreifen darf. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht demgemäß unter Anwendung der Tätigkeitsmerkmale des Teils II Abschnitt E Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT zu überprüfen haben, ob sich die Erfüllung der tariflichen Anforderungen der VergGr. IVa BAT Fallgruppe 1 gegebenenfalls aus der zusammenfassenden Betrachtung aller Arbeitsvorgänge ergibt.
Das Landesarbeitsgericht hat auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten mitzuentscheiden.
Unterschriften
Schaub, Dr. Etzel, Dr. Freitag, Schamann, Dr. Apfel
Fundstellen
Haufe-Index 839198 |
RdA 1991, 127 |